Forderung von Politiker Josep Melià: Ein Airport auf Mallorca nach deutschem Vorbild

Josep Melià von der Regionalpartei El Pi über mehr Eigenständigkeit für die Balearen, die Zukunft des Tourismus und die Wohnungsnot

Josep Melià im Parteisitz an der Plaça d’Espanya in Palma.  | FOTO: MANU MIELNIEZUK

Josep Melià im Parteisitz an der Plaça d’Espanya in Palma. | FOTO: MANU MIELNIEZUK / Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Die regionale Zentrumspartei El Pi mit ihren gerade mal drei Abgeordneten im Balearen-Parlament wird im politischen Tagesgeschäft wenig wahrgenommen. Dabei kommt ihr bei knappen Mehrheitsverhältnissen eine Schlüsselrolle zu. Auch bei den Regionalwahlen am 28. Mai könnte sie Zünglein an der Waage sein. Wie auch die linksökologische Partei Més per Mallorca tritt El Pi für mehr regionale Eigenständigkeit und den Schutz der mallorquinischen Sprache ein. Sie vertritt aber eine tourismusfreundlichere Politik, gilt manchen gar als Lobby der Ferienvermieter. Spitzenkandidat ist der studierte Jurist Josep Melià (51).

Sie haben in dieser Legislaturperiode eine konstruktive Oppositionsarbeit gemacht und einige Initiativen der Linksregierung mitgetragen. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Es ist Luft nach oben. In den zentralen Fragen gab es wenig Erfolge, vor allem bei der Diversifizierung der Balearen-Wirtschaft. Heute sind wir stärker vom Tourismus abhängig als vor acht Jahren, als die Linksregierung antrat. Wir brauchen aber mehr Innovation, Reindustrialisierung, die Stärkung der Landwirtschaft. Auch in der Wohnungspolitik und in der Bildungspolitik – Stichwort Container-Klassenzimmer – fällt die Regierung durch.

Wenn Sie weniger vom Tourismus abhängen wollen, warum sind Sie dann gegen das bestehende Moratorium für neue Gästebetten?

Wir sind gegen das Moratorium, das stimmt. Aber wir wollen keine zusätzlichen Gästebetten, sondern vielmehr die Möglichkeit, diese umzuwandeln. Das touristische Angebot braucht Innovation, das Moratorium verhindert sie. Der Transfer von Gästebetten ermöglicht oft ein qualitativeres Angebot.

Zum Beispiel in der Ferienvermietung?

Oder in einem anderen Hotel. Wenn etwa ein Investor ein erstklassiges Landhotel plant, muss er die Möglichkeit haben, Gästebetten zu erwerben, die, sagen wir, ein einfaches Hostal mit 50 Gästebetten an der Playa de Palma nicht mehr braucht. Das würde mehr Qualität ohne zusätzliche Gästebetten bedeuten.

Aber müssen nicht langfristig auch Gästebetten wegfallen – so wie im jetzigen Tourismusgesetz festgeschrieben –, wenn die Urlauberindustrie zugunsten anderer Branchen an Gewicht verlieren soll?

Wir treten für einen anderen Mechanismus ein, die Umwandlung von in die Jahre gekommenen Hotels in Wohnungen: Die städtebauliche Nutzung darf dann verändert werden, wenn im Gegenzug etwa 30 Prozent des neuen Wohnraums Sozialwohnungen sind. Diese touristischen Gästebetten würden dann wegfallen – eine Lösung, für die die Hoteliers eintreten und mit der wir ebenfalls einverstanden sind. Es wird geschätzt, dass rund zehn Prozent der bestehenden Gästebetten für eine solche Umwandlung infrage kommen. Wir schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe.

Ein Limit für den Wohnungskauf ist eine komplexe Angelegenheit, die sich nicht in Schlagzeilen fassen lässt.

Wäre das ein effizienteres Instrument gegen die Wohnungsnot als die auch von ihrer Partei erwogene Beschränkung beim Kauf von Immobilien durch Nicht-Residenten?

Es gibt mehrere Ansätze gegen dieses soziale Problem, mit dem alle Residenten zu kämpfen haben, egal welcher Nationalität. Eine Beschränkung hätte deswegen auch keine fremdenfeindliche Komponente. Ein weiterer Ansatzpunkt sind fiskalische Anreize, ein anderer der Bau von Wohnungen mit gedeckelten Preisen, bei denen dem Bauträger im Gegenzug mehr Wohneinheiten erlaubt werden. Zudem müssen die Rechte von Eigentümern gestärkt werden, die bislang mangels Garantien und infolge schlechter Erfahrungen vor der Vermietung zurückschrecken. Ein Limit für den Wohnungskauf ist eine komplexe Angelegenheit, die sich nicht in Schlagzeilen fassen lässt. Wenn etwa ein Deutscher eine possessió in der Tramuntana kauft, hat das keine Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Wir müssen aber alle Mittel prüfen, wir brauchen das gesamte Instrumentarium.

