Elf Jahre lang hat Rafael Fernández mittlerweile das Amt des Bürgermeisters von Capdepera inne – und denkt nicht ans Aufhören. Im MZ- Interview am Montag (20.6.) gibt sich der Sozialist rhetorisch geschickt und wenig selbstkritisch.

Hand aufs Herz: Wie kann es sein, dass Ende Juni die Meerespromenade in Cala Ratjada von Baulärm und -dreck gezeichnet ist?

Bei all dem, was dort gerade passiert, sind wir im Rathaus die ewigen Sündenböcke. Dabei haben wir die Arbeiten weder beauftragt noch ausgeführt. Es ist Sache der Küstenbehörde und des balearischen Tourismusministeriums. Auch wenn wir mitzahlen. Wir reden jede Woche mit dem Ministerium, um Druck zu machen, dass alles so schnell wie möglich fertig wird. Alle beschweren sich – ich würde es an Stelle der Gastronomen auch tun. Nach zwei Jahren Pandemie öffnen sie und dann das. Bei wem machen die Anwohner Druck? Beim Rathaus. Obwohl wir nicht die Schuldigen sind, aber wir müssen den Kopf hinhalten. Immerhin: Die Arbeiten enden diesen Donnerstag.

Für einige Aspekte der Renovierung ist die Gemeinde sehr wohl zuständig.

Unsere Aufgabe ist es, die Begrünung der Promenade zu gestalten. Das ist das Einzige, was jetzt noch aussteht. Wir werden die Bepflanzung aber auf keinen Fall vor November angehen, um jetzt nicht noch weiter zu stören. Auch wenn es schade ist, denn wir hatten auf einen sehr grünen Paseo gesetzt.

Schon im Mai hatte man den Eindruck, dass Cala Ratjada aus allen Nähten platzt.

Und wie. Es ist Wahnsinn. Wir sind in der Gemeinde Capdepera ja nur 13.000 Einwohner. Im Mai und Juni waren hier nie zuvor alle 60.000 Gästebetten belegt, sondern immer nur im Hochsommer. Es gab sogar schon Overbooking. Haben Sie die Fotos der vollen Cala Agulla gesehen?

Ja. Ist das eine gute Nachricht?

Für mich ja. Ich bin mehr als zufrieden. Alle sind zufrieden. Die Urlauber sind froh, wieder ohne Restriktionen hier zu sein. Die Hoteliers freuen sich über volle Häuser, die Bars und Restaurants können sich vor Gästen kaum retten, auch in den Supermärkten brummt das Geschäft. Trotzdem hat die Polizei sehr wenig zu tun, für die Sicherheitskräfte war es ein ruhiger Saisonstart. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, haben sich die Urlauber bisher sehr gut benommen.

Vor wenigen Jahren beschwerten sich die Ortspolizisten noch über zu viel Arbeit für zu wenig Personal und schlechte Bedingungen.

Das haben wir geklärt. Leider müssen sie jetzt bei der Guardia Civil Personalmangel ausgleichen, aber sie leisten exzellente Arbeit.

An der Playa de Palma ist man bestürzt über die Rückkehr der Saufurlauber. Hier nicht?

Hier ist der Sauftourisms nicht so ausgeprägt. Auch weil wir weiter auf die Leitlinien setzen, auf die sich alle Beteiligten vor Jahren geeinigt haben. Wir werden jedes Jahr ein wenig strenger, was die Kontrollen der Kneipen, Clubs und Partygäste angeht. Die Unternehmer ziehen mit. Als ich 2011 ins Amt kam, war das noch ganz anders. Da war Cala Ratjada ein kleines Magaluf. Mittlerweile wissen auch die Urlauber, dass es hier zwar Nachtleben gibt, man aber auch Ruhe findet. Wir gehen diesen Weg weiter, langsam aber stetig. Nicht wie in Magaluf, wo man von einem auf den anderen Tag alles verbieten will. Das ist unmöglich. In weiteren fünf, sechs Jahren wird sich Cala Ratjada als Urlaubsziel nochmals verändert haben.

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Inwiefern? Werden dann um Mitternacht die Bürgersteige hochgeklappt?

Keinesfalls. Das Nachtleben ist eines unserer Qualitätsmerkmale und soll bleiben. Aber wir wollen ein hochwertiges Nachtleben, in dem sich die Leute entsprechend benehmen. Wir haben es auf Bars abgesehen, die für 15 Euro zehn Longdrinks versprechen. Was kann das für eine Qualität sein?

Der Parkplatz an der Cala Agulla muss im Zuge der Erweiterung des Parc de Llevant geschlossen werden. Wann droht das Parkchaos?

Gar nicht. Ich habe endlich geschafft, was mir vier Jahre lang nicht gelungen war: Das balearische Umweltministerium wird erlauben, dass das Rathaus einen neuen Parkplatz auf ländlichem Grund betreiben darf. Das war nicht leicht, die dort sind harte Nüsse. Diese Woche habe ich noch einmal einen Termin im Ministerium, um festzuzurren, welche Parzelle es genau sein wird. Aber auf jeden Fall sehr nah, möglicherweise direkt hinter dem aktuellen Parkplatz. Der muss in zwei Jahren dichtmachen, bis dahin ist Zeit, alles vorzubereiten. Die Anzahl der Stellplätze bleibt: 450.

Gerade in Cala Ratjada ist Wohnraum für Geringverdiener kaum noch bezahlbar. Was wäre eine Lösung?

Das ist sehr kompliziert. Sollte man mehr bauen? Ich bin kein Freund davon. Unser neuer Raumordnungsplan, der Ende des Jahres festgezurrt wird, sieht keinerlei neuen Baugrund vor. Und ich will auch keine hohen Gebäude. Die Urlauber, die uns besuchen, kommen nicht, um Beton zu sehen. Gleichzeitig ist es heikel, Menschen vorzuschreiben, wie viel Geld sie für den Verkauf oder die Vermietung ihrer Immobilie verlangen dürfen.

Die Balearen freuen sich über einen Geldsegen des EU-Aufbaufonds Next Generation. Was davon kommt in Capdepera an?

Wir kriegen fünf Millionen Euro, um endlich unser lang geplantes Projekt zu verwirklichen: Alle Ortsteile mit Fahrrad- und Spazierwegen miteinander zu verbinden. Insgesamt sind dafür sechs bis sieben Millionen Euro vorgesehen. In anderthalb Monaten geht es los.