Immobilienmarkt Mallorca: "Anstieg der Mieten von fast 15 Prozent"

Der neue Sprecher des Verbands der Immobilienmakler auf den Balearen, José Miguel Artieda, im Interview

José Miguel Artieda.

José Miguel Artieda. / B.RAMON

F. Guijarro

José Miguel Artieda hat den Vorsitz des Verbands der Immobilienmakler auf den Balearen übernommen und damit Natalia Bueno abgelöst - seine Vorgängerin ist nun Vizepräsidentin, die beiden haben ihre Rollen somit getauscht. Im Interview mit der MZ-Schwesterzeitung "Diario de Mallorca" analysiert Artieda die Entwicklung im Mietmarkt, die Wohnungsnot und die Antworten der Politik.

Aus den jüngsten Berichten der Immobilienportale geht hervor, dass es sehr schwierig ist, auf Mallorca eine Immobilie für weniger als 600 Euro pro Monat zu finden. Welche Zahlen haben Sie?

Selbst dieser Preis überrascht mich. Wir haben Anfragen von Familien, die eine Wohnung für 800 oder 900 Euro pro Monat suchen, denen wir nicht nachkommen können. Es gibt Menschen, die hierher kommen wollen, um zu arbeiten, aber nichts unter diesen Preisen finden.

Welche Gebiete der Insel sind am stärksten von dem Problem betroffen?

Da gibt es keine großen Unterschiede. Das Problem ist so weit verbreitet, dass bereits überall gesucht. Am schlimmsten ist es zwischen Palma und Inca und in dem gesamten Gebiet an der Zugstrecke nach Inca, aber es ist ein generelles Problem.

Ist das nachhaltig?

Nein, das ist es nicht. Die Balearen-Bevölkerung wächst um 15.000 bis 20.000 Menschen pro Jahr. Bei einem Durchschnitt von 2,5 Personen pro Wohnung bedeutet dies einen Bedarf von 8.000 Wohnungen pro Jahr, die wir nicht haben. Wir sprechen derzeit von einem Defizit von 20.000 Wohnungen.

Was machen wir mit den jungen Leuten, die mit ihrem Gehalt nicht in der Lage sind, diese Kosten zu tragen?

Für dieses Segment sollte ein anderer Ansatz gewählt werden, mit neuen Formeln und einem Finanzierungsplan.

Wie werden sich die Mietpreise in diesem Jahr voraussichtlich entwickeln?

Ich befürchte leider, dass wir einen Anstieg von fast 15 Prozent oder sogar noch mehr erreichen könnten, wenn wir nicht handeln.

Das Problem wird dadurch verschärft, dass wir viele Arbeitnehmer aufnehmen müssen, die während der Tourismussaison aus anderen Regionen kommen.

Ja, immer mehr Unternehmen der Tourismusbranche bitten uns, Unterkünfte für ihre Mitarbeiter zu mieten. Sie bieten alle möglichen Garantien, um sie zu bekommen. Es gibt eine große Nachfrage von Unternehmen, die Probleme bei der Suche nach qualifiziertem Personal erwarten, und auch diese Anfragen beginnen immer früher.

Verschlimmern wir damit nicht das Problem für die Einwohner?

Es ist ein Teufelskreis. Das ist das Grundproblem, das wir angehen sollten. Wir brauchen einen guten Wirtschaftsplan für die Zukunft. Mehr Touristen erfordern mehr Arbeitskräfte, und auch die Belegungszahlen steigen ständig.

Wurde die Vermietung an Touristen wirklich eingeschränkt?

Im Fall der Mehrfamilienhäuser sind es weniger geworden. Die Langzeitmiete ist vor allem aus steuerlicher Sicht vorteilhafter, also gemäß der Ley de Arrendamientos Urbanos. Zudem gibt es bei der Ferienvermietung oft Spannungen mit den Nachbarn. Die Vermieter wollen keine Probleme. Eine andere Sache sind Immobilien auf dem Land, wo es alle möglichen Angebote für Ferienvermietung gibt. Sie wuchern weiter, und in einigen Fällen im ungesetzlichen Bereich.

Wie steht es um den Kaufmarkt der Bestandsimmobilien? 

Es gibt viel mehr Nachfrage als Angebot, das ist offensichtlich. Zur Zeit der Krise wurden auf den Inseln etwa 10.000 Wohnungen pro Jahr verkauft, was keine geringe Zahl ist. Seit 2017 sind es zwischen 15.000 und 18.000 Wohnungen pro Jahr, gleichzeitig werden 2.500 neue in Angriff genommen.

Wie stark dürften die Kaufpreise für Bestandsimmobilien in diesem Jahr noch steigen?

Die Situation ist etwas stabiler als bei den Mietwohnungen. Die Prozentsätze liegen zwischen 7 und 8 Prozent, wobei wir uns in einem Umfeld hoher Inflation befinden. Auf jeden Fall gilt der Wohnungsmarkt als sichere Anlage und wird weiter wachsen.

Wir stellen allmählich eine Verlangsamung des Erwerbs von Wohneigentum fest. Wird sich dieser Trend in diesem Jahr fortsetzen?

Da kommen viele Faktoren zusammen. Einer der wichtigsten ist, dass es kaum Angebot gibt und daher auch wenig verkauft wird. Auch der Anstieg der Hypothekenzinsen lässt potenzielle Käufer zweimal überlegen.

Arbeitgeberverbände im Immobiliensektor kritisieren ein Versagen der derzeitigen Regierungspolitik im Wohnungsbau. Stimmen Sie dem zu?

