Entrevista | Mercè Pons Komponistin

Mallorca-Komponistin Mercè Pons: "Ich liebe es, neue Musik in die Stille zu bringen"

Im Rahmen des Konzerts "Elles" der Balearen-Sinfoniker feiert am 9. März ein Stück der Mallorquinerin Mercè Pons Premiere. Ein Gespräch über die Hürden für Komponistinnen und die Freude am Erklären von klassischer Musik

Die 1968 in Palma geborene Komponistin Mercè Pons.

Die 1968 in Palma geborene Komponistin Mercè Pons. / DM

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Zwei Herzen schlagen in der Brust der in Palma de Mallorca geborenen Komponistin Mercè Pons (54), zu deren Meistern der renommierte spanische Dirigent und Komponist José María Sánchez-Verdú zählte: Ihre kreative Seite lebt sie durch Auftragsarbeiten aus, ihre pädagogische Ader durch Musikvermittlung für Laien. Aktuell bildet sie sich selbst noch weiter und studiert den Master "Technologien in der Soundtrack- und Videospielmusikkomposition" in Madrid.

Was hat Sie am Komponieren gereizt, warum haben Sie diesen Beruf gewählt?

Nun, ich bin schüchtern, und in der Welt des Komponierens muss ich mit mir allein arbeiten. Aber vor allem ging es mir darum, etwas zu erschaffen ... (zögert) Ich wollte fast sagen, „um die Stille zu füllen“, doch das ist nicht richtig, weil auch die Stille Musik ist. Aber ich liebe es, neue Musik in die Stille zu bringen.

Wie fühlen Sie sich als Komponistin vor der Uraufführung eines Ihrer Stücke?

Man ist immer erwartungsvoll und glücklich, aber auch nervös, denn wenn man komponiert, existiert die Musik nur auf dem Papier. Danach legt man sie in die Hände derjenigen, die sie spielen. Doch unserem Orchester und seinem Leiter Pablo Mielgo vertraue ich sehr.

Heute wird einiges an Energie investiert, um die vergessenen Werke von Komponistinnen wie etwa der Mallorquinerin Matilde Escalas zu würdigen. Auch das Konzert am 9. März ist speziell Frauen gewidmet. Was sagen Sie zu dieser Entwicklung?

Das ist fantastisch und hätte schon viel früher passieren müssen! Eigentlich mag ich es nicht, zwischen Komponistinnen und Komponisten zu unterscheiden, weil wir alle gleich sind. Aber in der Realität gibt es eben wesentlich weniger Komponistinnen. Im Verlauf der Musikgeschichte war das schon immer so, aus sozialen Gründen und weil es den Frauen verwehrt wurde. Das ist ein Jammer, denn die Werke der Komponistinnen, die man jetzt wiederentdeckt, sind richtig gut. Und es gefällt mir, dass die Dinge nun langsam in Gang gebracht werden, dass wir – Männer und Frauen – dahin kommen, die Musik miteinander zu teilen. Wobei es immer noch schwierig ist, alles unter einen Hut zu bekommen.

Was sind in der Gegenwart die größten Hürden für Frauen in diesem Beruf?

Es sind natürlich nicht mehr dieselben Probleme wie in früheren Jahrhunderten, aber wir stoßen immer noch auf ein gewisses Misstrauen. Abgesehen davon kommt die größte Hürde durch Schwangerschaft und Mutterschaft. Ich will nicht sagen, dass das dann doppelte Arbeit bedeutet, aber wenn man arbeiten und Zeit mit seinen Kindern verbringen möchte, wird es kompliziert. Die benötigte Zeit müssen wir der Nacht abringen und unseren Schlaf opfern, um weiter komponieren zu können. Das Werk „Contradiccions“ habe ich in einem Augustmonat immer zwischen fünf und acht Uhr morgens geschrieben. Das war die einzige Möglichkeit. Ich habe heute drei Kinder, zu diesem Zeitpunkt waren es zwei, und sie waren noch klein.

Man hört oft, Musik spreche für sich selbst. Sie haben die Vortragsreihe „Gabinet de Comprensió Musical“ (Gacomus) ins Leben gerufen. Warum?

