Zwei Weihnachtstraditionen – die eine für Deutsche vertraut, die andere faszinierend: Am Heiligabend versammelt sich seit 1971 die deutschsprachige evangelische und katholischen Gemeinde zur ökumenischen Christvesper in der Kathedrale, während dort zu späterer Stunde, wie auch in so gut wie allen Pfarrkirchen, der mallorquinische Brauch des Sibyllengesangs gepflegt wird.

51. ökumenischer Gottesdienst

Das vergangene Jahr war ein ganz Besonderes. Eine Flaute nach dem großen 50. Jubiläum der Christvesper befürchtet der evangelische Pfarrer Holmfried Braun aber keineswegs: „Wir streben jetzt schon richtig auf die hundertste Ausgabe zu“, sagt er frohgemut am Telefon. „Und wir freuen uns einfach, dass wir wieder feiern und als deutschsprachige Gemeinden in der Kathedrale zu Gast sein dürfen.“ Es wird erneut zwei ökumenische Weihnachtsgottesdienste geben: einen um 15.30 Uhr und einen um 17 Uhr. Bei der Organisation und Planung wechseln sich die evangelische und die katholische Gemeinde ab. In diesem Jahr ist der katholische Pfarrer Andreas Falow an der Reihe. Dafür kümmert sich das evangelische Pfarr-Ehepaar um die Predigt, die von Martje Mechels gehalten wird.

„Beim ersten Gottesdienst wird der katholische Bischof von Mallorca Sebastià Taltavull i Anglada ein Grußwort sprechen, das auch noch einmal auf Deutsch übersetzt wird“, sagt Braun, der derweil selbst ein Gebet übernimmt und zusammen mit Falow die Weihnachtsgeschichte liest. „Die beiden Gottesdienste haben die gleiche musikalische Gestaltung in der Heiligen Nacht, die sich über die letzten 51 Jahre bewährt hat“, sagt der katholische Pfarrer. Es würden wie immer die traditionellen Lieder gesungen, die die deutschen Urlauber und Residenten gut kennen. Auf der kleinen Orgel spielt der Dom-Organist der Kathedrale, Bartomeu Mut, zudem ist dieses Jahr die Sopranistin Gloria Berón mit von der Partie.

Gebannt vom "Cant de la Sibil·la"

Sibyllengesang, hier 2022 in der Església de la Mare de Déu de la Mercè. Miguel Vicens

Statt der stillen und Heiligen Nacht besingt die Sibylle am Heiligabend a cappella das Jüngste Gericht und den Tod jeglichen Lebens auf der Erde – ein uralter Brauch, der auf Propheten-Prozessionen aus dem Mittelalter zurückgeht. Der etwa zwölf- bis 15-minütige „Cant de la Sibil·la“ gehört seit 2010 zum Weltkulturerbe und ist unentbehrlicher Teil der Weihnacht auf Mallorca.

Meist schlüpft eine Frau oder ein Mädchen in das orientalisch anmutende Gewand und zieht, mit einem Schwert bewaffnet und in völliger Stille, die Zuhörer mit dem düsteren Gesang in ihren Bann – für viele Sängerinnen ist es ein intensiv erlebter Moment. Seit Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts kündet eine neue Strophe auch von der Jungfrau Maria und der Geburt des Jesuskindes – und bringt damit ein wenig Milde in die für deutsche Ohren rätselhaft dramatische Tradition zum 24. Dezember.

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Gottesdienste mit Sibylle: eine Auswahl

PALMA Kathedrale 23 Uhr / Sant Augustí 18 Uhr / Sant Felip Neri 18 Uhr / Sant Roc 18 Uhr / Santa Eulàlia 19 Uhr

SÜDWESTEN Banyalbufar 18 Uhr / Deià 18 Uhr / Port d’Andratx 18 Uhr / Santa Ponça 18 Uhr / Peguera 19 Uhr / Sóller 19.30 Uhr / Calvià 19.30 Uhr / Bunyola 20 Uhr / Valldemossa 20 Uhr

INSELINNERES UND NORDOSTEN Inca 18 Uhr / Selva 18 Uhr / Port de Pollença 18 Uhr / Binissalem 18 Uhr / Sa Pobla 18 Uhr / Sineu 19 Uhr / Port d’Alcúdia 19.30 Uhr / Can Picafort 20 Uhr / Pollença 20 Uhr OSTEN Felanitx 17.30 Uhr / Portocolom 17.30 Uhr / Cala Ratjada 18 Uhr / Son Servera 19.30 Uhr / Portrocristo 19.30 Uhr / Artà 20 Uhr / Capdepera 20 Uhr

SÜDOSTEN Cala d’Or 18 Uhr / Sa Ràpita 18 Uhr / Colònia de Sant Jordi, 18 Uhr / Pina 19 Uhr / Santanyí 19.30 Uhr / Campos 19.30 Uhr / Llucmajor 19.30 Uhr / Porreres 20 Uhr / Algaida 20.30 Uhr

Alle Christmetten, in denen man den Gesang hören kann, sowie weitere Informationen finden Sie unter bisbatdemallorca.com