Meliá-Chef Escarrer: Ferienvermietung auf Mallorca "neu ordnen, regulieren und begrenzen"

Meliá-Chef Gabriel Escarrer im Interview über die Entwicklung von Palma, die Saisonaussichten und seine Nähe zur sozialistischen Landesregierung

Gabriel Escarrer ist Chef der Hotelkette Meliá.

Gabriel Escarrer ist Chef der Hotelkette Meliá. / Manu Mielniezuk

Myriam B. Moneo

Die mallorquinische Hotelkette Meliá ist bereits jetzt die größte in Spanien – und will noch einmal deutlich wachsen. 2024 sollen die 100.000 Hotelzimmer übertroffen werden. Die Corona-Pandemie ist längst kein Thema mehr. Der Umsatz lag 2022 mit 1,69 Milliarden Euro beinahe auf dem Niveau von vor der Pandemie, 120 Millionen Euro Gewinn standen zu Buche. Der Vizepräsident und CEO der Kette Gabriel Escarrer sprach mit der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca“.

Auf Mallorca öffnen bereits die Hotels. Wie sehen Ihre Prognosen für 2023 aus?

Wir arbeiten seit vielen Jahren daran, die Saison zu verlängern. Initiativen wie etwa das Kongresszentrum, das Literatur-Festival in Calvià, die Konzertreihe Mallorca Live oder auch Sportereignisse haben dazu beigetragen, dass die Saison statt fünf oder sechs Monaten nun neun oder zehn Monate dauert, was alle so herbeigesehnt haben. Die Aussichten sind positiv. Wir werden fast alle Unterkünfte im April öffnen, die meisten in der Karwoche.

Gefällt Ihnen, wie sich Palma entwickelt hat?

Ja. Man hat daran gearbeitet, die Stadt zum lohnenden Ziel für Kurztrips zu machen. Das Kulturangebot hat sich verbessert, und die Idee, aus dem Gesa-Gebäude ein Museum zu machen, würde dem Kulturtourismus einen weiteren Schub geben. Das sind die Urlauber, die am meisten Geld ausgeben. Auch die Sportveranstaltungen, die Außenflächen der Bars und Restaurants, das Einkaufsangebot und die Gastronomie haben sich entwickelt. Palma ist außerhalb der Hauptsaison ein sehr attraktives Reiseziel für Europäer geworden. Und es war äußerst positiv, die Verbindung zwischen den USA und Palma zu verbessern, in diesem Fall in der Hochsaison mit United Airlines.

Sehen Sie irgendwo ein Aber?

Zu gewissen Jahreszeiten könnte die unkontrollierte Ferienvermietung und die damit verbundene Überfüllung der Insel so etwas wie Tourismusphobie hervorrufen. Das Ziel muss eine freundlichere Stadt für die Menschen sein, mit Projekten wie jetzt dem Umbau des Paseo Marítimo. In puncto Mobilität gibt es noch einiges zu tun. Initiativen wie die berühmte Straßenbahn zum Flughafen werden ihren Beitrag leisten. Es fehlt noch an Pendlerparkplätzen an den Stadteinfahrten, der öffentliche Nahverkehr muss noch ausgebaut werden, es gilt, ein verstopftes Zentrum in der Hochsaison zu vermeiden.

Der Lobbyverband Exceltur hat mit der Ferienvermietung, in der auch einige Hoteliers aktiv sind, den Schuldigen für die Überfüllung gefunden. Muss man die Zahl der Urlauber begrenzen, wie Tourismusminister Negueruela befindet?

Bevor wir etwas beschränken, müssen wir uns darüber im Klaren sein, was wir wollen. Wie soll das Tourismusmodell im Hinblick auf die Bereiche Hotels, Wohnraum und Ferienvermietung aussehen? Genau wie es ein Maximum an Hotelbetten gibt – wobei das Moratorium dazu beigetragen hat, Qualität statt Quantität zu fördern –, muss definiert werden, wie viel Ferienvermietung wir wollen und wie sie reguliert wird. Das ist doch klar.

Hoffen Sie bei diesem Thema auf die spanische EU-Ratspräsidentschaft?

