Vielleicht ist eine Portion Naivität einfach notwendig, um eine Sammlung an humanistischen Fotografien anzulegen. Das will Michael Horbach auch gar nicht bestreiten. „Ich sehe das aber als etwas Positives an. Genauso wie wenn man Gutmensch sagt und es als Schimpfwort meint. Da frage ich: Soll ich mich lieber als Schlechtmensch bezeichnen?"

Eigentlich sei seine Sammlung aber eher neohumanistisch: Die Schönheit, das Leben, die Seele der Menschen, aber auch die Wunden der Welt vereint die Aufnahmen, die Horbach gesammelt hat. Eine Auswahl wird ab Samstag (19.1.) um 12 Uhr unter dem Titel „Anhel" (katal. für Sehnsucht) im Casal Solleric in Palma de Mallorca gezeigt. Es ist im Wesentlichen die gleiche Ausstellung wie Horbach sie vor anderthalb Jahren in den Ausstellungsräumen seiner Stiftung in Köln gezeigt hatte - minus 20 Werken, die aus Platzgründen nicht reingenommen wurden.

Große Namen stehen nicht im Mittelpunkt

Schlüsselwerke der Sammlung würden da gezeigt, so wurde die Ausstellung damals in Köln beworben. Der Fotografie-Historiker Hans-Michael Koetzle hat die Bilder für die Ausstellung ausgesucht. „Er hat bewusst die Ikonen wie Werner Bischof oder Helmut Newton ausgelassen", sagt Horbach. „Koetzle sagte, die seien schon oft genug gezeigt worden. Stattdessen war er überrascht, dass er Bilder fand, die ihn faszinierten - von deren Machern er aber noch nie etwas gehört hatte. Und Koetzle kennt ja eigentlich alle."

Dennoch sind große Namen dabei. Sebastiao Salgado etwa oder auch Pep Bonet, der Mallorquiner. Aber darum geht es eigentlich nicht. Horbach sammelt nicht als Kapitalanlage. Dem ehemaligen Unternehmensberater, der seit über 20 Jahren ein Haus bei Santa Maria hat, geht es um die Kunst. „Ich habe immer gesagt, Kunst müsse der letzte Hort außerhalb unseres kapitalistischen Systems sein", sagt er. „Ich kaufe lieber zehn Bilder zu jeweils tausend Euro als eins für Zehntausend Euro." Horbach will sich nicht von Trends leiten lassen, sondern nur von seinem Geschmack. „Gegen den Strich sammeln", nennt er das. In der Praxis hieß das vor allem, dass Horbach sich auf lateinamerikanische Fotografie spezialisierte, die bis dahin wenig Beachtung fand.

Ist Fotografie Kunst?

Dass Horbach mal bei der Fotografie landen würde, war nicht ausgemacht. Ende der 80er-Jahre führte er eine Kunstgalerie, „quasi als Hobby", wie er sagt. „Damals kam die Frage auf: Ist Fotografie Kunst? Und ich hätte damals wohl eher nein gesagt." Aber schon die letzte Ausstellung 1991 habe er mit Fotografien gemacht. „Und eigentlich habe ich ab da kaum was anderes gesammelt." Es sei allerdings eine bestimmte Art von Fotografie, die ihn begeistere. „Im Grunde ist es Fotografie, die erzählt. Sie erzählt vom Leben, sie erzählt von Schicksalen, sie erzählt von Sehnsucht. Von anderen Kulturen, anderem Menschenschlag, anderen Gerüchen, anderem Licht." Er wolle Bilder erwerben, die ihn an Orte mitnehmen, an die er selbst vielleicht gar nicht hinreisen könnte.

Die Wunden der Welt kommen in der Sammlung vor, aber Horbach kauft eigentlich keine Bilder, die exzessives Leid zeigen. „Das passiert intuitiv. Ich möchte alle Bilder, die ich erwerbe, auch bei mir aufhängen können. Und jeder hat eine Grenze, bei der er sagt: Das kann ich nicht ertragen."

Die Ausstellung in Palma wird von der Kunsthistorikerin Pilar Rubí kuratiert. Sie hat die fünf Räume des ersten Stockwerks des alten Stadtpalastes, die für die Ausstellung zur Verfügung stehen, in Themengebiete unterteilt. „Zwischen Licht und Schatten" zeigt unter anderem Werke der Mexikanerin Flor Garduño. „Das Leben trotz allem" zeigt unter anderem mit Arbeiten von Marcos Zimmermann, wie der Mensch landschaftliche Widrigkeiten überwindet. In „Unendlichkeit und Einsamkeit", sieht man unter anderem Aufnahmen von Miquel Frontera aus Ses Salines. „Sozialdokument, Archiv und Erinnerung", untersucht die Fähigkeit der Fotografie als historisches Dokument. Zum Abschluss findet der Besucher unter anderem mit Werken von Alfredo Sarabia eine „Hommage an Kuba".

Anhel (Sehnsucht), Casal Solleric, Passeig del Born, 27, 19.1., 12 Uhr, bis 17.3.