15 Jahre später: Mallorca hat (endlich) sein Internationales Zentrum für Fotografie in Llucmajor

Angetrieben von der Toni-Catany-Stiftung, hat das Foto-Zentrum Mitte März eröffnet Die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Betrieb sind gut

Ausstellungsraum im Internationalen Zentrum für Fotografie in Llucmajor.

Ausstellungsraum im Internationalen Zentrum für Fotografie in Llucmajor. / Pere Joan Oliver Orell

Patrick Schirmer Sastre

Patrick Schirmer Sastre

Miquel Bezares tritt ans Mikro heran. Endlich, nach so vielen Jahren, ist das Projekt Realität geworden. Und an diesem Freitagabend (17.3.) kann der Vorsitzende der Toni-Catany-Stiftung es endlich präsentieren. Weit über hundert Menschen sitzen im Keller des neu geschaffenen Internationalen Zentrums für Fotografie in Llucmajor. Es sind die Anwohner. Jene Menschen also, die dieses kulturelle Großprojekt in den vergangenen Jahren als Baustellenlärm wahrgenommen haben.

Am Tag darauf sind die politischen Würdenträger zu einer Besichtigung eingeladen. Wiederum einen Tag später ist Eröffnungstag für die breite Öffentlichkeit. Aber heute Abend ist man unter sich. Der Ton bleibt locker. Währenddessen sind in den anderen Stockwerken Arbeiter damit beschäftigt, Bilder aufzuhängen und den Räumen den letzten Schliff zu geben.

l Das Schild am Eingang des Fotografie-Zentrums.  l  Der Fotograf Toni Catany.    | FOTOS: SCHIRMER/ J. MIGUEL MORALES

l Das Schild am Eingang des Fotografie-Zentrums. l Der Fotograf Toni Catany. | FOTOS: SCHIRMER/ J. MIGUEL MORALES / Patrick Schirmer Sastre

"Sowas Schönes hat Llucmajor nicht verdient"

Bezares verrät, dass er am Vortag seinen Vater schon einmal hereingelassen hatte. Eine kleine Sneak Preview für den Senior, der so häufig zum Haus im Carrer del Cardenal Rossell gekommen war, um zu schauen, wie die Bauarbeiten so laufen. „Eine Aktivität, die den meisten von euch vertraut sein dürfte.“ Das Publikum, das mehrheitlich aus älteren Personen besteht, lacht. Der Vater sei beeindruckt gewesen, erzählt Bezares. Und habe hinzugefügt: „So etwas Schönes hat Llucmajor eigentlich gar nicht verdient.“ Das Publikum quittiert diese Bemerkung mit einem wissenden Nicken.

Vielleicht, aber das kann man nur vermuten, haben einige der hier Anwesenden in Zweifel gezogen, ob sie dieses Projekt noch erleben werden. Zehn Jahre ist es im Oktober her, dass der Fotograf Toni Catany plötzlich verstarb. Er war einer der renommiertesten Vertreter seiner Zunft in Spanien, war bekannt für seine Porträts, aber auch für seine Stillleben und seine Reisefotografie.

Dass man das  noch erleben darf

Dass man das noch erleben darf / Patrick Schirmer Sastre

Zudem war er ein eifriger Sammler von Fotografien anderer Künstler. Schon seit Jahren hatte er davon geträumt, seiner Heimatgemeinde ein Museum zu schenken. Die Verhandlungen liefen seit 2008. Die spanische Zentralregierung hatte sogar trotz Finanzkrise 4,3 Millionen Euro für das Projekt zur Verfügung gestellt. Doch politische Verwicklungen und Zuständigkeitsgerangel führten immer wieder dazu, dass die Umsetzung verschoben wurde.

Zu sehen gab es schon länger was

Die 2014 gegründete Stiftung füllte die Wartezeit mit Ausstellungen im Claustre de Sant Bonaventura in Llucmajor. Gezeigt wurden sowohl Fotografien aus der Sammlung Catanys als auch Werke des Meisters selbst. So gab es unter anderem Ausstellungen von Pentti Sammahlathti, Masao Yamamoto, Marc Trivier und Michael Kenna. Immer mit dem Versprechen im Hintergrund, dass irgendwann dieses Internationale Zentrum für Fotografie fertiggestellt werden sollte.

