Francina Armengol im Interview: Katalanisch im Parlament und Benimmregeln für die Abgeordneten

Die frischgekürte Parlamentspräsidentin über die Herausforderungen ihres neuen Amts

Francina Armengol.

Francina Armengol. / DAVID CASTRO

Guillem Porcel, M. A. Rodríguez

Francina Armengol ist seit Ende vergangener Woche dritthöchste Repräsentantin des spanischen Staates – direkt hinter dem König und dem spanischen Premier. Die 52-Jährige war im Mai als balearische Ministerpräsidentin abgewählt worden. Im spanischen Parlament erhielt sie nun 178 Stimmen und damit die nötige absolute Mehrheit. Möglich wurde die Wahl durch eine Vereinbarung in letzter Sekunde zwischen den Sozialisten und der katalanischen Separatistenpartei Junts.

Der König hat Alberto Núñez Feijóo als Kandidaten für das Amt des Premiers vorgeschlagen. Glauben Sie, dass Felipe VI. über alle für diese Entscheidung nötigen Informationen verfügte – zumal mehrere Parteien nicht an den Konsultationen teilgenommen hatten?

Ich glaube nicht, dass er in dieser Hinsicht Probleme hatte, ganz im Gegenteil.

Die Plenarsitzung zur Investitur findet erst Ende September statt. Werden Sie versuchen, dass dabei bereits die kooffiziellen Sprachen verwendet werden können?

Mein fester Vorsatz ist, dass im Abgeordnetenkongress alle offiziellen Amtssprachen verwendet werden können. Ich möchte mit allen Beteiligten darüber sprechen. Es ist ein vorrangiges Ziel meiner Amtszeit, dass sich die Bürger in dieser Kammer in den Amtssprachen ihrer Region repräsentiert sehen. Die sprachliche Vielfalt ist eine Stärke Spaniens. Jetzt müssen wir sehen, wie wir dies so schnell wie möglich und mit maximalem Konsens umsetzen, sodass sich alle Abgeordneten frei ausdrücken und von allen verstanden werden können. Es gibt keinen Artikel der Geschäftsordnung, wonach die Abgeordneten auf Spanisch sprechen müssen. Es ist normal, dass man auf den Balearen Katalanisch, im Baskenland Baskisch oder in Galicien Galicisch hört, und so sollte es auch im Kongress sein.

Werden Sie Reden auf Katalanisch halten?

Zunächst muss ich sehen, in welchem Rahmen wir diese Ziele erreichen können. Ich habe versucht, alle Amtssprachen bereits in meine Antrittsrede zu integrieren, und ich glaube, dass uns solche Gesten den Bürgern näher bringen. Aber ich vertrete als Parlamentspräsidentin das gesamte Land, das ist mir natürlich auch klar.

Sie sind jetzt dritthöchste Repräsentantin des spanischen Staates. Beeindruckt Sie das?

Es hat mich völlig überrollt. Ich fühle große Verantwortung, habe aber auch riesige Lust auf das Amt. Die Tatsache, dass mir 178 Abgeordnete ihre Stimme gegeben haben, gibt mir natürlich enorme Kraft. Ich habe aber von Anfang an deutlich gemacht, dass ich Präsidentin aller 350 Abgeordneten sein werde.

Armengol bei Gesprächen mit König Felipe VI

Armengol bei Gesprächen mit König Felipe VI

Die Mehrheitsverhältnisse dieser Legislaturperiode sind komplex. Sie hatten im Katalonien-Konflikt sowohl gegen die einseitige Unabhängigkeitserklärung als auch gegen die Anwendung von Artikel 155 durch die Zentralregierung Stellung bezogen. Glauben Sie, dass die Krise schlecht gehandhabt wurde?

In meiner neuen Rolle will ich bestimmte Entscheidungen nicht mehr bewerten. Es ist aber kein Geheimnis, dass ich immer die Idee vertreten habe, territoriale Konflikte durch Dialog und Konsens statt über die Justiz zu lösen. Die Politik ist dazu da, miteinander zu reden und die besten Lösungen zu suchen. Das Kräfteverhältnis im Parlament spiegelt den Willen des Volkes wider. Am 23. Juli hat Spanien entschieden, dass keine Partei die absolute Mehrheit hat. Auf dieser Basis müssen wir eine parlamentarische Mehrheit suchen.

Der frühere Katalonien-Premier und Anführer der Separatistenpartei Carles Puigdemont ist weiter im Exil in Belgien. Sollte eine Lösung für seine juristische Situation gesucht werden?

Alle Parteien sind an der Suche nach einer Mehrheit beteiligt. Die Partei Junts wurde in das Parlament gewählt, und auf der Basis von diesem Wählerwillen müssen wir schauen, welche Vereinbarungen möglich sind. Das sind nun einmal die Spielregeln einer parlamentarischen Demokratie, wie wir sie haben.

Bereits 2021 gab es einen Vorstoß für eine Amnestie zugunsten der Separatisten. Die Sozialisten stimmten dagegen. Wie würden Sie mit einer solchen Initiative umgehen?

Alles zu seiner Zeit. Meine Aufgabe als Parlamentspräsidentin wird es sein, die Rechte der Abgeordneten und der Fraktionen zu wahren und lebendige Debatten zu ermöglichen, auf der Grundlage von Respekt und Dialog. Als Parlamentspräsidentin verfüge ich über einen Stab von Juristen, die die Legalität garantieren. Ich mische mich nicht in inhaltliche Fragen ein, das ist nicht meine Aufgabe oder die des Präsidiums. Aber ich muss dafür sorgen, dass alle Initiativen ordnungspolitisch korrekt ablaufen und auf der strikten Einhaltung der Gesetze beruhen.

Francina Armengol nach ihrer Wahl am Donnerstag.

Francina Armengol nach ihrer Wahl am Donnerstag. / EDUARDO PARRA

In der vergangenen Legislaturperiode kam es immer wieder zu persönlichen Beleidigungen und Herabsetzungen. Wie wollen Sie das als Parlamentspräsidentin verhindern?

Ich habe einige Debatten im TV gesehen und Scham verspürt. Ich werde mein Möglichstes für ein versöhnliches Klima im Parlament tun. Nur wenn man einander zuhört, sind gute Entscheidungen möglich. Das liegt aber auch in der Verantwortung eines jeden Einzelnen.

Welche Rolle spielt für Sie Félix Pons, Parlamentspräsident in der Zeit von 1986 bis 1996 und bislang einziger mallorquinischer Politiker in Ihrem jetzigen Amt?

Er ist für mich ein großes Vorbild. Ich habe viel von ihm gelernt und könnte ihn auch heute noch als Beistand gut gebrauchen.

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