Wie das einmalige Feuchtgebiet Doñana in Spanien jetzt mit Hilfe aller gerettet werden soll
Während Spanien über die Amnestie für katalanische Separatisten streitet, kommt eine parteiübergreifende Einigung zustande, die den Kollaps des Nationalparks abwenden soll. Geplant sind Investitionen von 1,4 Milliarden Euro
Angesichts des derzeit besonders aufgeheizten politischen Klimas in Spanien lässt die Nachricht von einer Einigung der beiden großen Parteien bei einem wichtigen Thema aufhorchen. Die spanische Umweltministerin Teresa Ribera und der konservative Ministerpräsident von Andalusien, Juan Manuel Moreno, haben am Montag (27.11.) im Nationalpark von Doñana einen Plan präsentiert, der dieses einmalige Feuchtgebiet vor dem endgültigen Kollaps retten soll. Dafür stellen der Staat und die einwohnerstärkste Region Spaniens zu gleichen Teilen insgesamt 1,4 Milliarden Euro bereit. Damit sollen die beträchtlichen Schäden am Weltnaturerbe der Unesco beseitigt und das Feuchtgebiet wieder besser bewässert werden. Gleichzeitig werden die Erdbeerbauern für die Stilllegung ihrer Felder entschädigt. Auch ein Plan für die Umstrukturierung der Wirtschaft in der betroffenen Region der Provinz Huelva soll aufgestellt werden.
Vor Monaten sorgte ein Gesetzentwurf der Konservativen von Moreno und der rechtsextremen Vox für einen Aufschrei unter Umweltschützern und brachte Spanien auch im Ausland in Verruf. Die andalusische Regierung plante, Tausende illegale Brunnen rund um den Nationalpark zu legalisieren, die Landwirte in den vergangenen Jahren zur Bewässerung ihrer ebenfalls nicht regulierten Erdbeerfelder gebohrt hatten. Der Grundwasserspiegel von Doñana ist auf ein bedenkliches Niveau abgesackt, und viele der weiten Sumpfgebiete, die früher Zugvögel und Flamingos anzogen, sind so gut wie ausgetrocknet.
Internationaler Aufschrei
Der geplante Straferlass für die Brunnenbauer und die De-facto-Legalisierung dieser zusätzlichen Anbauflächen rief nicht nur die Zentralregierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez auf den Plan. Auch die Europäische Kommission warnte Spanien für den Fall, dass der Nationalpark nicht ausreichend geschützt werde. Die Unesco drohte mit dem Entzug des Titels als Weltnaturerbe. Die Konservativen und Rechten blieben zunächst hart.
Nun kam doch noch eine Einigung zum Wohl der Umwelt zustande. Während der heftigen Auseinandersetzungen rund um die Wiederwahl von Sánchez im Parlament – Zankapfel ist ein Amnestiegesetz für die katalanischen Separatisten – verhandelten das Umweltministerium von Ribera und die andalusische Regierung in aller Ruhe den Rettungsplan aus. Das regionale Gesetz zur Legalisierung der Brunnen ist nun vom Tisch. Es wird auch keine Amnestie für die Erdbeerbauern geben, die sich derzeit noch vor Gericht wegen des unerlaubten Anbaus verantworten müssen und denen Strafzahlungen drohen. Dennoch haben die Betroffenen Zugang zu den im Plan vorgesehenen Hilfen.
Was im Detail geplant ist
Im Höchstfall erhalten Landwirte eine Summe von 100.000 Euro, verteilt über einen Zeitraum von zehn Jahren, wenn sie sich dazu verpflichten, ihre Felder für mindestens 30 Jahre nicht zu bestellen. Etwas weniger Geld gibt es für die Umstellung auf Anbauarten, die mit wenig Wasser auskommen, so etwa Oliven- oder Mandelfelder. Die Politik will den betroffenen Menschen in der Region wirtschaftliche Alternativen bieten und investiert in die Industrialisierung sowie Infrastruktur.
Die Hälfte der Gelder ist aber für die weitgehende Beseitigung der Umweltschäden in und um Doñana vorgesehen. Mit einem Kanalsystem soll das Feuchtgebiet wieder stärker bewässert werden. Auch eine neue Aufbereitungsanlage in der Metropole Sevilla soll die Qualität des Wassers verbessern, das über den Fluss Guadalquivir zu dessen Mündung in Doñana fließt. Die Regionalregierung Andalusiens kauft außerdem ein 7.500 Hektar großes Landgut, um den Park auf diese Weise zu vergrößern.
Schließlich fließt auch Geld in die Tourismuswerbung für das einzigartige Feuchtgebiet, sie soll das durch den Skandal um die illegalen Brunnen ramponierte Image aufbessern. Der Fall schlug hohe Wellen und führte etwa in Deutschland, wo ein Großteil der Erdbeeren aus Huelva importiert wird, zu Boykottaufrufen. Das betraf auch die Mehrheit der Landwirte, die auf legale Weise arbeiten.
Reaktionen auf das Abkommen
Nun herrscht allgemeine Zufriedenheit. „Jetzt ist Schluss mit der Kriminalisierung. Unsere Produkte sind die besten, wir sind vernünftige und bescheidene Menschen“, erklärte der Vorsitzende der Vereinigung der lokalen Bewässerungslandwirtschaft, Romualdo Macías. Und auch Moreno lobte den Kompromiss, obwohl er lange Zeit die umstrittene Legalisierung der nicht genehmigten Brunnen verteidigt hatte. „Alle sind Gewinner, niemand verliert mit dem Abkommen“, erklärte der andalusische Ministerpräsident.
Moreno kann sich durchaus als politischen Gewinner sehen. Während der Vorsitzende der Volkspartei (PP), Alberto Núñez Feijóo, in der Opposition gegen den frisch wiedergewählten Sánchez immer härtere verbale Geschütze auffährt, schärft der mächtige Regionalboss aus Andalusien mit der Einigung zur Rettung von Doñana sein Profil als gemäßigter und pragmatischer Macher. Es könnte ja sein, dass nach der extremen Polarisierung der Gesellschaft derlei Eigenschaften wieder von den Wählern geschätzt werden.
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