Nun, da dieser Traum endlich in Erfüllung gegangen ist, holt die Stiftung mit Michael Kenna einen Fotografen zurück, der im Jahr 2017 schon einmal eine Ausstellung hatte. Es ist eine Auswahl, die sinnvoll erscheint und einen Ausblick darauf geben könnte, in welche Richtung das Ausstellungsprogramm in der kommenden Zeit gehen könnte.

„Michael Kenna und Toni Catany kannten sich nicht persönlich“, erklärt Bezares den Zuschauern. „Aber sie schätzten gegenseitig ihre Arbeit.“ Das ist gut nachzuvollziehen. Genauso wie Toni Catanys Fotografie immer ruhig, pausiert und ohne jede Eile daherkommt, sind auch die ausgestellten Werke von Michael Kenna völlig frei von Action. Stattdessen sucht er die stillen Momente, sei es in seinen Fotografien von Venedig wie in den Aktbildern von japanischen Frauen.

Nie um Moden und Trends geschert

Auch einige Fotos, die er 2017 bei seinem Besuch auf Mallorca anlässlich seiner Ausstellung in Llucmajor gemacht hatte, finden Einzug in die Schau. Sie zeigen die Tramuntanaküste und werden mit Bildern Catanys aus derselben Gegend gepaart. „Beide Fotografen haben sich niemals um Moden und Trends geschert“, fasst der Ausstellungstext eine zentrale Gemeinsamkeit zusammen.

Plakate von vergangenen Ausstellungen der Toni Catany Stiftung im Claustre de Sant Bonaventura.

Plakate von vergangenen Ausstellungen der Toni Catany Stiftung im Claustre de Sant Bonaventura. / Pere Joan Oliver Orell

Das Erbe des Priesters

Doch das neue Fotografie-Zentrum bietet auch jenseits von Catany und seinen Zeitgenossen einen interessanten Einblick in die Fotografie-Geschichte der Insel – auch rein architektonisch. Denn das Zentrum wurde nicht nur in das ehemalige Haus des Fotografen gebaut, sondern umfasst auch ein zweites Gebäude. Dieses gehörte einst Tomàs Montserrat (1873 - 1944). Der Priester pflegte vor allem zwischen 1910 und 1925 die Kirchgänger nach dem Gottesdienst mit nach Hause zu nehmen und sie dort im Hof vor einer weißen Leinwand abzulichten.

Toni Catany hatte das Wirken seines Nachbars, der verstarb, als Catany zwei Jahre alt war, schon als Kind geschätzt. Besonders war ihm in der familiären Fotosammlung ein Bild seiner Oma aufgefallen, die er nie kennengelernt hatte. „Dieses Foto hat monsenyor Tomàs gemacht“, erklärte ihm seine Mutter. Später gelang es Catany, rund 150 Fotoplatten mit den Porträts zu retten. Sie sind Teil seiner Sammlung und wurden schon 2019 bei einer Ausstellung der Stiftung gezeigt. Auch diese Bilder dürften also bei künftigen Ausstellungen eine Rolle spielen.

Ein Ausstellungsraum im Internationalen Zentrum für Fotografie in Llucmajor.  | FOTO: PERE JOAN OLIVER

Ein Ausstellungsraum im Internationalen Zentrum für Fotografie in Llucmajor. | FOTO: PERE JOAN OLIVER / Patrick Schirmer Sastre

Das frisch eröffnete Haus wird zunächst bis zum 10. April für das Publikum zugänglich sein. Danach werde man die Öffnungszeiten erst einmal wieder herunterfahren, erklärt der Leiter des Zentrums, Toni Garau. Schließlich sei noch viel zu tun. Ein Großteil des Archivs befindet sich noch in Barcelona und muss nach und nach auf die Insel gebracht werden. So ein Internationales Zentrum für Fotografie braucht halt seine Zeit.

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