Josep Castells ist der Initiator des Vorstoßes, den Immobilienverkauf an Ausländer auf den Balearen zu begrenzen. Der 51-jährige Unternehmer aus Barcelona lebt seit knapp 17 Jahren auf Menorca und ist Abgeordneter für Més per Menorca im Balearen-Parlament. Im Gespräch mit der MZ erklärt er die Beweggründe für seinen Vorschlag.

Sie setzen ein Thema auf die Agenda, dessen Umsetzung mit derzeitigem EU-Recht nicht denkbar ist. Warum tun Sie das?

Es ist richtig, dass mein Vorschlag zum momentanen Zeitpunkt nicht umsetzbar ist. Allerdings ist es in Europa bereits Konsens, dass der Massentourismus das Leben der Einheimischen an vielen Orten beeinträchtigt. Ein Beispiel: die italienische Region Cinqueterre. Das sind fünf pittoreske Dörfer mit 5.000 Einwohnern, die im Jahr drei Millionen Urlauber empfangen. Es scheint eine Anekdote zu sein, aber diese Situation ist inzwischen symptomatisch für zahlreiche Orte in Europa. Das heißt, es muss Ausnahmen bei Aspekten der Freizügigkeit innerhalb von Europa geben, wenn das Gleichgewicht zwischen Einheimischen und Urlaubern gestört ist. Der massenhafte Kauf von Zweitimmobilien an touristischen Orten macht es für die Einheimischen unmöglich, sich einen Erstwohnsitz zu leisten. Und nur weil momentan eine Begrenzung nicht denkbar ist, heißt das ja nicht, dass sie nicht in ein paar Jahren möglich ist. Auch bei anderen Dingen, wie etwa dem Umweltschutz, hätte man vor Jahren nicht gedacht, dass einmal gewisse Beschränkungen eingeführt werden würden.

Was verleiht Ihnen diese Zuversicht?

Es ist zum einen ein Thema, das viele Orte in Europa betrifft. Und zum anderen ist es inzwischen für die Einheimischen oft nicht mehr möglich, mit den Auswärtigen mitzuhalten, wenn es um die Immobilienpreise geht. Deshalb wäre es wichtig, dass nur ein gewisser Prozentsatz der in einer Region verfügbaren Immobilien Zweitwohnsitze sein dürfen. Das ist die Idee, die wir entwickeln wollen. Unsere Arbeit als Politiker besteht doch zu einem Teil auch darin, Dinge aufzuspüren, die nicht funktionieren, und Lösungen dafür zu suchen. Unser Vorschlag ist für alle Seiten von Vorteil. Auch für die Zweitwohnungsbesitzer ist es doch authentischer, wenn sie nicht in einem Themenpark aus Zweitwohnsitzen leben.

Hatten Sie schon Kontakt zur EU oder zur spanischen Regierung wegen dieses Themas?

Nein, noch nicht. Wir hatten zunächst einmal ein Treffen mit unserem zuständigen Europa-Abgeordneten, der das Anliegen an Brüssel herangetragen hat. Das ist ja ein Thema, das nicht ein Land allein entscheiden kann. Es betrifft die Freizügigkeit und den freien Kapitalverkehr innerhalb von Europa.

"Dahinter steckt null Ausländerfeindlichkeit."

Wie geht es jetzt weiter?

Wir haben zunächst einmal im Balearen-Parlament den Antrag eingebracht, um eine Expertengruppe zusammenzustellen, die die Problematik analysieren und dann die rechtlichen Hürden identifizieren soll, die eine Begrenzung der Immobilienverkäufe an Auswärtige verhindern. Auch sollen die Erfahrungen anderer Länder geprüft werden, die bereits Beschränkungen eingeführt haben. Außerdem müssen wir uns genau damit vertraut machen, in welchem Artikel derzeit festgehalten ist, dass es eine Beschränkung nicht geben kann.

Wer ist Teil dieser Arbeitsgruppe, die diese Dinge analysiert?

So weit ich weiß, ist die Arbeitsgruppe noch nicht zusammengestellt. Die Regierung hat ein halbes Jahr Zeit, um sie ins Leben zu rufen. Wer Teil der Gruppe sein wird, kann ich noch nicht sagen. Ich gehe davon aus, dass es vor allem Juristen sein werden und eventuell Vertreter der Immobilienbranche. Wir von Més per Menorca verfolgen sehr genau, was mit diesem Thema passiert, und müssen dahinterher sein, dass die Arbeitsgruppe wirklich gegründet wird.

Wieso schieben Sie den Schwarzen Peter den Ausländern zu? Auch viele Balearen-Bürger oder Festlandspanier haben Zweitwohnungen auf den Inseln.