Ich habe Gacomus gegründet, weil ich bei Konzertbesuchen immer von meinen Nebensitzern hörte: „Ich kann dazu keine Meinung äußern, ich kenne mich nicht aus.“ So bekam ich Lust, das Wissen, das ich im Laufe meines Studiums gesammelt habe, mit Musikliebhabern ohne Vorkenntnisse zu teilen. Ich genieße das. Es geht darum, Musik zu analysieren und dann ohne komplizierte Terminologie zu erklären: Hier stimmen die Violinen ein, dort das Cello. Die Leute lernen, die verschiedenen Instrumente zu hören und erfahren die Hintergründe eines Werks: Wie, warum und mit welcher Absicht ist es entstanden? Im September gebe ich spezielle Kurse zu Themen wie Filmmusik, Oper oder Musik des 21. Jahrhunderts. Von Oktober bis Ende Mai sprechen wir jede Woche über einen Komponisten oder ein Werk, das bei den Sinfonikern oder der Fundació Studium Aureum auf dem Programm steht – wer Lust bekommt, kann dann das Konzert besuchen. Ich würde nicht sagen, dass man es dadurch mehr genießt, aber man fühlt sich besser, wenn man mehr versteht, taucht tiefer in die Welt der Instrumentalisten ein und begreift, wie schwierig das ist.

Wenn Sie über diese Themen sprechen, für die Sie brennen, überwinden Sie also Ihre eingangs erwähnte Schüchternheit?

Ja, ich halte auch die begleitenden Vorträge zu den Konzerten der Fundació Studium Aureum. Aber für mich ist es stets eine Herausforderung, vor viel Publikum zu sprechen. Am besten drücke ich mich immer noch durch meine Musik aus – da lege ich alles hinein.

Erklären Sie doch bitte einmal Ihr eigenes Werk: Was war die Inspiration zu "Revelacions", das im Auditorium Premiere feiern wird? Was wollten Sie damit ausdrücken?

Es war ein Auftrag der Balearen-Sinfoniker für ein großes Orchester, das Werk ist nun etwa 20 Minuten lang. Ich arbeite sehr gern mit verschiedenen Klangfarben, das macht mir am meisten Freude. "Revelacions" (Offenbarungen) kommt von enthüllen, von Vertraulichkeiten und geheimen Entdeckungen – in diesem Fall vor allem Entdeckungen der Sinne. Dabei habe ich an die Bewegungen gedacht, die Schallwellen erzeugen, und an die Reflexion des Schalls: das Echo, die Resonanz und den Nachhall, den wir zum Beispiel stark in Kirchenräumen wahrnehmen. Diese Arten der Reflexion haben mir viele Ideen geliefert. Das Werk besteht aus vier „Revelacions“ und einer finalen Offenbarung, zu denen man durch eine wellenförmige Navigation in einem Meer von Klangfarben gelangt. Die Klänge des Orchesters sind sehr subtil, bis man die revelació erreicht: Da bevorzuge ich dann Klangfülle.

Andere Werke aus Ihrer Hand für Orchester heißen "Contradiccions" (Widersprüche), "Expectatives" (Erwartungen) und "Percepcions" (Wahrnehmungen). Woher dieses Faible für kurze, prägnante Titel im Plural?

Ich vergebe solche Titel immer, wenn es möglich ist – der Plural eröffnet mir mehr Möglichkeiten, verschiedene Richtungen einzuschlagen. Jetzt wirkt es so, als hätte ich bei „Revelacions“ bewusst an die Vorgänger gedacht, aber das war gar nicht so. (lacht) Wobei dieses Werk jetzt das definitive zu sein scheint – Offenbarungen sind sehr offen und optimistisch. Vielleicht wird es auch der Beginn von etwas Neuem, denn ich mache keine Pausen und bin immer am Komponieren.

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Beim Konzert "Elles" der Balearen-Sinfoniker unter Leitung von Pablo Mielgo bekommt die Uraufführung von Mercè Pons’ "Revelacions" im Auditorium einen eindrucksvollen Rahmen: Zu hören gibt es zudem eine Hommage an Clara Schumann, bestehend aus Werken der Komponistin selbst sowie von Robert Schumann und Johannes Brahms. Außerdem steht die Sinfonie Nr. 1 von Florence Price, der ersten afroamerikanischen Komponistin klassischer Musik, die in den USA bekannt wurde, auf dem Programm. Als Sopranistin ist die schwedische Opernsängerin Lisa Larsson mit von der Partie.

9. März, 20 Uhr, Auditorium Palma, Paseo Marítimo, 18, Eintritt: 3035 Euro, Karten unter: auditoriumpalma.koobin.com.

Infos zu Gacomus: gacomuscomprensiomusical.blogspot.com

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