Razzia bei Genossenschaft Co.net in Cala Ratjada auf Mallorca - was wir wissen, und was nicht

Internationale Polizeioperation in Deutschland, Spanien und Polen wirft viel Fragen auf - unter anderem nach einem mutmaßlich kriminellem Clan und einem Hamburger Adligen

Beamte der Guardia Civil bei einer Hausdurchsuchung in Cala Ratjada am 23.2.2024.

Beamte der Guardia Civil bei einer Hausdurchsuchung in Cala Ratjada am 23.2.2024. / Biel Capó

Ciro Krauthausen

Ciro Krauthausen

Hinter den über Jahre getätigten massiven Investitionen einer kleinen niedersächsischen Genossenschaft in Cala Ratjada auf Mallorca verbirgt sich ein mutmaßlich kriminelles internationales Netzwerk. Das legen schon die Ausmaße der am Freitag (23.2.) erfolgten Polizeioperation nahe. An die 230 Einsatzkräfte durchsuchten in Niedersachsen, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz, im polnischen Lodz sowie in Barcelona und auf Mallorca insgesamt 29 Objekte.

Wie genau das Netzwerk mindestens 6 Millionen Euro Einlagen der Mitglieder der Verbrauchergenossenschaft Co.net veruntreut und Geldwäsche betrieben haben soll und wer genau daran beteiligt war, wirft viele Fragen auf - auch bei denjenigen, die sich wie Anwälte und Journalisten in Deutschland seit Jahren mit diesem Fall beschäftigen.

Co.net-Gründer Thomas Limberg möglicherweise in Deutschland festgenommen

Laut der Mitteilung der Staatsanwaltschaft Stade und der Polizeidirektion Lüneburg gibt es zwölf Beschuldigte, einer davon ist verhaftet worden. Ob es sich bei der in Deutschland erfolgten Festnahme um den in Cala Ratjada ansässigen Mitgründer von Co.net Thomas Limberg handelt, wollte eine Sprecherin der Polizeidirektion gegenüber dem Stader "Tageblatt" weder bestätigen noch dementieren. Auf Mallorca gab es keine Festnahmen.

Limberg hatte mit den Co.net-Einlagen über die vergangenen Jahren in Cala Ratjada über eine spanische Tochterfirma massiv in Ferienimmobilien, Hotels und Medien investiert, zeitweise arbeiteten rund 100 Menschen für die Verbrauchergenossenschaft mit Sitz im kleinen Drochtersen bei Stade (Niedersachsen).

Im Hafen von Cala Ratjada.

Wohl doch kein sicherer Hafen: Cala Ratjada. / Biel Capó

100 Millionen Euro Mitgliedsgelder eingesammelt

Ebenso seit Jahren aber war Co.net schon in wirtschaftlichen Schwierigkeiten: Die Verbrauchergenossenschaft hat vergangene Woche bereits zum zweiten Mal Insolvenz beantragt. Die rund 4.000 Genossenschaftsmitglieder waren dabei immer wieder damit vertröstet worden, dass auf Mallorca genügend Sicherheiten in Form von Immobilien bestünden.

Allerdings gab es auch hier immer wieder Ungereimtheiten, wie der mit dem Fall beschäftigte Düsseldorfer Anwalt Johannes Bender bei anwalt.de schreibt. Co.net habe nach eigenen Angaben über 100 Millionen Euro an Mitgliedsgeldern eingesammelt, deren Verbleib zu großen Teilen unklar sei.

Was für ein Clan mischte bei Co.net mit?

Und wie passt dazu, dass Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens die Razzia als Ermittlungserfolg gegen die Clankriminalität würdigte? Die Ermittler hatten 2020 ihre Arbeit aufgenommen, unter der Leitung der Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung krimineller Clanstrukturen in Stade.

Ein Beschuldigter, der zu einer Clan-Familie gehört, soll Bargeldabhebungen veranlasst haben, um Immobilien, Nobel-Fahrzeuge und andere Luxusgüter zu kaufen. Um was für einen Clan es sich handeln könnte, ist bisher nicht bekannt.

Und dann ist da noch ein Hamburger Adliger

Hinzu kommt, dass auch ein Hamburger Adliger zu den Beschuldigten gehört, wie die "Bild-Zeitung" berichtet. In Hamburg-Harvestehude durchsuchten die Beamten die Wohnung von Wolfgang Graf Villavicencio. „Das Verfahren stammt noch aus der Zeit, als ich mit Alt-Textilien handelte. Da haben Geschäftspartner, auch aus der Ukraine, häufig mit Bargeld bezahlt. Ich habe mir aber nichts vorzuwerfen", sagte der Unternehmer der "Bild-Zeitung".