Meinung | DER INSELDUDEN
Über Goldquellen und vollgerotzte Ärmel
MZ-Kolumnist Jan Lammers macht sich Gedanken über Körperflüssigkeiten
Schnupfen, Absonderung von Schleim, der oft das Atmen durch die Nase stark behindert
Trotz seiner südlichen Lage war auf dem Kleinen Felsen (Sa Roqueta), wie die Mallorquiner liebevoll ihre Insel bezeichnen, die Grippe und der damit häufig verbundene Schnupfen aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit keine Seltenheit.
Dies hat auch im Sprachschatz der Insel im wahrsten Sinne des Wortes seine Spuren hinterlassen, so etwa der Beginn der gefährlichen Zeit: „Zu Allerheiligen, große Umhänge und Taschentücher“ (Per Tots Sants, capes i mocadors grans). Das Ende dieser infektionsreichen Periode besagt eine kuriose, reimende Redewendung : „Bis zum siebzigsten April lege das Garn nicht ab“ (Fins es setanta d’abril no te llevis es fil).
Liebe und Schnupfen
Vom dichtenden englischen Geistlichen George Herbert stammt der zutreffende Vergleich, dass „Liebe und Schnupfen sich nur schwer verbergen lassen“ – fast ist man geneigt zu sagen, man müsste beiden nur ihren Lauf lassen. Ein wenig appetitliches Bild bietet der Vergleich, jemand stürze eine Flüssigkeit derart verzweifelt den Rachen hinab, dass er vor lauter Durst selbst „den Schnupfen mittrinkt“ (Beure amb so moc).
Der französische Schriftsteller Guy de Maupassant warnte vor einer ganz anderen Ansteckung: „Nehmen sie sich vor der Liebe in Acht! Sie ist gefährlicher als Reißen, Husten und Schnupfen zusammen.“ Auf Mallorca kommt einer Person, die auf Bayrisch „nicht auf der Biersupp’n dahergeschwommen ist“ – sprich nicht dämlich ist –, das folgende Attribut zugute: „Der wischt sich den Schnupfen nicht mit dem Ärmel ab“ (No se moca amb so colzo). Ein abschließendes Bonmot stammt aus der Feder des französischen Dramatikers Nicolas Chamfort. Es passt auch auf politische Angstmacherei, laut der die nächsten Wahlen entscheidend für Wohl oder Verderben des Vaterlandes sind: „Die Drohung mit dem vernachlässigten Schnupfen ist für die Ärzte das, was das Fegefeuer für die Priester ist: eine Goldquelle.“
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