„Paradise Castle". Schon der Name der Eigentümer­gesellschaft sagt einiges. Für seinen ersten Mallorca-Besuch, gerade einmal zwei Wochen nach seiner Vereidigung als Bundespräsident, haben der bekennende Inselliebhaber Christian Wulff und seine Familie es gut getroffen: eigener Bootsanleger, großer Pool und eine unübertreffliche Lage auf der kleinen Halbinsel Sa Mola bei Port d´Andratx. Zwischen dem 15. und dem 26. Juli haben Christian Wulff, seine Frau Bettina und der zweijährige Sohn Linus Florian in dem Traumhaus im Südwesten Mallorcas ihren Urlaub verbracht. Ursprünglich war der Aufenthalt bis zum 29. Juli geplant, die tragischen Ereignisse von Duisburg bewogen den Bundespräsidenten jedoch zur vorzeitigen Rückkehr nach Deutschland, so seine Sprecher.

Das 1965 erbaute Anwesen auf La Mola zählt zu den bekanntesten der Insel. Im Grundbuch-Register ist als Eigentümer die Paradise Castle S.L. angeführt; dessen Geschäftsführer und einziger Inhaber ist laut Handelsregister Carsten Masch­meyer, der Gründer des Finanzdienstleisters AWD, heutiger Swiss-Life-­Verwaltungsrat und persönlicher Freund von Bundespräsident Wulff.

Das Grundstück des aus einem Haupthaus und zwei Nebengebäuden bestehenden Anwesens ist 4.272 Quadratmeter groß, die Wohnfläche beträgt 1.662 Quadratmeter. In den beiden Nebengebäuden sind Gästewohnungen untergebracht. Ein ortskundiger Immobilienmakler schätzt den Wert der Anlage auf rund 20 Millionen Euro, ein anderer spricht sogar von 45 Millionen Euro. Wenn man eine vergleichbare Villa mieten wolle, müsse man mindestens 15.000 Euro die Woche berappen, so die Experten. Die Gesellschaft Paradise Castle wurde 2003 gegründet und hat neben „dem Kauf, dem Verkauf, der Nutzung und der Vermietung von Immobilien" auch zum Zweck „Kurse, Seminare und Incentives" zu veranstalten, inklusive „Übernachtungsmöglichkeiten sowie Verpflegung der Teilnehmer".

Die Villa hat eine lange Geschichte. Wie die „Bunte" berichtet, soll in ihr einst sogar Lady ­Diana ihren Urlaub verbracht haben, weshalb das Anwesen auch immer wieder von englischen Touristen mit großen Augen betrachtet wird. Maschmeyer kaufte die Villa von seinem ehemaligen Geschäftspartner Bert Schwarz, dem Mitbegründer von AWD. Als Chef belohnt Maschmeyer, dessen Vermögen auf eine halbe Milliarde Euro geschätzt wird, immer wieder Mitarbeiter für ihre guten Leistungen mit Urlauben auf Mallorca. „Viele von denen kommen dann immer zu uns in die Bar, um was zu trinken", erzählt ­Michael Heinemann, Wirt des „Havanna" in Port d´Andratx.

„Der Bundespräsident hat ein Apartment in Port d´Andratx gemietet und seinen Urlaub privat bezahlt", heißt es auf MZ-Anfrage beim Bundespräsidialamt. Gemeint ist damit womöglich eine der Gästewohnungen in den Nebengebäuden. Über den Mietpreis kann man nur spekulieren.

Maschmeyer und Wulff sind enge Freunde und machen daraus kein Geheimnis. Beide gehören zu der sogenannten Hannover-Connection, einem Netzwerk niedersächsischer Politiker, Unternehmer und Künstler. Dazu gehören auch Altbundeskanzler Gerhard Schröder, Tui-Chef Michael Frenzel und die Mitglieder der Rockband Scorpions um Sänger Klaus Meine. Wulff war es, der damals noch als niedersächsischer Ministerpräsident Maschmeyer mit der Schauspielerin Veronica Ferres am Rande der Berlinale bekannt machte. Heute sind die beiden ein Paar.

