Auf einem Gasherd köchelt Kaffee vor sich hin, die Kinder spielen im Gebüsch Verstecken, und der Klapptisch nebst Stühlen ist schon halb gedeckt. Leo Volpe hantiert an einem Stand-up-Paddle-Brett neben dem Bulli, den er zum Campingwagen umgebaut hat. Vielleicht geht er gleich noch ins Meer. Von seinem Standort am Parkplatz hinter der Cala Agulla bei Cala Ratjada ist er im Nu im Wasser. Vielleicht genießt er aber auch erst einmal ein zweites Frühstück. Wer campt, ist frei – wenn man ihn denn lässt. Ein Camping-Paradies ist Mallorca nun wahrlich nicht: Richtige Campingplätze mit Komfort für die Wohnmobil-Liebhaber gibt es nicht. Mehrere Gemeinden verbieten größeren Fahrzeugen sogar das Parken. „Aber ich habe die Hoffnung, dass sich was bewegt, dass es besser wird“, sagt Leo Volpe.

Seit knapp acht Jahren ist der Argentinier, der mit seiner Familie in S’Illot lebt, dem autocaravaning verfallen. „Ich fahre jedes Wochenende raus, das ganze Jahr über. Wenn es mal nicht geht, weil man Termine am Wochenende hat, fehlt mir gleich etwas“, sagt er. Nach der Arbeit am Freitagabend packt die Familie die Sachen und macht sich auf den Weg, erst Sonntagnachmittag geht es zurück. Im Winter führt es sie häufig nach Lluc. Dort werden Wohnmobile toleriert, und es gibt Picknicktische und Grillstellen.

Im Sommer geht es oft zur Cala Agulla. Leo Volpe zeigt um sich. „Service gibt es hier nicht.“ Kein Wasser, keinen Stromanschluss und – abgesehen von dem nur begrenzt geöffneten Toilettenhäuschen für die Strandbesucher – auch keine sanitären Anlagen. Inbegriffen in dem Preis von 12 Euro pro Wohnmobil und Tag, die man in den Sommermonaten bei der Einfahrt zu entrichten hat, ist eigentlich nur der Standort hinter dem schönen Naturstrand. „Immerhin lassen sie uns hier unsere Markise ausfahren und die Stühle rausstellen. Das ist mehr als anderswo.“ Denn eigentlich gilt: Wer irgendwo auf der Insel, an einem einsamen idyllischen Fleckchen beispielsweise, spontan sein Lager aufschlagen will, darf keinerlei Gegenstände vor den Wagen stellen.

Veto der Hoteliers?

„Die Hoteliers auf Mallorca sind nicht an dieser Art von Tourismus interessiert, sie empfinden das Campen als Konkurrenz. Und leider haben sie viel Einfluss“, beurteilt Leo Volpe. Dabei, glaubt er, irrten die Hoteliers. „Camper sind ein ganz anderes Klientel als Hotelurlauber. Da würde man sich gar nicht in die Quere kommen.“

Dennoch ist Volpe guter Hoffnung, dass sich endlich etwas zugunsten der Camper ändern könnte. Dass das Campen statt verboten, bald besser reguliert wird. „In der Pandemie ist ein regelrechter Boom entstanden. Plötzlich gibt es sehr viele Menschen, die sich selbst ein Wohnmobil zulegen oder sich eins ausleihen. Je mehr es werden, desto eher werden wir auch erhört und ernst genommen“, sagt Volpe und zeigt auf zwei Familien, die in der Nähe ihr Lager aufgeschlagen haben. Auf den Wohnmobilen prangt, nicht zu übersehen, die Nummer der Verleihfirma. Auf Nachfrage bestätigen sie: „Wir sind Neulinge.“

Auch wenn es beim MZ-Besuch am Samstag (31.7.) ruhig ist am Cala-Agulla-Parkplatz – in den vergangenen Monaten war der Trend zum Urlaub auf vier Rädern hier deutlich spürbar. Nach der Ausgangssperre im Juni 2020 standen hier teils bis zu 150 autocaravanas dicht an dicht, ebenso im vergangenen März. Anwohner beschwerten sich, die Mülleimer quollen über. Kurzzeitig ließen das zuständige Rathaus von Capdepera und die private Betreiberfirma des Parkplatzes die Stellfläche daraufhin für Wohnmobile sperren.

Leo Volpe (links) fährt fast jedes Wochenende mit Freunden und Familie campen. | FOTO: MONO Sophie Mono

„Dann ließen sie uns wieder rein, erhöhten den Preis aber von 6 auf 12 Euro. Das hat einige ausgesiebt“, berichtet Paco Saez aus Manacor. Er hat es sich am anderen Ende des Parkplatzes vor seinem Wohnmobil gemütlich gemacht. Vor zwei Jahren erfüllte sich der 53-Jährige seinen langjährigen Traum, erstand ein 20 Jahre altes Gefährt.

Auch er ist einer von denen, der für gewöhnlich am Wochenende die Cala Agulla ansteuert. „Man kommt raus, in die Natur, und hat sein Haus mit dabei“, erklärt er seine Begeisterung. Doch so sehr er die Umgebung hier liebt: Eigentlich fiebert er immer auf die Wochen hin, an denen er Urlaub hat und längere Touren auf dem Festland unternehmen kann. „Dort ist Urlaub im Wohnmobil etwas ganz anderes, gar kein Vergleich.“ Erst vor Kurzem sei er im Baskenland unterwegs gewesen. „Da gibt es so viele voll ausgestattete Campingplätze, die zudem günstiger sind als die Standgebühren hier. Überall hat man die Möglichkeit, das Wasser zu entleeren und aufzufüllen, alles ist unkompliziert über das Internet ausfindig zu machen. Man fühlt sich einfach willkommen“, schwärmt er.

Die Polizei ist misstrauisch

Auf Mallorca habe man es dagegen eher mit der Polizei zu tun als mit wohlwollenden Platzwarten. Selbst auf dem Cala-Agulla-Parkplatz. Wenn die Betreiberfirma die Stellfläche über die Wintermonate sich selbst überlasst und nicht mehr abkassiert, werden die Camper von den Polizisten regelmäßig misstrauisch beäugt. „Dabei sind wir doch die Ersten, denen die Natur am Herzen liegt“, findet Paco Saez. „Die große Mehrheit von uns weiß sich zu benehmen. Und wenn doch mal Neulinge etwas falsch machen, einen Grill aufstellen, Müll liegen lassen oder Fäkalwasser ausschütten, dann weisen wir sie unter uns ganz schnell darauf hin.“

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Das sieht Leo Volpe ähnlich. „Klar gibt es auch unter Campern schwarze Schafe.“ In Son Serra de Marina beispielsweise nützten einige die wenigen Parkmöglichkeiten aus, um ihr Wohnmobil dauerhaft zu parken, obwohl sie es nur am Wochenende benutzten. „So etwas führt natürlich zu Ärger.“ Dass andererseits eine Gemeinde wie Alcúdia vor Kurzem an beliebten Orten selbst das kurzzeitige Parken des Wohnmobils untersagte, ärgert ihn. „Wir zahlen schließlich auch Kfz-Steuern und Gebühren für die Nutzung der Straßen.“

Doch allzu lange hält Volpes Unmut nicht an. Der Kaffee vom Gaskocher ist fertig. Und das Meer ruft.