Um die Wirtschaft anzukurbeln, werden auf Mallorca nicht nur die deutschen Urlauber sehnlichst erwartet. Gerade in der Anfangsphase der Corona-Saison könnten auch spanische Urlauber eine wichtige Rolle spielen - so sie denn eine Mallorca-Reise antreten wollen. Um sie davon zu überzeugen, hat der balearische Verband der Reiseagenturen, Aviba, schon vor einigen Wochen vorgeschlagen, den den Inselbewohnern zugestandenen 75-prozentigen Rabatt auf Flüge und Schiffsverbindungen zwischen den Inseln und dem spanischen Festland auch Festlandspaniern einzuräumen.

Das aber ist ein heißes Eisen, nicht nur wegen der Kosten für den Steuerzahler - die Fluggesellschaften holen sich das Geld vom Staat zurück -, sondern auch wegen der Auswirkungen auf die Flugpreise. Schon seit Jahren beschuldigen Verbraucherschützer die Airlines, die Vergünstigungen für Preismanipulationen zu nutzen. Nun hat sich erstmals die spanische Wettbewerbskommission (Comisión Nacional de los Mercados y la Competencia, CNMC) eingehend mit diesem Vorwurf befasst. Die Mitte April veröffentlichte, 150-seitige und vor der Ausbreitung des Coronavirus in Auftrag gegebene Studie bestätigt, dass die Rabatte Auswirkungen auf die Preise der Flugtickets haben. So seien die Tarife für Flüge zwischen den Balearen und dem Festland nach der Erhöhung des Rabatts von 50 auf 75 Prozent im Juli 2018 für Residenten um bis zu 40 Prozent gegenüber den Vorjahren angehoben worden. Weniger ausgeprägt - 7 Prozent - sei die Preissteigerung für Nicht-Residenten, also Festlandspanier ausgefallen.

Nachfrage zog an

Die Vergünstigungen hätten dazu geführt, dass die Nachfrage der Balearen-Bürger nach Flügen zwischen den Inseln und dem Festland anzog, was die Preise antrieb. Nutzen die Airlines die Rabatte darüber hinaus, um die Tarife weiter anzuheben, wie häufig vermutet? Die CNMC ist vorsichtig und warnt davor, aus den Preisdifferenzen auf eine Ungleichbehandlung der Reisenden je nach Herkunft zu schließen. Auch unterschiedliche Buchungsgewohnheiten könnten eine Rolle spielen.

Was nichts daran ändert, dass die Rabatte zu „Verzerrungen führen, die die Effizienz des Marktes beeinträchtigen, wie es in der Studie heißt. Zwar waren die Flüge für Balearen-Residenten nach dem Rabatt immer noch günstiger als in den Vorjahren, aber diese Ersparnis war um 21 Prozent geringer als von einer 75-prozentigen Rabattierung theoretisch zu erwarten wäre. Benachteiligt wurden zudem die Festlandspanier, die nun tiefer in die Tasche greifen müssen, um auf die Inseln zu fliegen und zumindest bislang keinen Rabatt in Anspruch nehmen können. Als Reaktion darauf hätten sie verstärkt bei Billigfluglinien und länger im Voraus gebucht.

Ein zweiter negativer Effekt, den die Studie aufzeigt, ist der Anstieg der Steuergelder, die für die Residenten-Vergünstigungen aufgebracht werden müssen. In den Genuss der Rabatte kommen nicht nur die Bewohner der Balearen, sondern auch die der Kanaren. Die finanziellen Mittel, die der Staat dafür aufbringen muss, sind von jährlich 309 Millionen Euro - vor der Erhöhung des Rabatts von 50 auf 75 Prozent - auf 563 Millionen in Jahr 2018 und auf 765 Millionen Euro im Jahr 2019 gestiegen.

Ist es das wert?

Gerechtfertigt werden die über die Jahre von den Balearen und den Kanaren immer erfolgreicher ausgehandelten Rabatte mit der Notwendigkeit, die Wettbewerbsnachteile der Insellage auszugleichen. So wird immer wieder darauf verwiesen, dass auf dem Festland ja auch massiv in Zugverbindungen und Autobahnen investiert worden ist. In

ihren Schlussfolgerungen hält es die CNMC für erwiesen, dass die Rabatte zu einem erhöhten Reiseverkehr geführt und somit die Anbindung der Inseln verbessert haben.

Zugleich stellen die Wettbewerbshüter aber die Frage in den Raum, ob das allein eine dreiviertel Milliarde Steuergelder rechtfertigt. Zumindest müsse man den Residenten vor Augen führen, wie viel die Vergünstigungen den Staat kosten. So könne man neben dem Rabatt-Preis auch den Gesamtpreis des Flugtickets anzeigen, die Vergünstigungen erst im Nachhinein auszahlen, und Obergrenzen für die Rabatte einführen. Auch solle abgewogen werden, ob man die Nachteile der Insellage nicht effizienter etwa über Steuerermäßigungen für Balearen- und Kanaren-Residenten ausgleichen könnte. Bei der Balearen-Regierung stießen diese Vorschläge auf wenig Gegenliebe. Der zuständige Minister, Marc Pons, hat sich für die Zeit nach Beendigung des Alarmzustandes eine „dringende Besprechung mit der CNMC" vorgenommen.

Hier geht es zur Studie: https://bit.ly/StudieCNMC