Mallorca Zeitung

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Zwei verurteilte Sexualstraftäter kommen in Palma de Mallorca wegen "Nur Ja heißt Ja"-Gesetz auf freien Fuß

In Spaniens verschärftem Sexualstrafrecht fallen die Gefängnisstrafen teilweise niedriger aus

Sexuelle Übergriffe sind auch auf Mallorca an der Tagesordnung

Das Oberlandesgericht der Balearen in Palma hat die "sofortige Freilassung" von zwei verurteilten Sexualstraftätern angeordnet. Grund dafür ist das neue Strafmaß im eigentlich verschärften Sexualstrafrecht Spaniens. Die beiden Männer wurden wegen sexueller Nötigung ohne Penetration zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach dem "Nur Ja heißt Ja"-Gesetz, das seit September in Spanien gültig ist, ist ihre Haftstrafe allerdings geringer, weswegen die Männer ihre Strafe in Theorie bereits abgesessen haben und mit der Zustimmung der Staatsanwaltschaft das Gefängnis "sofort" verlassen dürften. Die Richter des Landgerichts wollen in den nächsten Tagen zusammenkommen, um die Kriterien für die Anwendung der Gesetzesänderung zu vereinheitlichen.

Das neue Sexualstrafrecht wurde von der spanischen Regierungskoalition unter Leitung der Gleichstellungsbeauftragten Irene Montero (Unidas Podemos) durchgebracht und sollte vor allem die Rechte von Opfern sexueller Gewalt stärken. So hebt das neue Paragraphenwerk die Unterscheidung zwischen Missbrauch und Aggression auf. Sexuelle Übergriffe werden nun als Vergewaltigung betrachtet - egal ob das Opfer sich wehrt oder eine Handlung aus Angst geschehen lässt. Auf Vergewaltigung und sexuelle Gewalt stehen nun bis zu 15 Jahre Haft. Zudem wurden unter anderem auch "einschüchternde" Komplimente sowie die Verbreitung von Sexvideos unter Strafe gestellt.

Strafmaß in mehreren Fällen verringert

Seit es in Kraft ist, häufen sich aber Fälle, in denen verurteilte Vergewaltiger ihr Strafmaß verringern können. So wurde am 7. Oktober die Haftstrafe von einem Mann in Madrid, der in mehreren Fällen Minderjährige missbraucht hatte, von sechs Jahren und neun Monaten auf ein Jahr und drei Monate reduziert. Grund dafür ist, dass die meisten Minderjährigen über 16 Jahre alt waren und gegen Geldsummen und Versprechungen sexuelle Handlungen mit dem Mann vollzogen. In dem neuen Sexualstrafrecht ist bei über 16-Jährigen nur noch strafbar, wer Gewalt oder Druck ausübt.

Ebenfalls in Madrid wurde Anfang November das Strafmaß eines Mannes verringert, der seine Stieftochter missbraucht hatte. So berichtet es die Tageszeitung "El Mundo". In seinem Fall hatte das Gericht beschlossen, das Mindestmaß an Haftstrafe zu verhängen. Nach dem alten Sexualstrafrecht waren das für den Strafbestand acht Jahre, nach dem neuen Strafrecht sind es sechs Jahre.

Opposition poltert gegen Gesetz

Während Vizekanzlerin María Jesús Montero von der PSOE bereits anklingen lässt, dass das Gesetz überarbeitet werden sollte, vermutet Unidas Podemos einen Komplott hinter den Gerichtsurteilen. Das Problem sei nicht das Gesetz, hieß es beispielsweise von Victoria Rosell, der Regierungsbeauftragten gegen geschlechtsspezifische Gewalt. "Das Problem ist eine gewollte und reaktionäre richterliche Auslegung." Rosell bezeichnete die Richter, die das Strafmaß der Sexualstraftäter verringert hatten, als "sexistisch" und versicherte, dass es sich dabei um Einzelfälle handele.

Die Opposition, allen voran die PP, poltert gleichzeitig gegen das neue Gesetz der Regierung. Die Unterscheidung zwischen Missbrauch und Aggression aufzuheben sei populistisch gewesen, hieß es von der Sozialpolitikerin Carmen Navarro. Hinzu kämen nun die laxen Strafmaße. "Den Straftätern ist es egal, als was sie bezeichnet werden, wenn sie dafür weniger Zeit sitzen müssen", sagt Navarro. Bei dem Gesetz gebe es nur Verlierer.

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