Achtung, Allergiegefahr: Für wen die Prozessionsspinnerraupen auf Mallorca besonders gefährlich werden

Die "procesionarias" sind schon seit Wochen auf Wanderschaft. Für viele sind die Tiere mit den giftigen Härchen einfach nur nervig, für andere können sie zu einem echten Gesundheitsrisiko werden

Alle Jahre wieder sorgen die Prozessionsspinnerraupen gegen Ende des Winters für Ärger auf Mallorca. Dieses Jahr kommen die haarigen Insekten, die sich in der Regel in langen Reihen hintereinander her von ihren Nestern in den Aleppokiefern hinunter zur Erde bewegen, um sich dort zu vergraben, in noch größeren Mengen vor als sonst. Das Problem: Die durchsichtigen Härchen der Insekten tragen Giftstoffe in sich, die bei Menschen und Haustieren allergische Reaktionen auslösen. Laut Albert Oehling, dem Vorsitzenden der balearischen Allergie-Vereinigung, sind vor allem jene Menschen besonders gefährdet, die ohnehin mehrere Allergien haben.

"Das Immunsystem eines Organismus, der bereits an anderen Allergien leidet, reagiert oft heftiger als das von Menschen ohne weitere Allergien", so Oehling. Zwar wolle er Panik vermeiden, dennoch betont er, dass immer wieder Fälle aufträten, in denen die mit den Härchen in Kontakt gekommenen Personen eine sogenannte Anaphylaxie entwickelten. Diese akute allergische Reaktion kann den ganzen Körper betreffen und im schlimmsten - wenn auch seltenen - Fall sogar zum Tod führen. "Ich rate allergiegeplagten Menschen dazu, sich in dieser Jahreszeit nicht in der Nähe von Mittelmeerkiefern aufzuhalten und immer ein Antihistaminikum dabei zu haben", so Oehling

Kein Entkommen

Abgesehen von diesen Extremfällen sind die Raupen für viele Menschen, die in der Nähe von Aleppokiefern wohnen, spazieren gehen oder arbeiten vor allem nervig. Da die Härchen durch den Wind durch die Luft getragen werden gibt es kaum jemanden, bei dem es in dieser Zeit nicht plötzlich zu jucken beginnt. In der Regel verschwinden die typischen unangenehmen Pocken spätestens nach zwei Tagen wieder, der Juckreiz klingt meist schon nach wenigen Stunden ab.

Dass die Hitze des vergangenen Sommers die hohe Fruchtbarkeit der Tiere nicht wie ursprünglich angenommen gehemmt hat, führt in der Wissenschaft zu neuen Hypothesen. "Wir waren immer vom Gegenteil ausgegangen", so der Zoologie-Professor der Balearen-Universität Miguel Ángel Miranda. Gleichzeitig habe man die Tiere in den vergangenen Jahren jedoch auch in höheren und kälteren Gegenden Europas entdeckt, in die sie bisher nicht vorgedrungen waren. Zudem hätten die Tiere ihren Reproduktionszyklus angepasst. Statt sich wie früher üblich im heißen August zu vermehren, sei dies auf Mallorca nun eher Anfang September der Fall.

"Spektakuläre Spezies"

Trotz ihrer unbestreitbaren Nachteile für Mensch und Haustier wird Miranda nicht müde, die Faszination zu betonen, die die Prozessionsspinnerraupen (Spanisch: procesionarias) auf ihn ausüben. "Diese Spezies ist spektakulär. Die erwachsenen Tiere schlüpfen in Form von Nachtfaltern im Sommer aus ihren Kokons, paaren sich und bringen die Eier hinauf in die Kiefern. Später spinnen sie dort aufwändige Seidennester, um die Eier vor der Kälte des Winters zu schützen. Allerdings haben wir dieses Jahr gesehen, dass sie weniger Seide benutzen, da die Temperaturen nicht sehr niedrig waren."

Interessant: Während in der Gegend um Cala Pi und Marratxí in diesem Jahr deutlich mehr Prozessionsspinnerraupen gesichtet wurden, scheint die Population in Calvià und el Toro im Südwesten von Mallorca leicht zurückgegangen zu sein. Mit verschiedenen Methoden versuchen die öffentliche Verwaltung, aber auch immer mehr Privatleute, gegen die Vermehrung der Prozessionsspinner vorzugehen, darunter mit Giftspritzen, in die Kiefern injiziert werden oder durch Schrotladungen, die auf die Nester in den Bäumen abgefeuert werden.  /somo

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