„Vizekusen war eine spaßige Geschichte“: Der Ex-Chef von Bayer Leverkusen lebt mittlerweile auf Mallorca

Niederlagen wie das am Mittwoch verlorene Europa League-Finale ist Wolfgang Holzhäuser gewöhnt. Der 74-Jährige war früher der Geschäftsführer der Werkself

Da ist das Ding: Bayer Leverkusen bekam am Samstag die Meisterschale überreicht.  | FOTO: GAMBARINI/DPA

Da ist das Ding: Bayer Leverkusen bekam am Samstag die Meisterschale überreicht. | FOTO: GAMBARINI/DPA

Ralf Petzold

Ralf Petzold

Wolfgang Holzhäuser ist in seinem Leben so oft Zweiter geworden, dass er mit dem Zählen aufgehört hat. 1998 fing der langjährige DFB-Funktionär und DFL-Vize als Geschäftsführer bei Bayer Leverkusen an. Es waren die goldenen Jahre von „Vizekusen“. Seit seinem Abschied vom Fußballgeschäft 2017 lebt der 74-Jährige in Teilzeit auf Mallorca. Wobei er sich jetzt die Meisterfeier seines Vereins oder das DFB-Pokalfinale am Samstag (25.5.) nicht entgehen lässt. Nur das Europa-League-Finale am Mittwoch in Dublin war ihm etwas zu weit. „Die Stadt kenne ich schon und als ehemaliger Angestellter nun auf der VIP-Tribüne zu sitzen, wäre komisch gewesen“, sagt er. Die MZ sprach mit ihm vor der 0:3-Pleite im Endspiel.

Wolfgang Holzhäuser auf der Tribüne bei einem Spiel.

Wolfgang Holzhäuser auf der Tribüne bei einem Spiel. / Privat

Bayer Leverkusen ist nicht mehr Vizekusen. Eigentlich schade um das Wortspiel, oder?

Ulf Kirsten (ehemaliger Bayer-Stürmer, Anm. d. Red.) hatte gegenüber dem Boulevard gesagt, Vizekusen sei eine große Dämlichkeit gewesen. Ich meinte zu ihm, dass er den Namen mit ein paar Toren mehr in den vielen Finalspielen hätte verhindern können. Vizekusen war eine spaßige Geschichte.

Sie haben den Namen im Nachhinein sogar schützen lassen.

Als wir 2002 Pokal-, Champions-League- und Meisterschaftsfinale verloren hatten, dachte sich der Boulevard den Namen aus. Eine Fan-Gruppierung hatte mit dem Begriff schon wieder größere Pläne. Ich wollte verhindern, dass mit Vizekusen Schindluder betrieben wird.

Ist der Name nun gänzlich Geschichte?

Davon gehe ich aus, wobei eine Vizemeisterschaft hinter Bayern München nicht ganz so schlecht ist. Wir sind eine 165.000 Einwohner große Kleinstadt, die von sechs bis sieben großen Clubs umgeben ist. Da ist es nicht so einfach, mit den anderen mitzuhalten. Umso bemerkenswerter ist die Leistung nun.

Wie eng ist Ihr Kontakt noch zum Verein?

Ich bin – wie das so schön heißt – ein VIP-Gast. Nachdem der Meistertitel feststand, bin ich zu den Mitarbeitern gegangen. Die Hälfte von denen hatte ich noch selber eingestellt. Ich hänge auch noch am Club, das kann ich nicht verleugnen. Wenn ich auf der Tribüne sitze, habe ich immer noch den Tick von früher: Die erste Halbzeit schaue ich im Stadion, rege mich fürchterlich über den Schiedsrichter auf und spaziere die zweite Hälfte lieber durch den VIP-Raum oder auch in der Garage auf und ab. Früher habe ich mich mitunter mit Rudi Völler zur zweiten Halbzeit in der Kabine eingeschlossen und gehofft, dass das Spiel bald vorbei ist.