Es ist Luft nach oben, die politischen Prognosen haben sich nicht erfüllt. Der Bau von Sozialwohnungen blieb weit hinter den Ankündigungen zurück, und die sogenannten Enteignungen von Großgrundbesitzern auf Zeit waren minimal und haben überhaupt nicht geholfen. Die Regierung sollte an den Runden Tisch für den Wohnungsbau laden und zumindest die Experten des Sektors wie die Immobilienmakler anhören. Bislang hat man uns in dieser Frage nur wenig zugehört.

Ich würde gerne Ihre Meinung zu einigen konkreten Maßnahmen erfahren. Die erste betrifft das Limit für neue Erschließungsgebiete.

Ich sehe darin nicht viel Sinn. Man hätte stattdessen Anreize für die Bebauung steuern sollen. Meiner Meinung nach waren weder die Form noch der Zeitpunkt richtig. 

Die Begrenzung ausländischer Käufe.

Das ist schwierig umzusetzen und von zweifelhafter Wirksamkeit. Maßnahmen dieser Art sollten sorgfältig geprüft und nach Möglichkeit vermieden werden. Die Zentralregierung hat bekräftigt, dass sie diese Initiative nicht unterstützt, da sie die Einstimmigkeit der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union erfordert, was nicht durchführbar ist. Außerdem ist die Wirksamkeit zweifelhaft. Die Preise in den Ländern, wo ein Limit angewandt wurde, sind weiter gestiegen sind. Außerdem führen solle Initiativen zu Konflikten.

Die Umwandlung von Containern in Wohnraum.

Das Wort "Container" allein sagt noch nichts darüber aus, was unter einer angemessenen Unterkunft zu verstehen ist. In jedem Fall obliegt es den Experten, zu beurteilen, ob die Kriterien für die Bewohnbarkeit erfüllt sind. Meines Erachtens ist dies eine Idee, die vorgebracht wurde, ohne gut ausgearbeitet zu sein.

Die Steigerung der Energieeffizienz und des Eigenverbrauchs: wird das nicht das Problem der Immobilienpreise verschärfen?

Hoffen wir, dass es einen Ausgleich für die von den Eigentümern getätigten Investitionen in den Wohnungsbau geben wird. Und hoffen wir, dass die Bemühungen bei der Verteilung von Finanzhilfen viele Eigentümer dazu bringen, in diesen Aspekt zu investieren und den möglichen Preisanstieg zu minimieren.

Was hätte passieren müssen, um die Wohnungsnot zu lindern? Die Immobilienbranche fordert schon seit einiger Zeit die Umwandlung von Gewerbeflächen in Wohnungen, die Ausweitung der erlaubten Gebäudehöhe oder kleinere Wohneinheiten.

Alle diese Maßnahmen, die Sie aufgezählt haben, werden von den Fachleuten unserer Branche vorgeschlagen. Die Umwandlung von Gewerbe- und Büroräumen unter bestimmten Bedingungen wäre positiv. Es stimmt, dass in einigen Straßen die kommerzielle Aktivität aufrechterhalten werden muss. Aber es gibt auch andere, die verödet sind, und in diesen könnte diese Maßnahme in Betracht gezogen werden. Es ist nicht einfach, die erlaubte Höhe von bestehenden Gebäuden zu erweitern. Bei Neubauprojekten ist es einfacher und könnte interessant sein, obwohl derzeit nur wenige gebaut werden. Und die Eigentümer leer stehender Wohnungen sollten durch steuerliche Maßnahmen und Zahlungsgarantien dazu angehalten werden, alle diese Objekte zu erschwinglichen Preisen auf den Mietmarkt zu bringen, unabhängig davon, wie viele Immobilien sie besitzen.

Der Immobilienmarkt verändert sich nur langsam. Wird sich die Lage in vier Jahren die Wohnungsnot verbessert haben?

Das hängt vom Willen der Regierenden ab. Wenn wir so handeln, wie ich es zuvor gesagt habe, müssten wir verhindern können, dass alle Inseln in eine Situation wie die von Ibiza geraten, auch wenn die Probleme bereits Mallorca und Menorca erreichen. 

Wenn eine Branche einen Aufschwung erlebt, legen auch die unseriösen Geschäftemacher zu. Gibt es dieses Problem auf den Balearen?

Ja, es ist schockierend, dass die Tätigkeit des Immobilienverkaufs, bei der man sich mit städtebaulichen, rechtlichen und steuerlichen Fragen auseinandersetzen muss, nicht geregelt ist. Der unlautere Wettbewerb ist offensichtlich. Es gibt Fälle, in denen Ihnen eine Wohnung mit Garage angepriesen wird und Sie nach Unterzeichnung des Kaufvertrags feststellen, dass Sie die Garage nicht gekauft haben. Das Gleiche passiert manchmal mit Abstellräumen. Bei Immobilien auf dem Land muss man sehr darauf achten, dass alles legal ist.

Auf den Balearen wird bald eine Verordnung für Ihren Sektor in Kraft treten. Was ist zu erwarten?

Das ist gut für die Qualität. Der Bürger wird am meisten davon profitieren. Die Grundlagen für die Berufsausübung werden festgelegt, wie z. B. der Abschluss einer Haftpflichtversicherung, und die Verpflichtungen gegenüber dem Verbraucher in Bezug auf die Beratung werden erhöht. Die Qualifikation der der Branchenvertreter wird sichergestellt. Wir erwarten das Inkrafttreten im kommenden Monat.

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