Die einst durch die Vox-Sendung "Goodbye Deutschland" bekannt gewordene ehemalige Faneteria in Cala Millor ist das wohl bekannteste Auswanderer-Lokal auf Mallorca. Und zugleich das mit der wechselvollsten Geschichte. Nach mehreren Versuchen der FanCafeTeria S.L., das Lokal unter verschiedenen Namen und mit verschiedenen Konzepten ganzjährig geöffnet zu halten, hat nun eine Deutsche übernommen.

Am 5. November hat die Bonnerin Ilona Flesch das einstige Auswanderer-Lokal unter dem Namen "Unikat" wiedereröffnet. Den Hauptpachtvertrag mit dem Eigentümer des Lokals hat nach wie vor die FanCafeTeria S.L.. Flesch hat einen Untermietvertrag und soll das Lokal, wenn alles gut geht, ab dem kommenden Jahr ganz offiziell alleine betreiben.

Ilona Flesch und das Unikat. Privat

Das ist die neue Betreiberin

Ilona Flesch ist gemeinsam mit ihrem Partner Michael Westphal im April 2022 auf die Insel gezogen. Der 57-jährige Westphal, der schon 25 Jahre lang auf dem spanischen Festland und Mallorcas Nachbarinseln gelebt hatte, habe die Neu-Residentin überredet, sich mit ihm auf der Insel niederzulassen, sagt sie. Das Paar wohnt nun zwischen Cala Millor und Son Servera.

Von Juni bis Oktober betrieb Flesch in Cala Millor bereits eine Cocktail-Bar namens Unikat in der Parallelstraße der "Goodbye Deutschland"-Straße, die offiziell Carrer de Binicanella heißt. "Ich wusste damals noch gar nichts von den ganzen aus dem Format bekannten Lokalen und der Straße", erzählt Flesch der MZ.

Restaurant statt Bar

Schnell habe das Paar zudem gemerkt, dass nur der Barbetrieb mit Getränken und Cocktails die Auswanderer nicht über den Winter bringt. Zudem war das alte Lokale deutlich kleiner als die einstige Faneteria. Also zeigte die Auswanderin Ilone Flesch schon früh Interesse an dem Lokal, das zuletzt FanCafeTeria und später Fan Café: Solo hieß. Doch Investor Arno Paffendorf wollte zunächst an dem Konzept des Auswanderer-Cafés festhalten.

Zunächst wollte das Auswanderer-Paar das deutlich größere Lokal im Carrer de Binicanella zusammen mit zwei Bekannten übernehmen. Doch so schnell die beiden Bekannten, die damals noch in Deutschland wohnten, zur Eröffnung im November auf der Insel waren, so schnell stiegen sie auch wieder aus dem Projekt aus. Daraufhin beschloss Ilona Flesch das Lokal von nun an ganz alleine zu betreiben.

"Gib mir das Lokal mal vier Wochen zum Test", habe sie Investor Paffendorf vorgeschlagen. Doch der meinte, ein Monat sei zu kurz. Also hat Flesch nun zwei Monate Zeit, bis Ende des Jahres, um herauszufinden, ob der Laden, so wie sie es sich vorgestellt hat, läuft.

Das ist neu in der einstigen Faneteria

Fast gleich geblieben seien nur die Räumlichkeiten wie auch die schon durch die Faneteria bekannten Türkis-Töne. "Ich mag Türkis. In meinem alten Unikat hatte ich auch eine türkise Tür, aber das war eher Zufall. Das Braun von einem der Vorpächter fand ich aber noch schöner", erzählt Flesch, die schon überlegt, wie sie das Lokal im Fall einer Übernahme im neuen Jahr umgestalten würde.

Aus ihrem kleineren "Unikat" im Carrer de Ca s'Hereu habe sie zudem Lounge-Möbel mit in das neue Unikat gebracht und dort in einer Ecke aufgebaut.

Auch die Theke mit den schwarzen Gummi-Deckchen aus dem kleineren Lokal sei mit ins neue gezogen. "Sie wird noch beleuchtet wie damals", so die gelernte Telekommunikations-Elektronikerin, die unter anderem durch die Arbeit in einer Kneipe während ihrer Ausbildung schon Gastro-Erfahrung gesammelt hatte.

