Das sogenannte "Modelo 720" hat in den Jahren seines Bestehens seit 2012 nicht zuletzt ausländischen Mallorca-Residenten das Fürchten gelehrt. Mit dem Modelo war eine Offenbarung der Auslandsvermögen verbunden, bei Fehlern wurden drakonische Strafen fällig. Am Donnerstag (27.1.) nun hat der Europäische Gerichtshof ein Urteil veröffentlicht, nach dem das Modelo 720 in zentralen Aspekten nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Der Anwalt und Steuerberater Alejandro del Campo von DMS Consulting in Palma de Mallorca, der seit Jahren einen juristischen Feldzug gegen das Modelo 720 führt, kann sein Glück im Gespräch mit der MZ kaum fassen. "Heute hat sich gezeigt, dass eben nicht alles rechtens ist im Kampf gegen Steuerbetrug. Man kann nicht einfach derart brutale Sanktionen verhängen."

Das Urteil erklärt nicht das gesamte Modelo 720 für rechtswidrig, sondern die unverhältnismäßig hohen Sanktionen bei Missachtung und den Umstand, dass diese Gesetzgebung keine Verjährung der Steuerpflicht vorsieht. Spanien verstoße damit gegen das Prinzip des freien Kapitalverkehrs. "Bisher konnte Spanien selbst von einem Vermögen, das vor 50 Jahren zustande kam, eine Offenlegung verlangen. Das verstößt klar gegen geltendes Recht", sagt del Campo. Nun rechnet er damit, dass die künftige Verjährungsfrist vier Jahre betragen dürfte, wie in anderen vergleichbaren Fragen auch.

Das sind die Konsequenzen

Allerdings bleibt die Pflicht zur Offenlegung des Auslandsvermögens bis auf Weiteres bestehen. Darauf weist das Steuerbüro European Accounting hin. "Das Finanzamt kann die im Gesetz vorgesehenen Strafen nicht anwenden. Bereits verhängte Strafen müssen annulliert werden. Für Vermögenswerte, die nachweislich zu einem verjährten Zeitpunkt erworben wurden, kann keine Steuer eingehoben werden."

So sieht das auch Alejandro del Campo: "In der Praxis bedeutet das Urteil, dass die Informationspflicht weiterhin besteht, wenn auch ohne die brutalen Sanktionen und Konsequenzen, die sich aus einer Nichteinhaltung ergeben", sagt er der MZ. "Diejenigen, die in den Vorjahren eine Erklärung abgegeben haben, müssen prüfen, ob sie für die Folgejahre oder bereits für 2021 zur Abgabe verpflichtet sind, zum Beispiel weil sie ihre Konten um mehr als 20.000 Euro erhöht haben. Und diejenigen, denen das Finanzamt auf der Grundlage des Modells 720 Steuern oder Strafen abverlangt hat, haben nun eine Grundlage, um das Geld zurückzufordern - auch das, was sie vor über vier Jahre hinaus bezahlt haben."

So exorbitant hoch waren die Strafen

Das Urteil nimmt auch Bezug auf die äußerst hohen Strafzahlungen, die auf Menschen zukamen, die dem Fiskus bewusst oder unbewusst Informationen über Auslandsvermögen vorenthielten und erklärt diese für rechtswidrig. Teilweise überstiegen die Sanktionen den Wert des Vermögens oder näherten sich diesem zumindest an. Del Campo berichtete der MZ 2021 von dem Fall einer Belgierin, die in Spanien lebt und eine Erbschaft von knapp 800.000 Euro in Belgien gemacht hatte. Der Frau waren Strafzahlungen von 710.000 Euro ins Haus geflattert, weil sie das Modelo 720 nicht ausgefüllt hatte. 

Das Modelo 720 muss üblicherweise bis zum 31. März für das Vorjahr eingereicht werden und gilt für Steuerresidenten in Spanien, sofern ihr Vermögen in einer der drei Gruppen Konten, Immobilien oder Wertpapiere die Summe von 50.000 Euro übersteigt. Das bedeutet zum Beispiel: Wer auf Konten in Deutschland 46.000 Euro hat und Aktien im Wert von 42.000 Euro besitzt, ist nicht verpflichtet, das Modelo 720 auszufüllen. Wer dagegen nur ein Konto besitzt, auf dem allerdings 51.000 Euro liegen, der muss die Erklärung an das Finanzamt abgeben.

Lange juristische Vorgeschichte

Die gerichtliche Auseinandersetzung um das Modelo 720 hat eine lange Vorgeschichte. Bereits im Februar 2013 klagte Alejandro del Campo gegen die Offenbarung des Auslandsvermögens. Im November 2015 eröffnete die EU-Kommission in dieser Angelegenheit ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien. In deren Folge setzt Brüssel der spanischen Regierung 2017 eine Frist, die Gesetzeslage zu ändern.

Madrid aber ließ diese Frist verstreichen. 2018 veröffentlichte die EU-Kommission eine ausführliche Stellungnahme zum Thema. Im Juni 2019 verklagte Brüssel Spanien dann vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) .