Das Tribunal Supremo de Justicia, das oberste spanische Gericht, hat am Donnerstag (3.6.) in Madrid die Beibehaltung einer nächtlichen Ausgangssperre sowie die Beschränkungen privater Zusammenkünfte auf Mallorca und den Nachbarinseln für rechtswidrig erklärt. Damit sind beide Restriktionen ab sofort aufgehoben. Die Ausgangssperre sollte ohnehin in der Nacht von Samstag auf Sonntag aufgehoben werden.

Zwei weitere Maßnahmen der Balearen-Regierung - die Auflagen für Gottesdienste sowie die Testpflicht bei Einreise aus dem Inland - genehmigten die Madrider Richter hingegen.

Sowohl die Ausgangssperre als auch die Auflagen für private Treffen stellten einen Eingriff in die Grundrechte ein, zu dem die regionale Gesetzgebung nicht berechtigt sei, so die Richter. Die Balearen hatten diese Restriktionen trotz Aufhebung des Alarmzustandes Anfang Mai beibehalten.

Das Oberlandesgericht in Palma de Mallorca hatte die juristisch höchst umstrittenen Maßnahmen zweimal abgesegnet. Nach dem zweiten Mal wandte sich die balearische Staatsanwaltschaft an den Obersten Spanische Gerichtshof, der nun über die Beschwerde zu entscheiden hatte. Das Urteil hat auch Auswirkungen auf andere spanische Regionen, denen die Ausgangssperre von nun an nicht mehr als Instrument zur Bekämpfung der Pandemie zur Verfügung steht.

Ausgangssperre

Was die Ausgangssperre betrifft, halten sich die praktischen Auswirkungen des Urteils in Grenzen: Das Verbot, sich zwischen 24 Uhr und 6 Uhr morgens ohne triftigen Grund auf der Straße aufzuhalten, läuft ohnehin in der Nacht von Samstag (5.6.) auf Sonntag aus. Nun fällt die Ausgangssperre schon zwei Tage zuvor, in der Nacht von Donnerstag auf Freitag, weg.

Private Treffen

Problematischer für die Balearen-Regierung ist die Rechtswidrigkeit der Einschränkungen privater Treffen. Bislang durften sich auf Mallorca nur maximal sechs Personen in Innenbereichen und bis zu acht Personen im Freien treffen. Für Sonntag (6.6.) war eine Erhöhung dieser Limits geplant, auf zehn Personen in Innen- und 15 Personen in Außenbereichen. Alle diese Einschränkungen dürften nach dem Gerichtsentscheid mit sofortiger Wirkung aufgehoben sein.

Die Richter begründeten ihre Entscheidung folgendermaßen: "Es steht fast außer Frage, dass die Behörden eine Ausgangssperre verhängen dürfen, um einen kleinen lokalen Infektionsherd zu bekämpfen. Ähnlich ist die Beschränkung privater Treffen zu beurteilen. Das Problem sind die Ausmaße, nicht die Intensität der Maßnahmen." Im Klartext hieße das, dass Ausgangssperren und Einschränkungen privater Treffen in bestimmten Orten oder Stadtviertel erlaubt wären, nicht aber allgemein für die gesamte Inselbevölkerung.

Testpflicht und Gottesdienste

Das Tribunal Supremo genehmigte zwei weitere von der Balearen-Regierung nach der Aufhebung des Alarmzustandes beibehalten Restriktionen, die Corona-Testpflicht für Einreisende aus dem Inland sowie die Deckelung der maximal erlaubten Anzahl von Gottesdienst-Besuchern. Die Vorgabe, dass bei Gottesdiensten nur 50 Prozent der Plätze besetzt werden dürfen, läuft ebenfalls in der Nacht von Samstag auf Sonntag aus. Die Testpflicht fúr Einreisende aus dem Inland dürfte die Balearen-Regierung hingegen beibehalten. Geimpfte sind davon kürzlich ausgenommen worden.

Reaktion der Balearen-Regierung

Die Balearen-Regierung reagiert mit einem spontan einberufenen Treffen von Vertretern der Regierung, der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände am sogenannten Runden Tisch. Im Anschluss trat Regierungssprecher Iago Negueruela vor die Presse und erklärte, dass man das Urteil "selbstverständlich akzeptiert", was nicht hieße, dass man "damit einverstanden" sei. Man halte die getroffenen und nun für nichtig erklärten Maßnahmen für "der Situation angemessen". Man werde die Bevölkerung "dazu aufrufen, sich dennoch an diese Empfehlungen zu halten", selbst wenn man sie nun nicht per Verordnung vorschreiben könne. /ck /tg

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