Katalonien nach den Wahlen: Wie geht es jetzt weiter?

Wahlschlappe für die Separatisten, Bestätigung für den Kurs der Sozialisten: Die Regionalwahlen markieren eine Zäsur in Katalonien

Wahlsieger Salvador Illa und Ministerpräsident Pedro Sánchez bei einer Wahlkampfveranstaltung in Katalonien.

Wahlsieger Salvador Illa und Ministerpräsident Pedro Sánchez bei einer Wahlkampfveranstaltung in Katalonien. / Emilio Morenatti/AP

Thilo Schäfer

Thilo Schäfer

In Katalonien beginnt eine neue Etappe, so Salvador Illa, Spitzenkandidat der Sozialisten, nach dem Sieg am vergangenen Wochenende (12.5.) bei den vorgezogenen Regionalwahlen. Die Aussage ist nicht allein der Euphorie geschuldet, sie trifft tatsächlich zu. Denn nicht nur die PSC, der katalanische Ableger der spanischen Sozialisten (PSOE) von Ministerpräsident Pedro Sánchez, wurde erstmals auch nach Sitzen stärkste Kraft im Parlament von Barcelona. Die Parteien, die für die Unabhängigkeit Kataloniens eintreten, verloren erstmals seit Wiederkehr der Demokratie ihre Mehrheit und kamen zusammen auf 43 Prozent der Stimmen, 61 der 135 Sitze.

Experten interpretieren das Ergebnis als Quittung für die separatistische Mobilmachung des vergangenenJahrzehnts, die im illegalen Referendum und der Unabhängigkeitserklärung 2017 mündete. Wie von Meinungsforschern vorweggenommen, hatte die Abspaltung von Spanien für eine Mehrheit der Menschen keine Priorität gegenüber den zahlreichen Alltagsproblemen, die zum Teil auf die schlechte Regierungsarbeit der Separatisten zurückzuführen sind, etwa den mangelnden Vorkehrungen gegen die extreme Dürre.

„Viele Faktoren gaben den Ausschlag, aber einer davon war sicherlich die Politik der spanischen Regierung von Pedro Sánchez“, erklärte Wahlsieger Illa. Auch der Premier sieht in dem Wahlausgang die Bestätigung für seinen umstrittenen Annäherungskurs an die Separatisten, mit der Begnadigung einiger Anführer und dem Amnestiegesetz, das die Sozialisten anderswo im Land Zuspruch kostet.

Der Sozialist Salvador Illa feiert am Sonntag (12.5.) seinen Wahlsieg.

Der Sozialist Salvador Illa feiert am Sonntag (12.5.) seinen Wahlsieg. / Quique García/Efe

Machtkampf bei der Republikanischen Linken

Trotz des besten Ergebnisses ihrer Geschichte wird es für die katalanischen Sozialisten von Illa nicht leicht, eine Regierung zu bilden. Die 42 Abgeordneten sind nämlich weit von der Mehrheit von 68 Sitzen entfernt. Die naheliegendste Option ist ein Bündnis mit der Linkspartei Comuns Sumar (6 Sitze) und der Republikanischen Linken ERC (20). Diese Konstellation regierte bereits bis 2010. Doch die Republikaner sträuben sich noch. Die ERC ist der große Wahlverlierer, und der katalanische Ministerpräsident Pere Aragonès erklärte umgehend seinen Rücktritt. Nun gibt es einen Machtkampf bei ERC. Oriol Junqueras, der wegen seiner Rolle als stellvertretender Premier beim Referendum 2017 bis zu seiner Begnadigung in Haft saß, greift nach der ganzen Macht in der Partei. Junqueras gilt als weit weniger pragmatisch als Aragonès.

Vom Niedergang der ERC konnte die bürgerliche Junts nur wenig profitieren und sich um drei auf 35 Sitze verbessern. Trotzdem stellt ihr Spitzenkandidat, der frühere katalanische Premier Carles Puigdemont, Anspruch auf das Regierungsamt. Der Separatistenführer, der 2017 vor der spanischen Justiz nach Belgien floh und den Wahlkampf im katalanischen Teil Südfrankreichs führte, hatte vor der Wahl erklärt, dass er sich aus der Politik zurückziehen werde, wenn er nicht erneut President wird. Danach sieht es nicht aus, auch wenn die Opposition der Volkspartei die These vertritt, dass Sánchez Parteifreund Illa zum Verzicht auf die Regierung zwingen könnte, um Puigdemont entgegenzukommen.

Ungemütlicher Partner: Carles Puigdemont.

Der ehemalige katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont. / Olivier Matthys/ Efe

Das bedeutet das Wahlergebnis für Madrid

Denn die Minderheitsregierung aus Sozialisten und Linken in Madrid ist weiterhin auf die Stimmen von Junts und ERC im spanischen Parlament angewiesen. Puigdemont ließ nach der Wahl jedoch durchblicken, dass seine Partei nicht beabsichtige, die Linksregierung zu Fall zu bringen. Auch bei den Sozialisten ist man sich ziemlich sicher, dass die Separatisten kein Interesse an Neuwahlen haben, die eine Regierung der Konservativen und der rechtsextremen Vox führen zur Folge haben könnte.

„Die Regierung Kataloniens wird in Katalonien entschieden“, so Sánchez.Für den spanischen Regierungschef ist der Sieg der PSC in Katalonien ein großer Schub nach den meist schlechten Ergebnissen der Sozialisten bei den verschiedenen Wahlen in den vergangenen zwölf Monaten. Eines der Hauptargumente der Strategie der PP, nämlich dass Sánchez mit seinem Annäherungskurs die Separatisten stärke, zieht nun nicht mehr.

Doch auch die Konservativen konnten in Katalonien ein gutes Ergebnis verbuchen. Sie verbesserten sich von drei auf 15 Abgeordnete, wobei sich die PP die bislang sechs Sitze der Ciudadanos einverleibte und der einst starken liberalen Partei den Todesstoß verpasste. Allerdings gelang es der PP nicht, die rechtsextreme Vox kleinzuhalten, die erneut auf 11 Sitze kam. Daneben zog mit Aliança Catalana eine neue, rechtspopulistische und separatistische Partei mit zwei Sitzen ins Parlament ein.

Die Regierungsbildung in Barcelona wird nicht einfach, aber mit einer Wahlwiederholung wäre niemandem gedient. Nach den Turbulenzen um die Unabhängigkeitsbestrebungen wünschen sich die Wähler offenbar eine Regierung, die die Alltagsprobleme angeht.