Illegales Hotel? Die Leitung der Pilgerstätte Lluc gibt sich "total überrascht" von Strafverfahren

In der Diskussion darüber, ob das Bistum Mallorca den beliebten Wallfahrtsort im Tramuntana-Gebirge ohne Genehmigung touristisch vermarktet, reagieren die Kirchenmänner beschwichtigend

Das Kloster von Lluc auf Mallorca ist auch bei Wanderern und Radfahrern beliebt

Das Kloster von Lluc auf Mallorca ist auch bei Wanderern und Radfahrern beliebt / Redaktion DM

Redaktion MZ

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Donnerstagmorgen, 10 Uhr: Es geht trubelig zu an diesem Morgen auf dem Vorhof der Pilgerstätte Lluc. Eine Gruppe deutscher Radfahrer posiert für ein Foto, Wanderer starten ihre Touren, französische Touristen ziehen ihre Rollkoffer über das Kopfsteinpflaster. Wer spirituelle Ruhe sucht, wird hier, im geistlichen Zentrum der Tramuntana, nicht fündig – zumindest nicht zu den Stoßzeiten. „Aber wenn nachmittags die Massen verschwinden, dann wird es ruhig. Wir sind nachts angekommen und es war traumhaft friedlich“, bekräftigt Phillipe, einer der französischen Urlauber. „Es ist eben ein Kloster.“

Tatsächlich ist genau das die Frage, die dieser Tage die Inselpresse, die Politik und das Bistum Mallorca beschäftigt. Inwieweit kann die Pilgerstätte noch als solche bezeichnet werden – wo die Klientel, die Bewerbung und die Vermarktung der 104 Zimmer und Appartements, die Übernachtungsgästen in Lluc zur Verfügung stehen, doch viel eher denen eines Hotels gleichen?

Inspekteure im Wallfahrtsort

Es war am 8. Mai, als Inspekteure des Inselrats die Pilgerstätte persönlich aufsuchten, um die Belegung zu prüfen. Sie stellten fest, dass an jenem Tag 170 Personen in 99 Zimmern unterkamen. Manche von ihnen hatten nur das Zimmer gebucht, andere bekamen Frühstück, weitere nächtigten mit Halbpension. Es handelte sich quasi ausschließlich um ausländische Urlauber, viele von ihnen Radtouristen. Klassische Pilger fanden die Inspekteure nicht – und leiteten ein Strafverfahren ein. Sie sehen es als erwiesen an, dass in der offiziell als Pilgerstätte in den Bergen proklamierten Unterkunft vielmehr ein illegales Hotel betrieben wird. Nicht zuletzt deshalb, weil die Unterkünfte auf mehreren touristischen Plattformen wie „Booking“ oder „Expedia“ beworben werden. Hierbei hebt der Betreiber – das Bistum Mallorca – auch Vorzüge hervor, die rein gar nichts mit der religiösen Erfahrung zu tun haben. So sei der Ort ein „Treffpunkt für den Radtourismus“ heißt es auf der deutschsprachigen Website der Pilgerstätte. Letzter Aspekt ist nicht ohne Ironie, hatte sich doch der mallorquinische Bischof Sebastià Taltavull erst kurz zuvor besorgt über die Überfüllung der Straßen in der Nähe von Lluc aufgrund der vielen Radurlauber gezeigt.

Der eigentliche Knackpunkt ist jedoch: Der Wallfahrtsort verfügt ausschließlich über die Lizenz, Pilgern eine Unterkunft zu bieten, nicht aber über die Genehmigung einer touristischen Vermarktung. Das Bistum ist den Inspekteuren zufolge seiner Pflicht nicht nachgekommen, eine touristische Aktivität ordnungsgemäß anzumelden und darzulegen, dass die entsprechenden Voraussetzungen dafür gegeben sind. Die 268 Übernachtungsplätze seien nicht bei der zentralen Vergabestelle (der „Bettenbörse“) beantragt worden – abgesehen davon, dass diese ohnehin aktuell eingefroren ist und zumindest in diesem Jahr auch keine neuen Betten mehr freigegeben wird. Zudem habe das Bistum laut den Inspekteuren gegen das Werbeverbot für nicht angemeldete Unterkünfte verstoßen.