Und das Spiel am Fernseher sehen?

Richtig oder gar nicht. Am Jubel der Fans bekommt man die Tore auch so mit. Da habe ich dann gehofft, dass es unser Anhang war. Ab und an kamen Spieler hinzu, die verletzt waren oder nicht im Kader standen. Das war ein anderes Umfeld. Da verträgt man das leichter.

Zum Pokalfinale nun auch?

Bestimmt. Diesen Aberglauben habe ich.

Ist Bayer Leverkusen derzeit das beste Team der Welt?

Das weiß ich nicht. Ich bin großer Pep-Guardiola-Fan und Xabi Alonso hat den Fußball von Bayer 04 nach seinem Vorbild ausgerichtet. Ich würde Manchester City, Real Madrid oder den FC Arsenal mindestens ähnlich stark schätzen.

Da ist es ärgerlich, dass Leverkusen diese Saison nicht in der Champions League war.

Vor einem Jahr waren wir froh, dass wir überhaupt den Europapokal erreicht haben. Da sollten wir demütig sein.

Das Team hat bislang eine ungeschlagene Saison hingelegt. Was ist das Geheimnis?

Xabi Alonso leistet eine hervorragende Arbeit. Er hat sich viel von Guardiola abgeschaut: die zwei Sechser, die Dreierkette, nicht hektisch nach vorne spielen, sondern geduldig bleiben. Das ist ein technisch sauberer Fußball. Das Team lässt Ball und Gegner laufen und schlägt dann gerne in den Schlussminuten zu. Zudem ist es sehr selten, dass jeder Transfer zu 100 Prozent eingeschlagen hat.

Bei den vielen Last-minute-Treffern könnte man meinen, da sei eine höhere Macht am Werk …

Das resultiert aus dem Spielstil. Das klappt auch nur, wenn man so technisch hervorragende Spieler hat. Ist da einer dabei, dem der Ball verspringt oder ihn unter Druck nicht kontrollieren kann, wird das nichts. Bedingt durch die Erfolgsserie ist die Mannschaft außerdem extrem mental stark und geht mit breiter Brust in die Begegnungen.

Sie hatten vor wenigen Jahren noch Play-offs in der Bundesliga gefordert, damit nicht immer die Bayern gewinnen. Dortmund hat es vergangene Saison fast geschafft, Bayer hat es nun vollendet. Ist es also doch besser ohne?

Das Thema ist so alt wie die Liga an sich. Ich bin überzeugt, dass die Bundesliga mit einem Halbfinale und Finale noch spannender werden kann. Ob man damit die Dominanz der Bayern – die mitnichten gerade gebrochen ist – dadurch beenden kann, sei dahingestellt. Abgesehen davon bringt es den Fans ein JahresHighlight. Alle würden sich darauf freuen, außer der Bayern-Anhang, wenn sie verlieren.

Man stelle sich vor, die Bayern mogeln sich in die Play-offs und nehmen Leverkusen den sicher geglaubten Titel weg. Wäre das dann nicht unfair?

Das sind immer die gleichen Argumente, die alle irgendwo ihre Berechtigung haben. Ein Team wie Leverkusen muss dann den Schneid haben und sagen: Den Tabellendritten schlage ich auch noch. Natürlich sind Überraschungen möglich. Das sind aber Gedankenspiele.

Wie kommt es, dass Sie auf Mallorca wohnen?

Ich habe mir 2012 eine kleine Wohnung in Son Vida gekauft. Nicht bei den Villen auf dem Hang. Das wäre mir wohl etwas zu teuer gewesen und Villen sind nicht so meine Welt.

In der Nachbarschaft zu den Bayern Oliver Kahn und Basti Schweinsteiger also?

Basti habe ich ab und zu auf dem Golfplatz getroffen. Beim ersten Mal kam er zu mir und sagte, er habe sich schon gewundert, wer denn den kleinen Fiat mit dem Bayer Leverkusen-Emblem fährt.

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