Vier Tage nach Karriereende: Spaniens Ex-Kapitänin heuert bei "deutschem" Mallorca-Club an

Virginia Torrecilla verlässt den Profifußball und findet mit Atlético Baleares einen neuen Verein

Virginia Torrecilla wechselt zu Atlético Baleares.

Virginia Torrecilla wechselt zu Atlético Baleares. / ATB

Ralf Petzold

Ralf Petzold

Drittligist Atlético Baleares hat sich im Aufstiegskampf mit einem echten Superstar verstärkt. Mit Virgina Torrecilla heuert die ehemalige Kapitänin der spanischen Nationalmannschaft beim Club des deutschen Eigentümers Ingo Volckmann an. Die Verkündung des Transfers am Montag (8.1.) kam mehr als überraschend. Gerade mal vier Tage zuvor schrieb die Mallorquinerin in den sozialen Medien, dass sie ihre Karriere beenden will.

Das war dann wohl nur auf den Profifußball bezogen. Allerdings ist auch das bei Weitem nicht sicher. Schon in der vergangenen Saison scheiterte Atlético Baleares knapp am Aufstieg. In dieser Spielzeit steht das Team nach der Hinrunde auf dem zweiten Platz, der zur Teilnahme an den Play-offs berechtigt. Nur der Erste steigt direkt auf. Der Rückstand zum ungeschlagenen Tabellenführer Real Madrid B beträgt fünf Punkte. Atlético Baleares startet am Sonntag (14.1., 15 Uhr, Tickets kosten an der Tageskasse 5 Euro) mit einem Heimspiel gegen Athletic Bilbao C im Stadion Son Malferit in die Rückrunde. Wahrscheinlich steht Torrecilla dann schon auf dem Platz.

Krebs überstanden

Offiziell begründet die 29-Jährige die Rückkehr in die Heimat damit, dass sie wieder bei der Familie und auf der Insel leben wolle. Doch sicherlich spielen dabei auch die Schicksalsschläge der vergangenen Jahre eine große Rolle. „Was wäre, wenn …?“ dürfte eine Frage sein, die sie sich oft gestellt hat. Bei der Fußballerin aus Cala Millor entdeckten die Ärzte Anfang 2020 einen Gehirntumor. Als nach langer Behandlung der Kampf gegen den Krebs gewonnen war, erlitt ihre Mutter einen schweren Autounfall, der sie in den Rollstuhl brachte. „Ich würde 15 weitere Krebserkrankungen überstehen, wenn meine Mama wieder laufen könnte“, sagte Torrecilla damals.

Der groß gewachsene Blondschopf lernte in Mallorcas Talentschmiede Collerense das Kicken. Schon mit 18 Jahren zog sie nach Barcelona. Übersicht, Zweikampfhärte und Tempo – sie brachte alles mit, was es für eine defensive Mittelfeldspielerin braucht. Nachdem sie in drei Jahren mit Barça alle spanischen Titel gewann, zog es sie zu Montpellier nach Frankreich. 2017 gewann Spanien mit Torrecilla den Algarve-Cup. 2015 und 2019 spielte sie bei der Weltmeisterschaft mit.

Rückkehr nach Spanien

Im Sommer 2019 kehrte sie in ihre Heimat zurück und heuerte bei Atlético Madrid an. Die Medien schrieben von einem Königstransfer, einer der besten Mittelfeldspielerinnen der Welt. Als die Liga wegen Corona pausierte, war Atlético Zweiter in der Tabelle.

Wäre nicht der Krebs gewesen, hätte Torrecilla wohl auch im vergangenen August auf dem Platz gestanden, als ihre Inselkolleginnen Mariona Caldentey und Cata Coll in Sydney die WM-Trophäe in die Höhe reckten und mit Spanien Geschichte schrieben.

Es waren die ständigen Kopf- und Nackenschmerzen, die sie 2020 zum Arztbesuch veranlassten. Es folgte die Horror-Diagnose: Krebs. Torrecilla durchlief die Chemotherapie, verlor ihre goldene Mähne und 16 Kilogramm Körpergewicht. Doch sie kämpfte sich zurück. Erst ins Training, dann in den Pflichtspielbetrieb. Im Januar 2022 stand sie im Supercup-Finale erstmals wieder auf dem Platz.

Kaum Chancen mehr in der ersten Liga

Doch die Krankheit forderte einen Preis. Den Karriereknick konnte sie nicht mehr ausbügeln. Bei Atlético Madrid war die Mittelfeldspielerin nur noch eine Art Mannschaftsmaskottchen, das in den letzten Minuten eingewechselt wurde, wenn der Sieg mit mehreren Toren Vorsprung sicher war. Ein Wechsel im vergangenen Sommer zu Villarreal, einem kleineren Club in der ersten Liga, brachte keine Besserung. Die Mallorquinerin stand nur in einer Partie in der Startelf.

Vielleicht ist der Schritt zurück in die dritte Liga nun kein Karriereende, sondern ein neuer Anlauf. Es wäre ihr zu wünschen.

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