Das spanische Verfassungsgericht hat in einer knappen Entscheidung am Mittwoch (14.7.) die im März 2020 von der Zentralregierung im Rahmen des Alarmzustandes verhängte ganztägige Ausgangssperre (confinamiento) für verfassungswidrig erklärt. Nach Ansicht von 6 der 11 Richterinnen und Richter hätte es für eine so gravierende Einschränkung der Grundrechte - während des Corona-Lockdowns durfte man seine Wohnung nur mit triftigem Grund verlassen - der Ausrufung eines Ausnahmezustandes (estado de emergencia) bedurft.

Die Regierung unter Führung des Sozialisten Pedro Sánchez hatte bei Ausbruch der Corona-Pandemie stattdessen auf den Alarmzustand (estado de alarma) gesetzt und ihn sich nachträglich vom Parlament genehmigen lassen. Der Ausnahmezustand hingegen muss laut der spanischen Verfassung vom Parlament auf Antrag der Regierung ausgerufen werden. Nur er, so die Argumentation, hätte es ermöglicht, die Bewegungsfreiheit nicht nur zu begrenzen, sondern faktisch aufzuheben.

Die Entscheidung erfolgte nach zweitägiger Beratung. Der konservative Block unter den Richtern - das spanische Verfassungsorgan ist stark politisiert - plädierte für die Verfassungswidrigkeit, der sogenannte progressive Block dagegen. Den Ausschlag gab schließlich die Stimme der auf Vorschlag der Sozialisten ernannten Vizepräsidentin Encarnación Roca. Sie hatte zuvor beklagt, dass Druck auf sie ausgeübt worden sei, im Sinne der Regierung zu entscheiden. Wer diesen Druck ausübte, sagte sie nicht.

Das Urteil des Verfassungsgerichts dürfte Auswirkungen auf die wegen Zuwiderhandlungen gegen die Ausgangssperre gestellten Anzeigen haben. Allerdings wurden die verhängten Bußgelder größtenteils ohnehin nicht eingetrieben. /ck