Zehn Jahre nach Pro-Katalanisch-Massendemo: Wieder schwere Zeiten für die Insel-Sprache auf Mallorca
Die Einrichtung einer Behörde für sprachliche Freiheit gehört zur Regierungsvereinbarung von PP und Vox. Eine nun von Vox im Parlament eingebrachte Initiative allerdings sorgt für Zwist
Es war die wohl größte Demonstration in der Geschichte Mallorcas: Am 29. September 2013 gingen in Palma rund 100.000 Menschen auf die Straße, um gegen ein dreisprachiges Unterrichtsmodell in den Schulen und die befürchtete Zurückdrängung des Katalanischen zu protestieren. Es war der Höhepunkt der Protestbewegung, und sie zwang die konservative Regierung in die Knie:
Ministerpräsident José Ramón Bauzá musste nicht nur zurückrudern, sondern nach den Wahlen 2015 auch das Feld räumen. Zehn Jahre nach dieser Kundgebung macht der nun auf der Insel regierende Rechtspakt zwischen der Volkspartei PP und der sie duldenden rechtsextremen Vox-Partei den Topf ein weiteres Mal auf, wenn auch an anderer Stelle.
Jetzt geht's um die Verwaltung
Diesmal steht die öffentliche Verwaltung im Mittelpunkt. Ein von Vox am Donnerstag (21.9.) ins Balearen-Parlament eingebrachter Gesetzentwurf für die Einrichtung einer „Behörde für sprachliche Freiheit“ sieht unter Androhung von Strafen bis zu 100.000 Euro vor, dass praktisch alle Verwaltungsbehörden auf den Balearen intern und extern auch auf Spanisch kommunizieren müssen.
Die Liste reicht von Landesregierung und Inselräten, Gemeinden und Balearen-Universität bis hin zu den Justizbehörden. Stand heute wird in den meisten Behörden vorrangig auf Katalanisch kommuniziert. Vox ist das ein Dorn im Auge, die Partei will das Spanische in den Vordergrund stellen. Eine Abneigung gegen alles, was nicht der nationalen Einheit des Landes dient – und dazu gehören nach dem Verständnis von Vox etwa die Regionalsprachen –, ist eines der charakteristischen Merkmale der Partei.
Typischer Sprachduktus
In dem Gesetzentwurf, der weit über die Einrichtung der Behörde für sprachliche Freiheit hinausgeht, findet sich einmal mehr ein für Vox typischer Sprachduktus, mit dem die Partei regelmäßig gegen unliebsame Positionen austeilt. Unter anderem heißt es in der Präambel zu dem Gesetzentwurf, dass sich das Autonomiestatut der Balearen in „unrechtmäßiger Weise“ darauf beruft, dass das Katalanische die „der Insel eigene Sprache“ sei.
Weiter unten steht: „Die seit dem Erlass der spanischen Verfassung praktizierte Strategie der ‚Normalisierung‘ des Gebrauchs der spanischen Regionalsprachen scheint nicht in erster Linie die Konsolidierung der jeweiligen Sprachen in ihren jeweiligen Gebieten zu verfolgen, sondern die faktische Beseitigung des Spanischen und seine Auslöschung als Sprache in bestimmten Regionen, wie im Fall der Balearen.“
Breitseite von Links und Rechts gegen Vox
Nicht nur die linken Parteien tobten angesichts der Initiative von Vox, auch die Regierungspartei PP schoss am Freitag zurück. Der Text des Gesetzentwurfs sei in keinster Weise mit der PP abgesprochen gewesen, beklagte Ministerpräsidentin Marga Prohens. Vor allem der Sprecher der PP im Balearen-Parlament, Sebastià Sagreras, fuhr scharfe Geschütze auf und forderte von Vox, den Entwurf „umgehend zurückzunehmen“. Es handle sich um einen ausschließlich von Vox formulierten Text, der der PP „kein Stück gefällt“.
Die Linksparteien der Opposition sehen mit der Initiative von Vox ihre Befürchtungen bestätigt. Die Rechtspartei, von deren Stimmen die PP abhängig ist, bedrohe die sprachliche Vielfalt auf den Balearen und strebe eine „sprachliche Apartheid“ an, so Sozialistensprecher Iago Negueruela. Der Gesetzentwurf sei ein enormer Rückschritt in längst überwunden geglaubte Zeiten.
PP könne gerne Änderungswünsche äußern
Vox allerdings stellte sich stur und wiederholte in Person von Sprecherin Idoia Ribas mehrfach, dass man den Text nicht ändern werde und dass die PP im Parlament gerne wie jede andere Partei Eingaben und Änderungswünsche machen könne. Die Initiative stamme schließlich von Vox, nicht von der PP.
Die Konservativen, die immerhin mit Vox die Einführung der Behörde für sprachliche Freiheit in einem 110-Punkte-Programm abgesprochen hatten, ließen sich darauf ein und nahmen Anfang der Woche deutlich die Schärfe aus dem Diskurs. Vox habe selbstverständlich das Recht, einen solchen Vorstoß im Parlament einzubringen.
Die Auseinandersetzung zeigt, dass das Thema Sprache auf den Balearen ein heißes Eisen ist und stets auf der politischen Agenda auftauchen kann. Marga Prohens rief dazu auf, die Sprache nicht als „Werkzeug zur Konfrontation“ zu sehen. Im selben Atemzug verabschiedete das Balearen-Parlament am Dienstag (26.9.) das Dekret, das die Katalanisch-Pflicht im öffentlichen Gesundheitssystem beseitigt.
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