Hells-Angels-Prozess: Rockerboss Frank Hanebuth in Madrid freigesprochen

Nationaler Gerichtshof in Madrid sieht keine Beweise für das Vorliegen einer kriminellen Vereinigung

Gab sich beim Prozess stets optimistisch: Frank Hanebuth vor dem Gebäude der Audiencia Nacional.

Gab sich beim Prozess stets optimistisch: Frank Hanebuth vor dem Gebäude der Audiencia Nacional. / Alberto Ortega/EP

Ciro Krauthausen

Ciro Krauthausen

Zehn Jahre nach seiner Festnahme bei einer Razzia auf Mallorca sind der Hannoveraner Rockerboss Frank Hanebuth sowie 12 weitere Angeklagte in Madrid freigesprochen worden. Das Urteil des Nationalen Gerichtshofs erging am Dienstag (26.9.). 32 weitere Beschuldigte wurden wegen diversen kriminellen Aktivitäten zu Haftstrafen von bis zu zwei Jahren verurteilt. Insgesamt hatten sich in Madrid am Schluss 44 Angeklagte wegen Delikten wie Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, illegaler Waffenbesitz, Prostitution, Geldwäsche oder Bedrohungen verantworten müssen.

Anders als die Staatsanwaltschaft sahen die Richter bei dem Mallorca-Chapter der Hells Angels keine Beweise für das Vorliegen einer kriminellen Vereinigung. Zwar hätten mehrere der Angeklagten in Kontakt mit der Rockerbande gestanden, Belege für das Bestehen eines kriminellen Unternehmens mit hierarchischer Struktur, Arbeitsteilung und gemeinsames Wirtschaften lägen jedoch nicht vor, heißt es in einer Pressemitteilung des Nationalen Gerichtshofes.

Keine Belege dafür, dass Frank Hanebuth Dritte einschüchterte

Vor diesem Hintergrund analysierten die Richter die mutmaßlichen individuellen kriminellen Aktivitäten der Beschuldigten. Im Falle von Hanebuth lägen keine Beweise dafür vor, dass er als Chef des Mallorca-Chapters der Hells Angels Dritte einschüchterte oder die Insel als Basis für "mutmaßlich kriminelle Aktivitäten nutzte, die in Deutschland Gegenstand von Ermittlungen" sind.

"Ich bin erleichtert, dass die Gerechtigkeit gesiegt hat", teilte Hanebuth am Dienstag in Hannover mit. "Ich habe immer wieder gesagt, dass ich unschuldig bin. Angst vor einer Haftstrafe hatte ich nicht, ich habe vor nichts Angst." Der 59-Jährige räumte aber auch ein: "Die Zeit in Untersuchungshaft war nicht ohne und hat vieles kaputt gemacht.»

P.E. einen engen Freund des langjährigen Chefs der Hells Angels in Hannover, verurteilten die Richter hingegen zu anderthalb Jahren Haft wegen Bedrohungen und Strafvereitelung.

Auch ein weiterer der Hauptangeklagten, A.Y., wurde wegen Zuhälterei zu zwei Jahren Haft verurteilt. Sein Bruder, K.Y., erhält sogar neun Jahre und neun Monate Haft, muss jedoch nicht ins Gefängnis, sondern nur ein Bußgeld zahlen - er hatte sich im Prozess wohl in Erwartung drakonischer Strafen in allen Anklagepunkten für schuldig bekannt. Wie auch 34 weitere Angeklagte, die sich ebenfalls schuldig bekannten, ist auch K.Y. jetzt von der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung freigesprochen worden, die sie eigentlich eingeräumt hatten.

Frank Hanebuth gemeinsam mit einer Übersetzerin bei seinem Schlusswort im Hells-Angels-Prozess in San Fernando de Henares am 10.2.2023.

Frank Hanebuth gemeinsam mit einer Übersetzerin bei seinem Schlusswort im Hells-Angels-Prozess in San Fernando de Henares am 10.2.2023. / Screenshot Audiencia Nacional

Diese mildernde Umstände sah das Gericht

Ihr Schuldeingeständnis wertete das Gericht ebenso als mildernde Umstände wie die zwischen der Festnahme im Juli 2013 und der Einleitung des Prozesses im April 2022 verstrichene Zeit. Die Gerichtsverhandlungen begannen dann erst im Januar 2023.

Ein ebenfalls angeklagter Beamter der Guardia Civil wird zu einer Geldstrafe wegen Verletzung der Geheimhaltung verurteilt, aber von den Vorwürfen der Bestechung und Nicht-Verfolgung von Straftaten freigesprochen. Von den beiden beschuldigten Ortspolizisten sprachen die Richter einen frei und legten dem anderen wegen Nicht-Verfolgung von Straftaten ein sechsmonatiges Amts- und Berufsverbot auf.

Großrazzia "Operation Casablanca" im Juli 2013

Die Ermittlungen gegen Hanebuth und die Mitangeklagten waren offiziell Anfang 2012 eingeleitet worden. Grundlage waren viele Stunden abgehörter und oft stümperhaft übersetzter, deuschsprachiger Telefonate. Am 23. Juli 2013 schlugen die Ermittler schließlich auf Mallorca zu und nahmen im Rahmen einer Großrazzia namens "Operation Casablanca" 25 mutmaßliche Mitglieder, Anwärter oder Komplizen der Hells Angels fest. Hanebuth trafen die Beamten auf einem Anwesen in Lloret de Vistalegre, im Inselinneren von Mallorca an. Die Festgenommenen waren größtenteils Deutsche, aber auch Spanier und andere Landsmänner, die auf der Insel ein recht luxuriöses Leben geführt haben sollen. 

Insgesamt durchsuchte die Polizei 31 Häuser, Wohnungen, Lokale und Büros in Arenal, Son Veri Nou, Cala Estancia, Calvià, Andratx und Establiments. Dabei beschlagnahmten die Beamten mehrere Motorräder und Autos, vor allem PS-starke Sportwagen, aber auch Boote, zahlreiche Waffen, wertvolle Bilder und Schmuck, rund 50.000 Euro Bargeld sowie größere Mengen Kokain, Marihuana und Anabolika.

Hanebuth saß nach seiner Festnahme zwei Jahre lang in Untersuchungshaft, bevor er gegen eine Kaution von 60.000 Euro im Juli 2015 entlassen wurde. Erst 2017 durfte er Spanien verlassen und kehrte nach Deutschland zurück.Die spanischen Behörden hatten ihn nach seiner Festnahme als Kopf der Höllenengel in ganz Europa bezeichnet. Die Staatsanwaltschaft forderte zum Prozessauftakt 13 Jahre Haft, senkte dieses Strafmaß im Verlauf des Prozesses aber dann auf zwölf Jahre.