Auf Mallorca kann man sich jetzt einmal fühlen wie ein Schamane

Und zwar in der neuen Ausstellung von Rafa Forteza in Palma. Besucher dürfen hier ein Zepter in die Hand nehmen und mit den anderen Werken spielerisch interagieren. Es ist die erste Solo-Schau in der neuen Tube Gallery, die 2023 in Pere Garau eröffnet hat

Kuratorin Esmeralda Gómez und der Künstler Rafa Forteza posieren mit den zwei Zeptern, die zur Interaktion einladen sollen.

Kuratorin Esmeralda Gómez und der Künstler Rafa Forteza posieren mit den zwei Zeptern, die zur Interaktion einladen sollen. / GUILLEM BOSCH

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Eine Retrospektive von dem, was der vor kreativem Schaffensdrang übersprudelnde Künstler Rafa Forteza in den vergangenen 30 Jahren zustande gebracht hat: wahrlich keine einfache Aufgabe. Für die neu eröffnete Ausstellung in der Tube Gallery hat sich die Kuratorin Esmeralda Gómez aber einen überzeugenden Ansatz ausgedacht: „Das Konzept ist eine Art etymologische Analyse seiner Arbeit“, erklärt sie beim Besuch.

Das klingt komplizierter, als es ist: So wie die Etymologie der Herkunft und der Geschichte von Wörtern und ihrer Bedeutung auf den Grund geht, verfolgt die Schau auf zwei Ebenen das Werk des renommierten, 1955 geborenen Mallorquiners zurück bis zu den Wurzeln. „Es geht auch darum, wie sich die Formen entwickelt und gewandelt haben“, erklärt Gómez.

Nahbare Kunst ohne Podest: Das Regal für diese Objekte ist aus Fortezas Atelier.  | F.: GALERIE

Nahbare Kunst ohne Podest: Das Regal für diese Objekte ist aus Fortezas Atelier. | F.: GALERIE / BRigitte Rohm

Ein Tanz zwischen Disziplinen

In umgekehrter Chronologie geht es im ersten Raum los mit neueren, großformatigen Gemälden. Doch bliebe es bei einer schnurgeraden Zeitreise von A nach B, wäre das Thema verfehlt worden: „Rafa ist kein linearer, sondern ein zyklischer Künstler“, betont die Kuratorin. Sein Schaffen sei ein Tanz zwischen verschiedenen künstlerischen Disziplinen, ein Kreisen und ein Vor und Zurück zwischen Anfang und Ende.

Dieser Idee entsprechend treten mehrere Skulpturen aus den 90er-Jahren in einen Dialog mit jüngeren, deutlich farbenfroheren Arbeiten. Bei den subtilen Werken, die in Fortezas Atelier mehrere Jahrzehnte überdauert haben, verwendete er schlichte Materialien, häufig Zufallsfunde, und griff immer wieder die Geste des Verpackens auf.

Der junge Galerist und Künstler Axel Balazsi in seiner Tube Gallery.  | FOTO: G. BOSCH

Der junge Galerist und Künstler Axel Balazsi in seiner Tube Gallery. | FOTO: G. BOSCH / BRigitte Rohm

Anfassen ausdrücklich erwünscht

Dass Anfassen einmal ausdrücklich erlaubt ist, kommt bei einer Kunstausstellung auch nicht alle Tage vor: Besucher dürfen sich zu Beginn mit weißen Handschuhen eines von zwei Zeptern schnappen, denen der Künstler eine ausdrucksstarke Gestalt verlieh. „Es ist, als würde man damit Rafas künstlerische Kraft in den Händen halten. Das hat etwas Schamanisches“, sagt Gómez.

Und die Erfahrung ist mehr als eine Spielerei, denn wenn man die Figuren als Begleiter durch die Schau mitnimmt, eröffnen sie im Zusammenspiel immer wieder neue Konstellationen, erweitern und ergänzen die anderen Werke. „Rafa hat einen hohen Anspruch an die Betrachter und stellt sie immer wieder vor Herausforderungen“, so die Kuratorin. Eine davon ist die aktive Interaktion mit seiner Kunst. Bei einer der Skulpturen neben der Treppe würde sich Forteza laut Gómez darüber freuen, wenn Besucher den mobilen Schädel abnähmen und damit wie Hamlet ein Zwiegespräch führten.

Werke von Forteza im hinteren Teil der Schau.   | FOTO: G. BOSCH

Werke von Forteza im hinteren Teil der Schau. | FOTO: G. BOSCH / BRigitte Rohm

Das verspielte Universum von Rafa Forteza fügt sich hervorragend in die wenig glattgebürstete Linie der Tube Gallery ein, die es erst seit vergangenen Sommer gibt. Hinter dem Projekt, das sowohl aufstrebenden Talenten als auch renommierten, lokalen Künstlern einen Raum geben möchte, steckt Axel Balazsi. Der Schwede, der selbst auch Künstler ist und teils auf Mallorca aufwuchs, zog nach zehn Jahren in London wieder zurück auf die Insel – und eröffnete die erste Galerie in Pesere Garau.

Balazsi liebt das Multikulturelle

„Ich liebe das Multikulturelle in diesem Viertel“, so der 30-Jährige. Sein Raum passe als Treffpunkt für verschiedenste Menschen und künstlerische Ideen sehr gut hierher, findet er. Manche Interessierte kämen gezielt aus anderen Stadtteilen, Balazsi will aber auch junge Leute aus der Nachbarschaft ansprechen.

„Rafa Forteza kenne und schätze ich schon seit meiner Kindheit“, sagt der Galerist. Mit dieser ersten Solo-Schau nach zwei Gruppenausstellungen will die Galerie noch mehr frischen Wind in Palmas Kunstszene bringen: Sie ist Teil des Programms des diesjährigen Art Palma Brunch am 23. März. Doch statt dann wie die anderen Galerien eine Ausstellung zu eröffnen, schwimmt die Tube Gallery gegen den Strom – und feiert lieber eine große Finissage.

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