Ein Elektroauto kommt zwischen den Greens des Golfplatzes Son Muntaner natürlich nicht vorbeigefahren. Aber seine Ladesäule hat Markus Dold auch nur zu Demonstrationszwecken hier aufgestellt. Teilnehmer und Gäste des Golfturniers sollen sehen, wie einfach und schnell das Thema Elektromobilität schon bald auf Mallorca funktionieren könnte. Der deutsche Unternehmer entfernt noch Schutzfolien von den beiden Zapfhähnen, oder besser gesagt den Ladesteckern. „Wer ein Geschäft errichtet, das noch keiner kennt, der muss auch für die Kunden sorgen“, meint Dold.

Die ersten zehn Stationen seiner Marke Open Smart Charging sind auf Mallorca bereits in Betrieb, weitere in Bau, und bis zur Saison 2023 sollen es sogar schon hundert sein – künftig mit eigener solarer Energieversorgung. Hinzu kommen laut den Plänen fünf Ladeparks, ein erster in Son Fuster an der Inca-Autobahn. Bei aller Skepsis gegenüber vollmundigen Ankündigungen von Investoren auf Mallorca – der studierte Informatiker aus dem Schwarzwald wirkt im MZ-Gespräch nicht nur gewitzt und erfahren, man wird nebenbei auch Zeuge, wie er das auf der Insel so wichtige Networking beherrscht.

Einfach laden und einfach zahlen

Es ist natürlich nicht so, dass auf Mallorca noch keine Ladestationen stehen würden – die Politik will die Insel mit ihren überschaubaren Strecken schon seit Jahren als Pionier in Sachen Elektromobilität positionieren. Doch weder ist die Zahl der bislang knapp tausend Stationen, die von der öffentlichen Hand (Melib, externer Link) und Energieversorgern aufgestellt wurden, ausreichend hoch noch ihre Funktionsweise ausreichend einfach: Nutzer beklagen nicht aktualisierte Apps, niedrige Ladegeschwindigkeiten und Betriebsausfälle (MZ berichtete).

Was kaum genutzt werde, funktioniere eben auch nicht, meint Dold, dann fehlten das nötige Feedback und die Notwendigkeit der Wartung. Für die Elektromobilität brennt der 55-Jährige seit einem Besuch der Tesla-Fabrik im Jahr 2016 im Silicon Valley. „Danach war für mich klar: Ich mache Ladestationen.“ Der Unternehmer verkaufte seinen Rechenzentrumsbetrieb und gab sein Engagement im Vorstand der M-Exchange AG auf, einem Dienstleister im Bereich von Beschaffungs-, Handels- und Kommunikationsplattformen, unter anderem für Stadtwerke. In Deutschland habe sich das Interesse zwar zunächst in Grenzen gehalten. Endlich los ging es dann aber dank einer Einladung eines Autoverleihers nach Korsika, der dort Ladestationen vermisste, wie der Unternehmer berichtet.

Kurze Zwischenstopps

Der Ausbau begann, und das Kalkül der Autoverleiher sei aufgegangen: Die Kunden buchen lediglich die Autokategorie und kommen dann vor Ort ganz nebenbei zu dem Erlebnis, die neue Technologie auszuprobieren. „Der größte Schmerz ist dann, aus dem Elektroauto auszusteigen und wieder in den Benziner einzusteigen“, sagt Dold. Und zu diesem Erlebnis gehört auch, dass das Aufladen kein Kopfzerbrechen bereiten darf. Das sei gerade für Urlauber wichtig, die ohne Registrierung bezahlen und schnell weiterfahren sowie auch viele Kilometer zurücklegen wollten. Deswegen werde bei Open Smart Charging statt mit Guthaben direkt mit der Kreditkarte oder mit Apple Pay bezahlt. Die Säulen, die Dold in Litauen produzieren lässt, haben jeweils zwei Ladestecker, in durchschnittlich 20 Minuten sei der Akku wieder voll. Gerade Fahrer, die das erste Mal mit Elektroautos in Kontakt kommen und kurze Zwischenstopps von der Benzintankstelle gewohnt sind, dürfe man nicht mit langen Wartezeiten verprellen.

Hier sollen die Ladestationen und -parks entstehen. Grün: Bereits in Betrieb.

Große Pläne

Auch der Sprung nach Mallorca Ende 2021 kam durch die Einladung eines Autovermieters zustande. Die ersten Ladestationen stehen an der Manacor-Schnellstraße bei Algaida (Vino de la Isla), im Gewerbegebiet Son Oms (Hertz), im Gewerbegebiet Son Valentí (Palma Jump) sowie am Golfplatz Son Gual. Inzwischen sei auch das Gelände für den ersten Ladepark gepachtet, er soll bis April in Son Fuster entstehen, an der Einmündung der Inca-Autobahn in Palmas Ring. Mit 30 Anschlüssen sei er für 600 Autos am Tag ausgelegt. Für weitere vier Ladeparks schaut sich Dold nach Grundstücken auf der ganzen Insel um, konkret suche er in den Gemeinden Campos, Artà, Alcúdia, Inca und Calvià, so Dold. Das Ziel: eine Gesamtladekapazität für 10.000 Mietfahrzeuge. Derzeit sei das Laden noch gratis, ab 2023 betrage der Tarif dann 0,55 Euro pro Kilowatt.

Damit dann auch wirklich grüne Energie getankt wird, sind zudem parallel zu den Ladeparks auch Fotovoltaikanlagen zur Eigenversorgung geplant. Die dort erzeugte Energie werde dann nicht ins Netz eingespeist und vergütet, sondern selbst genutzt, erklärt Dold, der nach dem Gespräch und der Demonstration der Ladestation gleich in der Nähe der Greens bleibt. Freilich nicht zum Golfspielen, sondern um weitere Kontakte zu knüpfen.