Die Balearen haben ein Problem mit der Überbevölkerung, die die Lebensqualität von allen beeinflusst, auch der Deutschen hier.

Verscherzen Sie sich mit einer solchen Position nicht eine mögliche Verständigung mit dem konservativen Lager nach den Wahlen?

Das könnte ein Reibungspunkt sein. Unsere Position ist: Die Balearen haben ein Problem mit der Überbevölkerung, die die Lebensqualität von allen beeinflusst, auch der Deutschen hier. Die Staus, der Kollaps im Gesundheitssystem – in 40 Jahren hat sich die Einwohnerzahl verdoppelt. Prognostiziert sind 300.000 Einwohner mehr. Das ist nicht nachhaltig, wir können nicht unendlich wachsen. Und deswegen dürfen wir keine Möglichkeit ausschließen, auch wenn sie uns ideologisch fernliegt.

Auf Listenplatz sechs von El Pi tritt die Geschäftsführerin des Verbands der Ferienvermieter an. Wie viel Schuld an der Wohnungsnot trifft die Ferienvermietung?

Wenig. Das haben wir in Palma gesehen. Die Linke argumentierte, dass die Ferienwohnungen schuld an den Problemen sind. Die Preise für Wohnungen sind dann aber trotz eines Verbots weiter in die Höhe gegangen.

Eine Sache ist der gesetzliche Rahmen, eine andere die Praxis der Eigentümer.

Wenn eine Regierung Dinge verbietet, muss sie dies auch kontrollieren. Das gilt nicht als Entschuldigung. El Pi ist im Übrigen keine Lobby der Ferienvermieter, wir machen uns für den Tourismus im Allgemeinen stark, sofern keine neuen Gästebetten hinzukommen.

Sie sind auch für ein Limit der Fahrzeuge auf Mallorca. Wie sollte das konkret aussehen?

Das gibt es bereits auf Formentera. Der Inselrat auf Ibiza tritt ebenfalls dafür ein, er wird von der PP regiert. Auch für Mietwagen muss es ein Limit geben. Unter dem Verkehrskollaps haben wir alle zu leiden.

Was tun mit der Touristensteuer?

Wir haben sie mitgetragen, wollen aber ihren ursprünglichen Charakter zurück. Die Einnahmen waren für Umweltschutz und Tourismus bestimmt, die Regierung hat sie aber für alles Mögliche verwendet. Zudem muss die Hälfte der Gelder in der Gemeinde verbleiben, wo sie auch eingenommen wurden. Damit die Urlauber sehen, wofür sie die Abgabe zahlen.

Die öffentliche Verwaltung muss die Anbindung der Inseln garantieren – nicht nur im August, auch im November.

Was hat es mit den Forderungen nach einer staatlichen Airline auf den Balearen auf sich? Ist es wirklich sinnvoll, den Flugverkehr zusätzlich zum Residentenrabatt zu fördern?

Es gibt nach dem Kauf von Air Europa durch Iberia ein Problem der Konzentration. Die öffentliche Verwaltung muss die Anbindung der Inseln garantieren – nicht nur im August, auch im November. Auf den Kanaren gibt es mit Binter eine eigene Airline, dieses Modell ist übertragbar. Wir Balearen-Bürger haben mit unseren Steuern die Hochgeschwindigkeitszüge in Spanien mitfinanziert, ohne etwas davon zu haben. Uns steht deswegen mehr zu.

Und was wollen Sie mit der Mitsprache bei der Verwaltung der Insel-Flughäfen erreichen?

Sie müssen als öffentliche Infrastruktur den Interessen der Balearen dienen. Und nicht dazu, ein Unternehmen namens Aena zu sanieren, indem die Verluste von Flughäfen in anderen Teilen Spaniens ausgeglichen werden. Das betrifft die Mieten für die Lokale in den Terminals genauso wie Parkplatzgebühren. Das zentralistische Modell von Aena in Spanien ist einzigartig in Europa. Wir fordern eine Verwaltung nach deutschem Vorbild.

undefined

Abonnieren, um zu lesen