Wenn Kunden auf lokalen Märkten auf Mallorca wie dem Rata Market vor Marcel Escribanos Stand stehen, macht der 44-Jährige immer wieder dieselbe Beobachtung: „Erst, wenn sie gemerkt haben, dass ich einen Gegenstand zweitverwertet habe und wissen, wozu er vorher gedient hat, sind sie überzeugt", sagt der ausgebildete Sozialarbeiter und erinnert sich dabei etwa an einen deutschen Kunden. „Er stand minutenlang vor meinem aus Holz und mit Nägeln und verschiedenen Eisenteilen versehenen Tiefsee-Anglerfisch und wirkte zunächst ziemlich irritiert. Er hat sich dann mit seiner Frau beratschlagt, woher die Teile stammen könnten, die ich dem Fisch als Flossen und Angel angelegt habe." Für die Angel des als Lampenfisch bekannten Tieres hatte er den verrosteten Lenker-Vorbau eines alten Fahrrads verwendet, für die Flossen zwei Halter von Bremsbacken. Am Ende sei der Deutsche darauf gekommen und habe den Fisch, der mit 150 Euro Escribanos teuerster Deko-Gegenstand ist, sogar gekauft.

Seit 2017 bietet der palmesano auf Märkten sowie über Facebook und Instagram unter dem Namen „madera_de_deriva_design" Dekogegenstände aus recyceltem Material an. Auf die Idee kam er 2013. Die spanische Wirtschaft begann gerade damit, sich von der Krise zu erholen. Damals wollte er ein Unternehmen gründen, um mit psychisch kranken Menschen kreativ zu arbeiten. Vom Staat bekam er für das Projekt keine Zuschüsse. Also machte er aus der Recycling-Kunsthandwerk ein Hobby. Hauptberuflich arbeitet Escribano im Hospital General de Mallorca mit Senioren.

Meeresmonster aus Plastik

Nicht nur Treibholz, das er an der Küste findet, Holz mallorquinischer Fensterläden oder Eisenteile kommen in seiner Garage in Vilafranca zum Einsatz. Auch für von den Meeres­wellen immer wieder hin und her gewälzte Glasscherben und am Strand angespülte Plastikteilchen findet der Hobbybastler eine kreative Verwendung. Aus ihnen bastelt er zum Beispiel Fische - oder „Meeresmonster", wie Escribano seine Kollektion nennt. „Wie ­typische Fische sehen sie ja wohl nicht aus", sagt der 44-Jährige.

Andere Objekte sind zum Beispiel Kerzenständer, Lampen, Ohrringe oder Magnete, die mit 4,50 Euro am erschwinglichsten sind. ­Verarbeitet hat Escribano darin die blauen ­Kunststoffreste einer Strandliege, dünne Holzplatten, die aus Obstkisten stammen ­sowie ein Stück Besen.

Einzelstücke von der Insel

„Die meisten Objekte haben einen Bezug zum Meer und sind Einzelstücke", so Escribano. Kunden, die etwa nach zwei identischen großen Plastik-Meeresmonstern für ihre Kinder fragen, könne er nur sagen: „Sorry, aber Ihre Kinder müssen sich wohl darum streiten." Escribano verwendet die Plastikstücke so, wie er sie findet. Auch das Holz belässt er fast immer im Ursprungszustand, bemalt es höchstens. Daher muss der Bastler auch manche Auftragsarbeiten ablehnen. „Wenn Kunden ganz prä­zise Vorstellungen haben oder ich Holz dafür kaufen müsste, widerspricht das meiner ­Philosophie", sagt Escribano.

Nach der Hochsaison fährt er mit seinem Motorrad und einem großen Rucksack wieder los, um etwa an den Stränden von Son Serra de Marina oder Port de Valldemossa Holz, Plastik und Glas zu sammeln. Ob bei den vielen Strandsäuberungsaktionen, die auf der Insel gerade organisiert werden, noch etwas für ihn übrig bleibt? „Hoffentlich kommt irgendwann der Tag, an dem ich dort nichts mehr ­finde", wünscht sich Escribano.

Instagram: madera_de_deriva_design, FB: Madera de deriva & design, Tel.:648-25 12 84