Auch eine neue Spül- wie auch Kaffee-Maschine hat die Auswanderin angeschafft. Zudem kümmerte sie sich um die Reparatur der Personaldusche.

Was passiert mit dem Wandgemälde?

Die Fotos der aus dem Vox-Format bekannten Auswanderer habe sie fast alle abgehängt. "Ich kenne die Auswanderer zum einen gar nicht, zum anderen will ich selbst nicht ins Fernsehen. Ich will einfach nur ein Lokal haben, von dem ich leben kann." Auch das Wandgemälde von Kult-Auswanderer Jens Büchner, der 2018 verstorben ist, soll langfristig nicht dort bleiben. "Ich finde es unmöglich, auf einem Toten etwas aufzubauen. Man sollte Jens nun einfach mal ruhen lassen", stellt Flesch klar.

Keine Angestellten bisher

"Ich mache alles alleine, auch die Küche", erzählt Flesch. Bisher habe sie keine Angestellten. Partner Michael Westphal, der gut Spanisch spricht, hilft ihr aber bei Bedarf mit den Bestellungen, Lieferanten oder Handwerkern. Während der Wintermonate brauche Flesch keine Angestellten. "Wenn es mal eng wird, helfen mir die vielen Stammgäste, die ich durch mein altes Lokal habe, und bitten einen Gast etwa, geduldig zu sein, da ich gerade das Essen zubereite." Sie koche alles frisch. Ob Schnitzel, Suppen, Rinderrouladen, Currysauce oder andere deutsche Hausmannskost.

Donnerstags gibt es Reibekuchen, dienstags ist Pizzatag.

Da das Unikat täglich von 9 bis 22.30 Uhr durchgehend geöffnet hat, können die Tage für die Neu-Residentin schon einmal lange werden. "Bisher schaffe ich es körperlich noch ganz gut." Künftig soll es vielleicht einen Ruhetag geben, oder Flesch schließt das Lokal zumindest einmal am Nachmittag.

Die 51-Jährige will Bingo- und Skat-Turniere und andere Spieleabende anbieten und überträgt nach Wunsch auch Fußballspiele. "Wenn gegessen wird, machen wir den Ton aber aus."

Grillparty an Heiligabend

An Heiligabend soll es eine Grillparty in dem Lokal geben. "Ich werde 'all you can eat' für 20 Euro anbieten. Ich habe an dem Tag Geburtstag und schenke mir die Party sozusagen zu meinem Ehrentag. Sonst konnte ich nie feiern, weil alle Leute zu Hause unterm Tannenbaum saßen." Das soll in diesem Jahr anders werden.

Die lange Geschichte der einstigen Faneteria

Seit Jens Büchners Tod im November 2018 gab es von vielen Seiten großes Interesse, die einstige Faneteria zu übernehmen. Zunächst führte Daniela Büchner den Betrieb alleine weiter. Später stiegen Tamara und Marco Gülpen kurzzeitig mit ein. Auf diese Auswanderer folgten Caro und Andreas Robens, die mit ihren Franchisenehmern Ercan Ayebe und Kim Beeker eine zweite Filiale ihres Iron Diner aus dem Lokal machten. Auch dieses Projekt scheiterte. Die einstigen Franchise-Nehmer der Robens führten das Lokal kurzzeitig unter anderem Namen weiter, eröffneten kürzlich jedoch lieber eine Edel-Shisha-Bar in Cala d'Or.

Schließlich gelang es Horst Blum und Arno Paffendorf, das Lokal zu übernehmen. Doch schon kurz nach der Eröffnung im Frühjahr unter dem Namen "FanCafeTeria" gab es Streit. Am 1. August eröffnete Paffendorf das "FanCafe: Solo" nicht nur unter neuem Namen und mit neuen Mitarbeitern wieder, sondern auch optisch etwas verändert: "Wir haben innen neu gestrichen und die Wände teils neu gemacht, eine andere Beleuchtung angebracht. Auch die Bestuhlung ist etwas anders gegliedert", erzählte Paffendorf der MZ damals. Später übertrug er in dem Lokal Spiele der Fußball-Bundesliga. Parallel erweiterte der Investor die Speisekarte. Nun will Ilona Flesch neuen Schwung in das Lokal bringen.