Wenn Sie Sport auf Mallorca machen, haben Sie diese Stimme bestimmt schon mal gehört

Speakerin Vicky Pieniazeck prägt mit ihren Moderationen seit Jahren die Sportevents der Insel. Nach einer Phase der Selbstfindung übernimmt jetzt verstärkt Tochter Sara Mingolla

Sara Mingolla moderiert hauptberuflich Sportevents.

Sara Mingolla moderiert hauptberuflich Sportevents. / Privat

Ralf Petzold

Ralf Petzold

Wenn Sara Mingolla einmal in Fahrt ist, bringt sie so schnell nichts zum Schweigen. Das Talent, das es für eine professionelle Quasselstrippe braucht, erbte sie wohl von ihrer Mutter Vicky Pieniazeck. Die 66-Jährige war eine Pionierin unter den Speakern, wie sich die Event-Moderatoren nennen. Deutsche werden auf Mallorca Pieniazecks Stimme vor allem mit dem Palma Marathon verbinden. Den moderiert sie mittlerweile gemeinsam mit der Tochter.

Die Familie ist ein Potpourri an Nationen. „Mein Uropa kommt aus Polen, das erklärt den Namen. Mein Opa ist Afroamerikaner, meine Oma Französin“, erklärt Mingolla. Mama Pieniazeck ist zwar in Frankreich geboren, verbrachte aber den Großteil ihres Lebens in Spanien. Die Tochter kam auf Mallorca zur Welt, ihr Papa kommt aus Andalusien. „Ich wurde dreisprachig erzogen: zu Hause auf Spanisch, in der Schule auf Katalanisch, und in den Ferien ging es zu den Großeltern nach Frankreich“, sagt Mingolla. Schon im Alter von vier Jahren saß sie alleine im Flugzeug. „Damals war das noch erlaubt.“ In Spanien sind die Sommerferien gefühlt endlos. Da konnte sich der Aufenthalt bei der französischen Oma auch mal mehrere Monate hinziehen.

Einfach mal einen Läufer angefeuert

Dabei war es eher zufällig, dass Sara Mingolla in die Fußstapfen ihrer Mutter trat. „Ich mag es eigentlich nicht, im Scheinwerferlicht zu stehen und hielt mich gerne im Hintergrund auf“, sagt die 43-Jährige. Vor 20 Jahren habe sie aber beim Triathlon in Portocolom im Organisationsteam ausgeholfen. „DiesenTriathlon kannte damals noch so gut wie kein Ausländer. Fast alle Teilnehmer waren Einheimische.“ Bei der Ausgabe der Startnummern bemerkte sie einen baskischen Namen. „Ich fragte den Kerl: Was treibt dich denn auf die Insel?“

Später während des Rennens stand die junge Mallorquinerin kurz vor dem Zieleinlauf. „Die Laufstrecke bestand aus zwei Runden à fünf Kilometer. Ich sollte dafür sorgen, dass die Teilnehmer nicht schon nach der ersten Runde durch das Ziel laufen.“ Plötzlich tauchte ein Läufer mit knallrotem Kopf vor ihr auf. „Der war fix und fertig. Als er näher kam, merkte ich, dass es der Baske war“, erzählt Mingolla. Sie überlegte nicht lange und feuerte den Athleten an. „Komm Miquel, schnapp dir einen Wasserbecher und weiter geht’s. Du schaffst das!“

Nach dem Rennen fragte der Baske nach ihr. „Er erzählte mir, dass er eigentlich hinwerfen wollte und nur wegen meiner Worte weitergelaufen ist. Seine Freundin heulte vor Glück und auch mir kamen schnell die Tränen“, erinnert sich Mingolla. Das sei für sie der Schlüsselmoment gewesen, in dem sie sich für den Job als Speakerin berufen fühlte. „Es ist egal, wer dich anfeuert. Wichtig ist nur, was gesagt wird“, meint sie. Besonders gut würde den Sportlern gefallen, wenn ihr Name ausgerufen wird. „Bei vielen Volksrennen steht der auf der Startnummer. Ich kläre die Zuschauer dann darüber auf, wer da unterwegs ist. Die Gesichter der Athleten beim Zieleinlauf sind direkt erfreuter.“