Schon vor ihrem Besuch hatten die Kontrolleure im Rahmen der diesjährigen Kampagne gegen illegale touristische Angebote zwei Buchungen in Lluc vorgenommen. Vom 27. bis 29. Mai buchten sie für zwei Personen ein Zimmer mit Frühstück für 180 Euro. Für eine Gruppe von neun Personen buchten sie vom 2. bis zum 7. Juni ein Mehrbettzimmer für 1.181 Euro. Teilweise handelt es sich um bescheidene Zellen, teilweise um gut ausgestattete Unterkünfte, ähnlich denen herkömmlicher Hotels. Überdies steht allen Übernachtungsgästen ein Pool auf dem Gelände zur Verfügung. All dies sind Tatsachen, die das Thema in der vergangenen Woche mehrfach auf die Titelseiten der Inselpresse brachte.

"Wellnessbereich in der Basilika"

„Die beeindruckende Architektur der Basilika wird zu wenig genutzt, sie sollte sofort in einen neuen Wellnessbereich umgewandelt werden“, frotzelte sogleich der spitzzüngige Kolumnist der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca“, Matías Vallés.

Derweil betonte der Tourismus-Dezernent des Inselrats, José Marcial Rodríguez, dass man dabei sei, einen Bericht zu verfassen, auf dessen Grundlage analysiert werden könne, ob und welche Strafen das Bistum zu erwarten habe. Grundsätzlich sind bei schwerwiegenden Verstößen gegen das Tourismusgesetz Strafzahlungen von bis zu 400.000 Euro möglich. Bis auf Weiteres könne der Betrieb in den Pilgerunterkünften aber zunächst fortgeführt werden.

Leiter der Pilgerstätte "total überrascht"

Das Bistum selbst spielte das Verfahren zunächst herunter. Gegenüber der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca“ sagte ein Sprecher, man sei lediglich auf einige ausstehende Schritte hingewiesen worden, die zu erfüllen sind, um den Betrieb an das geltende Recht anzugleichen. Angesprochen auf die Radsportler bestätigte der Sprecher, dass diese in Lluc ebenso wie Wanderer unterkommen und dass es sich dabei um Urlauber handelt, die einen engen Bezug zur Natur haben.

Der Leiter der Pilgerstätter, Marià Gastalver meldete sich am Donnerstag(16.5.) erstmals öffentlich zu der Thematik zu Wort und gab sich unwissend. „Es hat uns total überrascht. Wir wussten nicht, dass wir eine Straftat begangen haben, falls dies der Fall sein sollte“, so der Geistliche. Man wolle „so eng wie möglich“ mit den Behörden zusammenarbeiten, um die Situation schnellstmöglich aufzuklären. „Jeder weiß, dass wir seit Jahren die Übernachtungsplätze in Lluc haben. Es geht also nur darum, klarzustellen, dass wir keinerlei Interesse daran haben, etwas zu verbergen, sondern alles regulieren wollen. Lluc ist kein Gästehaus, sondern ein kultureller und vor allem spiritueller Komplex.“ Ähnlich äußerte sich auch Bischof Sebastià Taltavull. Man habe nicht die Absicht, etwaige Unregelmäßigkeiten aufrechtzuerhalten und werde alle angeforderten Informationen liefern, falls dies erforderlich sei.

Derweil forderte Mallorcas Hoteliervereinigung FEHM eine schnelle Aufklärung der Umstände, unabhängig davon, dass es sich bei den Betreibern um die Katholische Kirche handele. „Sollten Unregelmäßigkeiten bestätigt werden, muss der Inselrat genau so hart durchgreifen, wie er es in jedem anderen Fall auch tun würde“, so auch die Forderung des Sprechers der linksgrünen Oppositionspartei Més im Inselrat, Jaume Alzamora.

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