Ende des Johannisbrot-Booms auf Mallorca: Viele Schoten bleiben am Boden

Ein Kilo der Frucht wurde 2022 noch für teilweise zwei Euro verkauft. Jetzt ist es nicht mal mehr ein Viertel davon wert

Auf einmal kaum noch was wert: Johannisbrotschoten bei der Ernte auf Mallorca

Auf einmal kaum noch was wert: Johannisbrotschoten bei der Ernte auf Mallorca / JOAN MORA

Biel Capó, Pere Morell

Aus ist’s mit dem Hype um die Johannisbrotschoten auf Mallorca. Nachdem der Kilopreis der länglichen braunen Früchte im vergangenen Sommer noch zeitweise bei zwei Euro gelegen hatte, bekommen Landwirte inzwischen nur noch etwa ein Viertel davon.

Die Kooperativen auf Mallorca haben dieser Tage den Ankaufpreis festgelegt. Demnach gibt es für ein Kilo hochwertiger Schoten in diesem Jahr nur 46 Cent, mittlere Qualität wird lediglich mit 41 Cent pro Kilo entlohnt. Und wer nicht Mitglied der Kooperativen ist, bekommt gar nur 36 Cent pro Kilo.

Preisexplosion im Vorjahr ist schuld an der geringen Nachfrage

Die Frucht ist in diesem Jahr kaum noch gefragt, was wiederum unmittelbar mit der Preisexplosion in den vergangenen Jahren zu tun hat. Spekulanten horteten das Johannisbrotkernmehl in großen Mengen. Das ist kein Problem, weil es auch nach mehreren Jahren nichts von seiner Qualität einbüßt. Es bildete sich gar ein eigener Schwarzmarkt rund um das Johannisbrot von der Insel.

Begünstigt wurde der Boom auch dadurch, dass bei der Einfuhr aus Indien – üblicherweise einer der größten Produzenten – große Mengen eines giftigen Pflanzenschutzmittels nachgewiesen worden waren. Deswegen hatten viele Unternehmen auf Produkte aus der EU gesetzt.

Gefragt in der Lebensmittel- und der Kosmetikbranche

Das Mehl der harten Johannisbrotbaumkerne kommt in der Lebensmittelindustrie als Stabilisator, Gelier- und Verdickungsmittel zum Einsatz und stellt eine gesunde Alternative zu anderen teils chemisch hergestellten Zusatzstoffen dar. Als die Preise in die Höhe schossen, griffen viele Unternehmen, die dieses Verdickungsmittel etwa auch in der Kosmetik- oder der Pharmabranche einsetzen, auf günstigere Ersatzstoffe zurück.

Dass die Preise der vergangenen Jahre deutlich zu hoch lagen, darüber sind sich alle Beteiligten einig. „Das war nicht mehr normal“, sagt etwa Landwirt Pedro Melis aus der Nähe von Son Carrió im Osten der Insel. Der Preis für die Johannisbrotschoten sei stets hoch- und runtergegangen, aber dass er Höhen wie 2022 erreichen würde, hätte kaum jemand für möglich gehalten. Er selbst habe nach der Ankunft des Feuerbakteriums Xylella fastidiosa auf Mallorca, das unter anderem die Mandelbäume befällt, mehr auf das Johannisbrot gesetzt.

Erntehelfer lohnen sich dieses Jahr nicht

In diesem Jahr werde es sich nicht lohnen, Erntehelfer anzustellen, so der Landwirt. Er werde auf seine Familienangehörigen zurückgreifen und versuchen, zumindest einige Kilo hochwertige Früchte zu ernten und zu verkaufen. Wie der Verband der die Schoten weiterverarbeitenden Betriebe mitteilte, rechnet man in diesem Jahr auf Mallorca zwischen 15.000 und 20.000 Tonnen, was einem Zuwachs von bis zu 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspreche. Einiges davon wird jetzt wohl auf dem Boden liegen bleiben.

Viele Landwirte hatten in den vergangenen Jahren wegen der stetig steigenden Preise auf Johannisbrot gesetzt, kommen nun aber zu spät für den Boom. Denn die Bäume brauchen rund sieben Jahre, bis sie Früchte geben. Aber auch so sei es ein gutes Zeichen, wenn Johannisbrotbäume gepflanzt würden, sagen Vertreter der Branche. Denn die Bäume spendeten Schatten und seien schön anzusehen – und das auf Grundstücken, die sonst zu wenig anderem zu gebrauchen wären.

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