Francisco Fullana, das ist Mallorcas schon längst erwachsenes Wunderkind. Der 26-jährige Geiger aus Palma lebt in New York und studiert an der South Californian University in Los Angeles. Am kommenden Donnerstag (7.4.) tritt er gemeinsam mit den Balearen-Sinfonikern auf, zwei Tage später bestreitet er den Auftakt des diesjährigen Pianino-Festivals in der Kartause von Valldemossa. Obwohl Fullana am Mittwoch (23.3.) von einem Konzert in den USA zu einem anderen nach Japan flog, fand er Zeit, um die MZ-Fragen schriftlich zu beantworten.

Sie kehren wieder einmal auf die Insel zurück. Wie fühlt sich das an für jemanden, der mit den großen Orchestern der Welt auftritt?

Auf Mallorca zu spielen, ist etwas ganz Besonderes für mich. Meine Karriere war immer sehr eng an die Sinfoniker gekoppelt. Bei meinem ersten Solo-Auftritt mit ihnen war ich neun Jahre alt, so etwas vergisst man nie. Ich erinnere mich noch gut, wie wir damals das Konzert No. 5 von Mozart spielten. Die Mitglieder der Sinfoniker sind meine musikalische Familie, meine Vorbilder. Es sind großartige Musiker, die darin aufgehen, Woche für Woche, ihr Bestes zu geben. Nur so dringt man in die Herzen des Publikums vor.

Sie werden das Konzert mit einem speziellen Instrument bestreiten.

Ich werde eine Stradivarius „Rainville" aus dem Jahr 1697 spielen, die mir der Geigenbauer Nippon Violin zur Verfügung gestellt hat, weil ich vergangenes Jahr den Internationalen Violinenpreis Munetsugu in Japan gewonnen habe. Dieses Ins­trument zu spielen und zu hören, ist echter Luxus und eine große Ehre. Wie ein Traum, der für mich und die Klassikfans wahr geworden ist.

In diesem Jahr sind Sie Artist in Residence bei den Sinfonikern. Was bedeutet das konkret für Sie?

Ich arbeite deutlich enger mit den Sinfonikern zusammen als zuvor. Neben den Konzerten, die ich mit ihnen hier spiele, werde ich im Sommer mit verschiedenen Mitgliedern auch Kammermusik auf dem Castell Bellver spielen. Derzeit arbeite ich an einem Projekt, das ich bald dem musikalischen Leiter Pablo Mielgo vorstellen will. Es geht darum, dass die großen Solisten, die im Lauf der Saison bei den Sinfonikern zu Gast sind, sich auch an der Ausbildung der Schüler in der Akademie der Sinfoniker beteiligen. Große Bedeutung hat dabei das Thema Kammermusik. Ich glaube, dass die Zusammenarbeit zwischen Sinfonikern, ­Konservatorium und der Akademie vielfältige Möglichkeiten für unsere jungen Musiker bietet.

Wie schätzen Sie das Niveau der Balearen-Sinfoniker im weltweiten Vergleich ein?

In den vergangenen 16 Jahren, die ich mit den Sinfonikern erlebt habe, hatten wir stets das Glück, ein großartiges Ensemble zu haben, das sich nicht hinter den großen Sinfonieorchestern in Europa und den USA verstecken muss. Das Orchester verfügt in allen Instrumenten über tolle Musiker und über einen Konzertmeister von allererster Güte, Smerald Spahiu. Und seit Pablo Mielgo und Joji Hattori für die Leitung der Sinfoniker zuständig sind, tut sich viel für die internationale Ausrichtung.

Das Konzert in der Zelle von Valldemossa geben Sie wohl eher aus persönlicher Freundschaft zum Organisator Josep Fiol als aus finanziellen Gründen ?

Die Konzerte beim Pianino-Festival sind magisch, weil sie in der Chopin-Zelle stattfinden. Dort steht noch heute das Pleyel-Klavier, das Chopin in jenem Winter 1838 selbst spielte und mit dem er einige seiner bekanntesten Werke, wie etwa die Preludien, komponiert hat. Ich bin sicher, dass viele Pianisten aus aller Welt sogar dafür zahlen würden, einmal in der Chopin-Zelle zu spielen. Hinzu kommt, dass das Pianino-Festival sich inzwischen einen Namen gemacht hat, neben anderen Festivals auf Mallorca wie dem Internationalen Musikfestival in Port de Sóller, wo ich im Oktober auftreten werde. Außerdem sind die Gagen beim Pianino durchaus mit denen ähnlicher Veranstaltungen vergleichbar. Aber ja, nicht zuletzt eint mich eine tiefe Freundschaft mit den Organisatoren Josep Fiol und Gabriel Quetglas, zwei große Musikliebhaber.

Das Violinkonzert von Sibelius gilt als technisch hoch anspruchsvoll. Was bedeutet Ihnen das Werk?

Es kombiniert technischen Anspruch an den Solisten mit einer romantischen Interpretation seitens des Ensembles und zieht Musiker wie Publikum sofort in seinen Bann. Ich habe eine große Zuneigung zu diesem Violinkonzert entwickelt, weil ich es seit 2012 - damals mit dem Sinfonie­orchester von Vancouver - oft gespielt habe. Der Auftritt hatte damals einen Riesenerfolg bei ­Publikum und Kritikern. Dadurch, dass Sibelius selbst Geiger war, kannte er die gesamte Bandbreite der Gestaltungsmöglichkeiten seines Instruments. Deshalb bestimmt die Violine das Werk von Anfang bis Ende und ist perfekt mit dem Ensemble abgestimmt.

Werden Sie das Original von 1903 oder eine überarbeitete Version spielen?

Sibelius hat die ursprüngliche Ver­sion mehrfach umgeschrieben, bis er mit der bis dato letzten Version zufrieden war. Deshalb wird diese normalerweise auch gespielt, auch wir interpretieren die neueste Fassung. Das Original wurde bisher nur ganz selten aufgeführt.

Sie leben in den USA. Wie wird dort die klassische Musik gelebt?

Ich lebe jetzt seit zehn Jahren in New York. In den USA spielt die Musik ähnlich wie in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine herausragende Rolle in der Kulturszene. Es sind Länder, in denen die musikalische Ausbildung wichtig ist und Prestige genießt. Es wird viel von uns Musikern verlangt, aber wir haben durch die zahlreichen Orchester und die große Fangemeinde auch großartige Möglichkeiten. Jede noch so kleine amerikanische Stadt besitzt ein Sinfonieorchester und daran angeschlossene Jugendensembles. Die meisten Konzerte sind ausverkauft.

Sie sind ein unruhiger Geist. ­Welche Aufgaben warten in näherer Zukunft auf Sie?

Ich habe gerne immer mehrere Projekte gleichzeitig am Laufen, sowohl als Solist als auch als Kammer­musiker. Nach dem Konzert in Palma steht eine Kammermusik-Tournee an der Ostküste der USA an. Unter anderem treten wir in der Carnegie Hall in New York auf. Danach interpretiere ich die Neufassung der „Vier Jahreszeiten" von Max Richter und debütiere in Mexiko mit dem Violinkonzert von Strawinsky. Im Sommer initiiere ich das erste Festival der Kammermusik und Ausbildung in San Antonio. Die Ausbildung von jungen Menschen ist mein großes Anliegen. Das hat mir meine Lehrerin Midori Goto mitgegeben.