Der Hinweis könnte in der Form nicht dezenter sein. Die Aufforderung der EU-Kommission an Spanien, das umstrittene Modelo 720 zu ändern, findet sich als letzter Punkt in einer langen Liste zu Vertragsverletzungsverfahren im Fe­bruar und ist ausgesprochen diplomatisch formuliert. Doch die dürre Meldung macht keinen Hehl daraus, dass der Offenbarungseid über das Auslandsvermögen mit seinen horrenden Strafen unvereinbar ist mit wichtigen Grundprinzipien der EU wie beispielsweise der Freizügigkeit. Anders ausgedrückt: Der Kampf gegen Steuersünder darf nicht so weit gehen, dass EU-Bürger lieber in ihrem Land bleiben, weil der spanische Fiskus übers Ziel hinausschießt.

Dabei war eine Initiative zum Kampf gegen Steuerhinterziehung vor fünf Jahren in Spanien vollkommen berechtigt. Die Skandale brachten ans Licht, wie hochrangige Politiker und Unternehmer Vermögen ohne größere Probleme am spanischen Finanzamt vorbei ins Ausland geschleust hatten. Und nach der umstrittenen Steueramnestie stand ein hartes Vorgehen den regierenden Konservativen gut zu Gesicht. Die Einführung des hochkomplexen Modelo 720 zeugte jedoch eher von Aktionismus als einer durchdachten Strategie, und es wurde dabei offenbar in Kauf genommen, die Attraktivität Spaniens als Lebens- und Arbeitsmittelpunkt zu schmälern. Überspitzt gesagt: Was nützen transparente Residenten, wenn viele Ausländer angesichts der Konsequenzen eines steuerlichen Wohnsitzes in Spanien dann doch lieber Nichtresidenten bleiben?

Ein Regelwerk, bei dem angedrohte Strafen den eigentlichen Vermögenswert übersteigen, kann nicht im Sinne der EU sein - das lag für den Anwalt Alejandro del Campo, den die MZ bei seiner Klage medial begleitete, von Beginn an auf der Hand. Wenn das Modelo 720 nun nachgebessert wird, kommt hoffentlich ein Regelwerk heraus, das gleichermaßen die faire Behandlung der Residenten mit Auslandsvermögen und den bitter nötigen Kampf gegen die Steuerhinterziehung garantiert.