Nach dem Matthias-Kühn-Urteil auf Mallorca: Balearen-Regierung geht nicht in Berufung und muss Schulden machen

Der Anwalt des Investors schätzt, dass das Geld bis September bei der Firma Birdie Son Vida eintreffen dürfte, die dann wieder ihre Aktivität aufnehmen könnte

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Der deutsche Immobilienunternehmer Matthias Kühn darf sich auf einen warmen Geldregen freuen. Wie berichtet, stehen dem Investor nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs in Spanien rund 96 Millionen Euro zu, die die Balearen-Regierung laut dem Richterspruch innerhalb von zwei Monaten zahlen muss.

Ganz so schnell rechnet allerdings Kühns Anwalt nicht mit dem Geld. Wie Jorge Sainz de Baranda im Gespräch mit der MZ erklärt, erwartet er, dass die Zahlung rund ein halbes Jahr in Anspruch nehmen könnte. "September klingt für mich nach einem wahrscheinlichen Zeitpunkt, an dem die Firma Birdie Son Vida mit der Zahlung rechnen kann", sagte Sainz de Baranda.

Allein 32 Millionen Euro an Zinsen

Das Urteil des Obersten Gerichtshofs in Madrid zwingt die Balearen-Regierung zu einem Schadenersatz von etwas über 96 Millionen Euro. Die Kammer bestätigte damit ein Urteil des Obersten Gerichtshofs der Balearen aus dem Jahr 2022. Die Summe ergibt sich aus der Strafe von 63,5 Millionen Euro plus 32,3 Millionen Euro an Zinsen.

Dem Urteil geht ein jahrzehntelanger Rechtsstreit voraus. Kühn hatte das Grundstück für das "Muleta II" genannte Bauvorhaben im Jahr 1999 erworben. Insgesamt sollten 33 Villen oberhalb der Bucht von Sóller entstehen. In den Jahren darauf führten unterschiedliche Gesetzgebungen von Sozialisten und Konservativen dazu, dass das Gebiet zwischenzeitlich den Status als Bauland verlor, dann wieder erlangte und schließlich wieder verlor.

Firma Birdie Son Vida kann weitermachen

Für das derzeit in einem Insolvenzverfahren festhängende Unternehmen Birdie Son Vida ist die Finanzspritze von 96 Millionen Euro die Garantie, dass die Firma weitermachen kann. Zunächst müssten alle Gläubiger bezahlt werden, sagt Sainz de Baranda. "Das sind rund vier Millionen Euro." Der Rest, also 92 Millionen Euro, stehen für einen Neuanfang des Bauträgers bereit. Dafür müsse nach der Zahlung der Gläubiger dann beantragt werden, dass das Insolvenzverfahren aufgehoben werde.

Jorge Sainz de Baranda widersprach Behauptungen, die Firma Birdie Son Vida gehöre der sogenannten Bad Bank Sareb. "Das ist falsch. Die Firma gehört weiterhin Matthias Kühn. Was allerdings im Zuge der Abwicklung der Bank Sa Nostra, die den Kredit für Birdie Son Vida gegeben hatte, zunächst an die Sareb und später an einen internationalen Investmentfonds übergegangen ist, ist das Grundstück, auf dem das Bauvorhaben geplant war", erklärt der Anwalt. Dieses sei allerdings heute, da man es nicht mehr bebauen könne, "so gut wie nichts mehr wert".

Matthias Kühn und seine Partnerin Norma Duval.

Matthias Kühn und seine Partnerin Norma Duval. / Robles

Parteien schieben sich gegenseitig die Schuld zu

Nach Aussage des Juristen habe es seit dem Urteil, das am Mittwoch (6.3.) bekannt wurde, noch keinen Kontakt zwischen der Balearen-Regierung und seinem Mandanten gegeben. Deshalb wisse er nicht, ob die Landesregierung möglicherweise in Berufung beim spanischen Verfassungsgerichtshof gehen werde. "Ich würde es allerdings nicht empfehlen, da es keine Chance auf Erfolg gibt", sagt Sainz de Baranda. Und in der Zwischenzeit würden sich die Zinsforderungen weiter erhöhen.

Während also noch unklar ist, wie genau Matthias Kühn und die Firma Birdie Son Vida vorgehen werden, schieben sich die beiden großen Parteien auf Mallorca erwartungsgemäß gegenseitig die Schuld an der Niederlage vor Gericht und dem hohen Schadenersatz zu.

Woher die Millionen nehmen?

Bereits am Morgen sagte der Wirtschaftsminister der jetzigen konservativen Balearen-Regierung, Antoni Costa, dass die Rückzahlung von 96 Millionen Euro Steuergeld ein "riesiges Loch" in die Haushaltskasse der Inseln reißen wird. Eine derartige Mehrausgabe sei nicht eingeplant gewesen, weshalb bisher nicht klar sei, woher das Geld kommen solle. Möglicherweise müsse ein Kredit aufgenommen werden.

Diese Ankündigung konkretisierte Costa dann am Freitag (8.3.) mit der Ankündigung, die Balearen-Regierung werde ein außerordentliches Kreditgesetz verabschieden, um den Verpflichtungen nachzukommen. "Wir werden das mit Schulden finanzieren müssen, wir haben keine andere Wahl." Klar sei, dass man an anderer Stelle, etwa bei Sozialausgaben, nicht kürzen werde.

Zusätzlich erklärte Costa, dass die Landesregierung das Urteil nicht anfechten werde. Man sehe keine Möglichkeit, dass eine Berufung Erfolg haben könnte, sagte der PP-Politiker.

Nach Darstellung von Costa hätten bereits vor der Entscheidung der früheren sozialistischen Landesregierung im Jahr 2008, als das Bauland in Muleta erstmals in ländlichen Raum umgewidmet wurde, Experten davor gewarnt, dass millionenschwere Entschädigungsforderungen auf die Regierung zukommen dürften. "Aber sie haben es einfach nicht kapiert", wirft Costa nun dem früheren Ministerpräsidenten Francesc Antich und seiner Regierung vor.

Sozialisten mit Gegenschlag

Die Sozialisten brauchten nicht lange, um zurückzuschlagen. In einer scharf formulierten Pressemitteilung gaben sie den Konservativen die Verantwortung an der Situation. "Die PSOE hält die PP für den Hauptschuldigen an der Entschädigung von fast 100 Millionen Euro", steht fast zu Beginn der Pressemitteilung.

Der damalige Vizepräsident der Balearen-Regierung Antoni Gómez habe 2013 unter der konservativen Landesregierung von José Ramón Bauzá das Gebiet wieder als Bauland ausgewiesen, obwohl es klare Einwände der Gemeinde Sóller gab, die letztendlich die Genehmigung ausstellen musste - und es aufgrund der Bedenken nicht tat. Die Gemeinde Sóller wurde damals vom konservativen Bürgermeister Carlos Simarro regiert, der heute die Küstenbehörde in der Balearen-Regierung leitet.

Trotz allem habe die konservative Bauzá-Regierung mit Matthias Kühn eine Vereinbarung zur Bebauung von Muleta II getroffen, ohne darauf zu achten, dass die Gemeinde von Sóller erst ihre Bauvorschriften hätte ändern müssen, um eine Bebauung in dem geschützten Gebiet zu erlauben. Etwas, das nie passiert ist. Mit der noch restriktiveren Raumordnungspolitik der sozialistischen Landesregierung und einem Dekret im Jahr 2016 sowie einem Gesetz im Jahr 2017 für mehr Schutz war das dann ohnehin nicht mehr möglich.

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