"Weihnachten spricht wie kein anderes Fest im Jahr die Gefühle an", so Pfarrer Andreas Falow bei seiner Predigt in der Christvesper am Samstag (24.12.) in der Kathedrale von Palma de Mallorca. Weihnachten, das seien Erinnerungen an die Kindheit, an das Glöckchen, dass die Bescherung ankündigte. Das seien aber auch traurige Gedanken an Menschen, die nicht mehr unter uns seien. Das Fest stehe für die "Sehnsucht nach einer anderen, einer besseren Welt", so der katholische Pfarrer, einer Welt des Friedens und der Liebe, die einen Gegensatz darstelle zu unserer "lauten, hektischen, grellen" Welt.

Zwei Jahre musste die deutschsprachige, ökumenische Christvesper an Heiligabend wegen Corona aussetzen, diese Weihnachten füllte sich wieder die Kathedrale von Palma mit Residenten und Urlaubern - und das zum inzwischen 50. Mal. Während sich in diesem Jahr turnusgemäß das evangelische Pfarr-Ehepaar, Holmfried Braun und Martje Mechels, um die Organisation kümmerte - für die beiden war es die erste weihnachtliche Christvesper in der Kathedrale - , war Pfarrer Falow für die Predigt zuständig. Er appellierte an die Gläubigen, angesichts täglicher Routinen und dem Streben nach weltlichem Reichtum das Wort Gottes nicht zu überhören. Jesus sei nicht in einem Palast oder einem "schmucken Eigenheim" zur Welt gekommen, sondern in einem Stall.

Während Bischof Sebastià Taltavull i Anglada wieder traditionsgemäß seine Weihnachtsbotschaft an die deutschsprachigen Gläubigen überbrachte und ihnen die Glückseligkeit wünschte, die Jesus im Evangelium verkündet, fehlte aus gesundheitlichen Gründen eine zentrale Figur der Kirche auf Mallorca: Domkapitular Joan Carles Bestard, verantwortlich für die Tourismus­seelsorge und so etwas wie die Brücke zwischen den deutschsprachigen Gläubigen und der mallorquinischen Amtskirche.

Bei der musikalischen Umrahmung wurden diesmal auch moderne Töne angeschlagen: Neben Mezzosopranistin Waltraud Mucher intonierte auch Saxofonist Norbert Fimpel weihnachtliche Weisen und begleitete zusammen mit Kathedralen-Organist Tomeu Mut die Gottesdienstbesucher beim Gesang. So ertönte auch dieses Jahr wieder "Stille Nacht, heilige Nacht" auf Deutsch in Palmas Kathedrale, und nach dem Segen des Bischofs leitete "O du fröhliche" den Auszug der Gottesdienstbesucher aus der Kathedrale ein.

Die ökumenische Christvesper der deutschsprachigen evangelischen und katholischen Gemeinde an Heiligabend ist ein fester Bestandteil des Weihnachtsfestes auf Mallorca. Der Gottesdienst, der zu den größten deutschsprachigen Messen außerhalb Deutschlands gehören dürfte, fand 1971 zum ersten Mal statt. Wegen des großen Andrangs gibt es stets zwei ökumenische Gottesdienste, um 15.30 Uhr und um 17 Uhr. Die Zahl der Besucher wird auf jeweils rund 5.000 geschätzt.

Der feierliche mallorquinische Weihnachtsgottesdienst mit dem traditionellen Sibyllengesang stand dann um 23 Uhr in der Kathedrale auf dem Programm. /ff