Sie ist eine einmalige Chance, das Durcheinander aus der Vergangenheit zu ordnen. Das würde Änderungen im Vermietungsgesetz und in den Kompetenzen der Regionen und der Gemeindeverwaltungen bedeuten. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs zugunsten der Stadtverwaltung von Palma kann einen Wendepunkt darstellen (Das Gericht erachtete das Verbot der Ferienvermietung in Mehrfamilienhäusern für rechtens, Anm. d. Red.). Ich glaube an die Ferienvermietung, aber man muss sie neu ordnen, regulieren und begrenzen, so wie man das in der Vergangenheit mit der Hotelbranche getan hat.

Meliá wird sich nicht eines Tages ein Beispiel am Bauriesen Ferrovial nehmen und Mallorca und Spanien verlassen?

Ich traue mich nicht, das für immer und ewig auszuschließen. Wir fühlen uns aber sehr wohl und der Insel verpflichtet. Beispiele wie die mehr als 250 Millionen Euro, die wir in Calvià in einer vernachlässigten Gegend investiert haben, oder die Tatsache, dass wir auf das Hotel Villa Le Blanc auf Menorca setzen, das erste klimaneutrale Hotel in Spanien, beweisen unser Engagement für die Balearen und für Spanien.

Wird Ihre Expansion, mit der Sie die 100.000 Zimmer übertreffen wollen, auch die Balearen beinhalten?

Ohne Zweifel. Wir setzen gemeinsam mit Rafa Nadal große Hoffnungen in unser neues Konzept Zel. Das erste Hotel der neuen Marke wird das bisherige Innside Cala Blanca in Palmanova. Wir investieren viel, um das Haus auf den neuesten Stand zu bringen. Sobald wir die Lizenz dazu haben, wollen wir Ende des Jahres auch stark in das zukünftige Gran Meliá Victoria unter neuer Marke investieren.

Sie haben Ihr Gehalt in der Pandemie gestutzt. Wann heben Sie es wieder an?

Wir Verantwortlichen sind die Ersten, die mit gutem Beispiel vorangehen müssen. In den vergangenen Jahren habe ich mein Fixgehalt gesenkt und keine Variablen mehr eingestrichen. Wenn wir locker das Vor-Pandemie- Niveau erreicht haben werden, können wir wieder über Gehaltssteigerungen reden.

Sie sind stark dafür kritisiert worden, die Aussichten für die Branche zu optimistisch zu sehen und damit den Gehaltssteigerungen für die Angestellten den Weg bereitet zu haben.

Im vergangenen Jahr fragte man mich bei einer Veranstaltung mit dem Tourismusminister Iago Negueruela nach den Saisonaussichten, und ich sagte, sie seien denen von 2019 ähnlich. Einige warfen mir danach vor, dass es mir an Besonnenheit fehlte, die Zeit gab mir aber recht. Klar leben wir in einem sehr instabilen Umfeld und sind uns der Sorgen über die Inflation, den Russland-Ukraine-Krieg oder die Zinssteigerungen bewusst. Stand heute sehe ich aber kein Anzeichen dafür, dass sich die Nachfrage verlangsamt. Wenn nichts Gravierendes passiert, wird 2023 ein gutes Jahr sein, was die Einnahmen angeht.

Welche Rolle haben Sie bei dem Tarifvertrag der Tourismusbranche gespielt?

Eine verantwortungsvolle. Wir haben mehr Zimmer als jede andere Kette auf den Balearen und können uns daher nicht erlauben, in die Hochsaison zu gehen, ohne einen Tarifvertrag unterschrieben zu haben – bei all dem, was mögliche Streiks bedeuten. Wir mussten alle ein Stück weit Zugeständnisse machen. Die Unternehmer werden ihnen sagen, dass die ausgehandelten Bedingungen nicht die besten sind und die Angestellten werden dasselbe sagen. Das heißt, es gibt einen guten Kompromiss.

Ihre Beziehung zur Regierung Armengol war von großer Nähe gekennzeichnet.

Ich schaue nicht auf politische Farben, sondern auf die Zusammenarbeit zwischen öffentlicher und privater Hand. Und es stimmt, mit Minister Negueruela habe ich vom ersten Moment an ziemlich auf einer Wellenlänge gelegen, um Projekte zu besprechen und etwa beim Tourismusgesetz meinen bescheidenen Beitrag zu leisten. Ich habe mich mit Iago Negueruela und Francina Armengol sehr gut aufgehoben gefühlt, aber auch mit Jaime Martínez (konservative Volkspartei, d. Red.), als er Tourismusminister war.

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