Mir ist es sehr wichtig, klarzustellen, dass es bei diesem Thema nicht allein um die Ausländer geht. Es geht mir genauso um eine Beschränkung der Zweitwohnsitze an Nicht-Residenten. Das war ein Fehler unsererseits, denn im Entwurf war nur von Ausländern die Rede. Worum es eigentlich geht, ist, dass man ein Minimum an Wohnraum für die Residenten garantieren muss, bevor man an Nicht-Residenten verkauft.

"Unsere Arbeit als Politiker besteht doch zu einem Teil auch darin, Dinge aufzuspüren, die nicht funktionieren, und Lösungen dafür zu suchen."

Das ist bisher aber so nicht klar geworden, Sie wurden bereits als ausländerfeindlich betitelt aufgrund Ihres Vorschlags.

Ja, das ist bedauerlich. Es handelt sich um einen konzeptuellen Fehler unsererseits. Dahinter steckt null Ausländerfeindlichkeit. Es geht einzig darum, den Menschen, die das ganze Jahr hier leben, einen großen Teil des verfügbaren Wohnraums zur Verfügung zu stellen. Es stört uns ausdrücklich nicht, dass Menschen aus anderen Orten kommen. Aber es gibt viele Menschen, die rechtswidrig ihre Zweitwohnungen für die Ferienvermietung nutzen.

Bleiben wir bei den Ausländern. Diese haben den Balearen vergangenes Jahr 334 Millionen Euro an Grunderwerbsteuer für den Immobilienverkauf eingebracht, rund 40 Prozent der Gesamtsumme. Können die Inseln auf diesen Betrag verzichten?

Ein Teil dieser Summe stammt von Leuten, die ihren Erstwohnsitz auf den Inseln kaufen. Damit sind wir komplett einverstanden. Außerdem besteht ein grundsätzlicher Fehler der Politik darin, zu glauben, dass alles unter finanziellen Gesichtspunkten betrachtet werden muss. Mit Wohnraum darf man kein Geschäft machen.

"Wir befinden uns im Klimanotstand. Die Lösung kann deshalb nicht lauten: Wir bauen mehr Wohnungen und stecken dort mehr Leute rein. "

Ein Ziel der Begrenzung der Immobilienverkäufe an Auswärtige ist ja, dass die Wohnungspreise für Einheimische wieder sinken. Aber die hohen Preise sind auch ein Problem des geringen Angebots an Bauland.

Bauland gibt es genügend. Und wenn nicht gebaut wird, dann sind es nun mal die Grundstückspreise, die genau das verhindern. Somit haben dann erneut Menschen mit einem durchschnittlichen Gehalt keinen Zugang zu Wohnraum.

Aber die Zielgruppen überschneiden sich ja kaum. Einheimische und auswärtige Käufer sind üblicherweise nicht auf demselben Markt unterwegs.

Das würde ich so nicht unterschreiben. Klar, der eine auswärtige Käufer legt sich eine Villa mit Schwimmbad zu, aber der andere kauft vielleicht ein Apartment in einer Wohnanlage, das auch einen einheimischen Kunden interessiert. Außerdem verschieben sich die Kategorien. Wenn ein reicher Auswärtiger aufgrund der gestiegenen Preise auf einmal nicht mehr die Villa mit Schwimmbad kaufen kann, sondern nur noch ein normales Haus, und derjenige, der das Haus kaufen wollte, nur noch das Apartment bezahlen kann, dann bleibt für die Leute von hier nur die Resterampe übrig.

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Aber wäre es nicht einfacher, statt des Versuchs, etwas zu verbieten, den Einheimischen mehr Bauland oder Wohnungen zu vergünstigten Bedingungen bereitzustellen?

Klar kann man sich auch andere Ansätze überlegen. Aber wir dürfen ja einen anderen Aspekt nicht vergessen: Wir befinden uns im Klimanotstand. Die Lösung kann deshalb nicht lauten: Wir bauen mehr Wohnungen und stecken dort mehr Leute rein. Wir müssen weniger Ressourcen verbrauchen, benötigen einen schonenderen Tourismus.

Es gibt ja bereits Regionen in Europa, die einen Immobilienerwerb durch Nicht-Residenten begrenzt haben. In Tirol allerdings gibt es auch viele Betrugsfälle. Ausländer kaufen beispielsweise Wohnungen über Gesellschaften. Wie wollen Sie das auf den Balearen kontrollieren?

Darüber haben wir bisher nicht gesprochen. Aber es stimmt, dass es das Problem in Tirol gibt. Wir wissen natürlich, dass wir uns auch Gedanken darüber machen müssen, wie man Betrug in diesen Fällen vermeiden kann.