Der Himmel, das Meer, der Horizont. Mal Wolken, mal Wellen. Ab und zu ist der Mond zu sehen oder die Sonne, hin und wieder auch ein Streifen flachen Strands. Aber keine Boote, keine Pflanzen, keine Bojen und keine Felsen – nichts, was die Bilder zeitlich oder örtlich verankern würde. So begann Michael Weigel vor 30 Jahren mit der Malerei, und so hält er es noch heute. Wie viele Bilder er inzwischen vom Meer gemalt hat, weiß er nicht genau. „An die tausend müssten es sein.“ Und doch wird ihm nicht langweilig. „Es gibt immer wieder neue Facetten zu entdecken.“

Es ist ausgesprochen angenehm, mit dem 49-Jährigen zu reden, dessen Bilder normalerweise in der HMH Galerie in Port d’Andratx zu sehen sind, in den kommenden Wochen aber auch in Artà im Nordosten von Mallorca, wo er seine Meermalerei in einer Ausstellung präsentiert. Weigel strahlt Ruhe aus und Klarheit. Beides Eigenschaften, die er auch auf seine Bilder überträgt – ganz gleich, ob das Meer darauf stürmisch aufgepeitscht oder spiegelglatt dargestellt ist.

Annäherung auf verschiedenen Ebenen

Vermutlich, weil Weigel sich mit dem, was er malt, in vielfacher Hinsicht beschäftigt. Da ist zum einen die kognitive Ebene: Weigel ist promovierter Doktor der Philosophie, das Thema seiner Forschungsarbeit damals: die Ästhetik der Natur. Immer wieder stellte er sich während seiner wissenschaftlichen Arbeit der Frage, ob die Natur und speziell das Meer auf einen Schöpfer verweisen. „Ich bin mir ziemlich sicher, sie tut es“, sagt er.

Andererseits sind es die Emotionen, mit denen er seinem Lieblingsmotiv begegnet. Das kann in seiner Wahlheimat in der Lübecker Bucht sein, wo der gebürtige Hesse seit Jahren in erster Meereslinie eine Atelier-Galerie betreibt und wohnt. Der tägliche Blick auf die Ostsee beflügele ihn.

So ist es aber auch, wenn er – wie bereits in den vergangenen fünf Wintern – immer wieder mehrere Wochen auf Mallorca verbringt. Bei langen Spaziergängen an den verschiedenen Stränden der Insel nimmt er mit allen Sinnen das Mittelmeer wahr. Und setzt es erst später, im geschlossenen Raum, auf der Leinwand um. „Es sind keine Kopfbilder, sondern sie entstehen aus meinen Emotionen heraus“, sagt Weigel.

Realismus nur auf den ersten Blick

Deshalb ist auch keines seiner Werke das Abbild einer real existierenden Szenerie – trotz des Realismus, der auf den ersten Blick von ihnen ausgeht. „Ich würde niemals das Meer von einem Foto abmalen, das würde ihm die Lebendigkeit nehmen“, sagt der Künstler. Vielmehr seien seine Bilder Kompositionen, die nach und nach entstünden. „Oft fange ich mit einer Idee an, später kommen dann aber weitere Ideen hinzu.“

Sein Ziel: dem Betrachter die gedankliche Weite zu vermitteln, die er selbst beim Anblick des Meeres spürt. Und das gelingt ihm. „Ohne das Meer wäre ich gar nicht zur Malerei gekommen.“ Die Leidenschaft entflammte, als er vor 30 Jahren als Zivildienstleistender auf der Insel Borkum zum Einsatz kam und erstmals umgeben war vom Meer. Mit zahlreichen Meeresbildern bewarb er sich anschließend um ein Kunst- und Theologiestudium in seiner Heimat in Hessen – mit Erfolg. „Natürlich kam ich da auch mit anderen Motiven in Kontakt, aber an keinem hing mein Herz so wie am Meer.“ Schon neben seiner Promotion betrieb er ein Atelier als Meeresmaler. „Danach musste ich mich entscheiden: Professur oder Künstlerdasein“. Die Entscheidung für die Kunst habe er nie bereut.

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Wer das Meer mag und wer es mag, ein Bild zu betrachten, ohne dass das Motiv ihn in eine bestimmte Sichtweise zwingt, dem dürften die Bilder gefallen. Viele spiegeln Mallorca auf subtile und zugleich unverkennbare Art. Das Licht der Insel, die Farben. „Das ist es, was mich hier am meisten begeistert, ganz anders als an der Ostsee.“

Die Ausstellung ist noch bis zum 6. Dezember von 11 bis 13 Uhr sowie auf Anfrage im Carrer Ciutat, 25, in Artà zu sehen. Am 25.11., 29.11. und 6.12. können Interessierte dem Künstler zudem bei der Arbeit über die Schulter schauen. Mehr Infos und Kontakt: +49 170-48 93 69 5