Maschmeyer ist langjähriger Sponsor diverser Veranstaltungen der Niedersächsischen Landesregierung, unter anderem des Sommerfestes. Bei den Partys im Hause Maschmeyer in Hannovers Stadtwald gehören die ­Wulffs zu den Stammgästen. ­Beispielsweise bei der traditionellen Saisonabschlussparty von Hannover 96, zu der Maschmeyer die Prominenz der niedersächsischen Landeshauptstadt alljährlich einlädt. Auch beim 51. Geburtstag des Unternehmers waren Wulff und seine Frau am 8. Mai mit dabei. Wulff lud seinerseits Maschmeyer 2008 zu seiner Hochzeit ein und hielt im vergangenen Jahr eine Laudatio, als der gebürtige Bremer von der Universität Hildesheim eine Ehrendoktorwürde verliehen bekam. Wulff charakterisierte seinen Freund als einen Mann, der für Optimismus, Motivationsvermögen und Mut stehe.

Ist so viel Nähe zwischen einem Bundespräsidenten und einem Unternehmer statthaft? In dieser Frage sind in Deutschland ohnehin schon einige Dämme gebrochen. Beobachter verweisen zum Beispiel auf die Freundschaft zwischen Allianz-Vorstand Paul Achleitner und dem damaligen deutschen Außenminister Joschka Fischer. Achleitners Haus befindet sich im Übrigen gleich gegenüber der Maschmeyer-Villa. Laut MZ-Informationen plant Joschka Fischer just dieses Wochenende wieder einen Besuch in Port d´Andratx.

An- und abgereist ist der Bundespräsident wie ein ganz normaler Tourist in einer Chartermaschine. Er soll sogar in den hinteren Reihen des Flugzeugs gesessen haben. Auch das vom Bundespräsidialamt genannte Besuchsprogramm der Familie klingt wie das normaler Urlauber: eine Fahrt mit der Eisenbahn in Sóller, eine Stippvisite in der Kartause von Valldemossa. Ebenso hätten die Wulffs im Nobelviertel Son Vida, Peguera und in Palma vorbeigeschaut, Besuch in der Kathedrale inklusive. Der Bundespräsident habe sich wie immer auf Mallorca sehr wohl gefühlt und gut erholt, ließ seine Pressestelle wissen. Zudem hätten ihn viele deutsche Urlauber auf der Straße angesprochen und ihm zur Wahl gratuliert.

In Port d´Andratx allerdings hat kaum wer den Bundespräsidenten gesehen. Allenfalls seine Frau Bettina wurde mit Söhnchen Linus Florian beim Spaziergang beobachtet. Dass der Bundespräsident dort seinen Urlaub verbrachte, verwunderte selbst Wirt Michael Heinemann, in dessen Bar die Präsenz von Prominenten schnell die Runde macht. „Davon haben wir gar nichts mitbekommen. Das ist schon eigenartig. A-Promis gehen selten unbemerkt an uns vorbei", sagt er.

Wie bedeckt sich Wulff hielt, zeigt auch die Tatsache, dass es zu keinem Treffen mit Vertretern der balearischen Landesregierung kam. Als der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder im Jahr 2000 seinen Sommerurlaub auf einer Finca im Inselinneren verbrachte, aßen der deutsche Regierungschef und der balearische Ministerpräsident Francesc Antich noch gemeinsam zu Mittag. Zudem machten die beiden Sozialisten einen Ausflug zum Cap Formentor. Diesmal war alles anders: „Wir sind von dem Aufenthalt des Bundespräsidenten unterrichtet worden. Der Besuch war rein privater Natur", teilt eine Regierungssprecherin in Palma mit.

So ist es auch kein Wunder, dass die Anwesenheit des deutschen Staatsoberhaupts auch an Andratx´ Bürgermeisterin Isabel Alemany (Unió Mallorquina, UM) ganz und gar vorbeiging. Sie sei prominente und reiche Gäste, die nicht unbedingt erkannt werden wollen, gewöhnt. „Es gefällt ihnen, dass wir nicht viel Aufhebens um sie machen, sondern so sind wie immer", sagt Alemany. In Andratx blieben betuchte und bekannte Ausländer im Gegensatz etwa zu Monte Carlo unerkannt oder unbehelligt. Ein gutes Pflaster für einen deutschen Bundespräsidenten.

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