Meinung | Kommentar

Balkonstürze an der Playa de Palma: Die einen bereichern sich, die anderen stürzen

Den Partyurlaubern, die bei Balkonstürzen ums Leben kommen, die alleinige Schuld an den Tragödien zu geben, ist zu kurz gedacht, findet MZ-Redakteurin Sophie Mono. Schließlich sind die Opfer im Vollrausch nicht einmal zurechnungsfähig - ein Zustand, den die Infrastruktur an der Playa geradezu herausfordert

Symbolfoto eines Balkonsturzes auf Mallorca

Symbolfoto eines Balkonsturzes auf Mallorca / Nele Bendgens

Die tödlichen Balkonstürze von der Playa de Palma sind erschreckend. Jeder einzelne Fall für sich genauso wie die Tatsache, dass es eben keine Einzelfälle sind – dafür ist die Liste der Opfer zu lang. Auf Mallorca ist das Problem seit Jahren bekannt – wenn auch vor allem in der britischen Partyhochburg Magaluf. Schon lange versucht man dort, das junge Feiervolk dafür zu sensibilisieren, dass waghalsige Aktionen im betrunkenen Kopf nicht cool sind, sondern schwerwiegende Folgen haben können. Der deutsche Ballermann dagegen blieb lange unbefleckt – klar, die Deutschen feiern ja zivilisierter als die Briten! Doch Hochmut kommt vor dem Fall. Buchstäblich.

Es war ein Fehler – der Medien, der Gesellschaft, der Politik – viele der Fälle unter dem Modebegriff balconing abzutun und sie stecken in die Schublade „dumme, junge Briten, die sich mit ihren Mutproben, vom Hotelbalkon in den Pool zu springen, überschätzen (und irgendwie auch selbst schuld sind)“ zu stecken. So peppig der Balconing-Begriff ist, er führt auch dazu, dass in der allgemeinen Wahrnehmung ein Stück weit untergegangen ist, dass es sich meist gar nicht um fehlgeschlagene Challenges handelt, sondern allein um die Tatsache, dass Menschen sturzbesoffen unbeabsichtigt in die Tiefe stürzen – einfach, weil sie ihren Gleichgewichtssinn nicht mehr beisammen haben. Das Hauptproblem ist hier nicht selbst verschuldete Waghalsigkeit, sondern exzessiver Alkoholkonsum, an dem sich weiter die Wirte und Händler vor Ort bereichern. In Magaluf ebenso wie an der Playa. Ein neuer Super-GAU ist da nur eine Frage der Zeit.

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