Eventplanerin und Mitarbeiterin im Callcenter von OK Mobility

Dennoch dauerte es, bis Mingolla aus ihrer Berufung einen Beruf machte. Sie traute sich nicht, alles auf die Speaker-Karriere zu setzen und probierte sich in den unterschiedlichsten Jobs aus. Die leidenschaftliche Tänzerin führte das Salsa-Lokal Bamboo Adict@ in Palma. „Es war immer voll, aber so richtig lief das Geschäft nicht. Die europäisierten Latinos sind beim Ausgehen ziemlich knausrig“, sagt Mingolla. Zwei Jahre lang war sie in Palmas früherer Vorzeigedisco Tito’s für die Planung von Events zuständig. Dann versuchte sie sich im Callcenter des Autovermieters OK Mobility. „Das Unternehmen reizt stets den gesetzlichen Rahmen aus“, sagt sie zu den zahlreichen Kundenbeschwerden. Zuletzt gab Mingolla Kurse an angehende Immobilienverkäufer. Thema: Wie man offen auf Leute zugeht.

Sara Mingolla und Mama Vicky Pieniazieck.

Sara Mingolla und Mama Vicky Pieniazieck. / Privat

Erst in die USA ausgewandert, danach in Mamas Fußstapfen getreten

„Im November 2018 sind mir dann alle Pferde durchgegangen, und ich bin nach Los Angeles ausgewandert“, sagt die 43-Jährige. Sie kam bei einem Freund unter und arbeitete als Tänzerin und Tanzlehrerin. Kurz vor Ausbruch der Coronapandemie führte sie ihr Weg nach Mallorca zurück und zur Speaker-Karriere.

Die Mutter war die erste Ansprechpartnerin. Gemeinsam vermarktete sich das Duo unter dem Namen Tatekieta – eine Wortschöpfung aus dem spanischen Ausdruck estate quieta (bleib ruhig). „Ich übernahm die Aufträge, für die meine Mama keine Zeit hatte“, sagt die Tochter. Heute fragen die Veranstalter konkret eine der beiden Damen oder wahlweise beide im Doppelpack an. „Auch viele Journalisten übernehmen diese Jobs. Sie füllen ihn aber mehr mit Fakten, Rekorden und Statistiken aus“, erzählt Mingolla. „Ich komme mehr über die emotionale Schiene und kann Leute gut aufmuntern. Jeder Speaker hat seinen eigenen Stil.“

Ihr Vorteil seien die Sprachen. Neben Spanisch, Katalanisch und Französisch kann Mingolla Englisch, Italienisch, ein wenig Portugiesisch und Deutsch. „Eure Sprache ist verdammt schwierig. Dabei fällt mir das Sprachenlernen normalerweise leicht“, sagt sie. So habe sie Italienisch allein durch einen zweiwöchigen Urlaub gelernt. „Ich hab ein Talent dafür, die Aussprache perfekt hinzubekommen. Dann kaufen es mir die Leute auch ab, wenn ich hin und wieder ein Wort dazu erfinde.“

Die Veranstalter gäben unterschiedliche Vorgaben. „Manche lassen dem Speaker freie Hand, andere legen dir jedes Wort in den Mund“, erzählt sie. Ihr sportliches Highlight war bislang das von ihr 2023 moderierte Davis-Cup-Finale in Marbella. Um welche Sportart es geht, sei ihr gleichgültig. „Ich habe da keine Präferenzen. In meiner Freizeit schaue ich alles.“ Wie die Sportler, so träumt auch sie von einer Olympia-Teilnahme. „2024 Paris – das wäre doch fein!“

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