Alles Öko: Auf diesem Hof auf Mallorca leben die Zicklein artgerecht

Milchziegen liefern feinen Käse. Ein Besuch beim Betrieb Formatges Tramuntana

Nicolau Cerdá mit seinem Hund. | FOTO: NELE BENDGENS

Nicolau Cerdá mit seinem Hund. | FOTO: NELE BENDGENS / Barbara pohle

Ein Kleid mit Blumenmuster ist beim Besuch einer Ziegenherde nicht die richtige Wahl. Es zieht die Tiere magisch an. Sie knabbern am Stoff, drängeln sich unsanft an die Besucher und reiben ihre lang gezogenen Köpfe an ihnen. „Die Murcia-Granada-Ziege ist von Haus aus freundlich“, sagt Nicolau Cerdá. Die zertifizierte Öko-Finca im Vall d’en Marc bei Pollença besaß bereits seine Mutter, genauso wie ein paar Milchziegen dieser Rasse.

Cerdá und sein Teilhaber Josep Sánchez arbeiteten eigentlich im Tourismus. Als die beiden während des Lockdowns plötzlich nichts mehr zu tun hatten, besannen sie sich darauf, dass das Leben noch mehr zu bieten hat, als Urlaubern tauchen beizubringen oder Kreuzfahrten zu organisieren. Sie kauften ein paar Ziegen, anfangs als Hobby, dann lernten sie immer mehr und vergrößerten die Herde.

Die Ziege wählt den Bock

Heute besitzen die beiden 120 Ziegen. Bei der Ankunft der Besucher stehen sie in einem Stall und knabbern lustlos am Stroh, deshalb kommt ihnen wohl der Blumenstoff so verlockend vor. Doch als sich Sánchez in Richtung Weide bewegt, folgt ihm die Herde sofort. Derzeit ist beim Betrieb „Formatges Tramuntana“ gerade noch Sommerpause, die Melkmaschinen sind außer Betrieb. Deshalb ist auch Zeit für eine Führung gemeinsam mit Ziegen und Hütehunden.

„Wir steuern es so, dass die Tiere im Sommer trächtig sind. In dieser Zeit wächst auf der Insel nahrhaftes Futter nur spärlich“, erklärt Sánchez. Seit vergangenem April leben fünf Böcke mit den Zicken und Zicklein. Hat die Ziege den Bock angenommen, stellt sie im dritten Monat ihrer Tragezeit die Milchproduktion ein. Das heißt, auf der Finca gibt es erst wieder Milch und Käse, wenn der Nachwuchs geboren worden ist. Ab Mitte September wird es wieder so weit sein.

Josep Sánchez streichelt eine Ziege. FOTO: Nele Bendgens

Josep Sánchez streichelt eine Ziege. FOTO: Nele Bendgens

Alphaziegen geben den Ton an

Am vierten Tag nach der Geburt kommen jeden Morgen um 6.30 Uhr zwölf Tiere in die Melkstation. „Die ersten vier Wochen trinken die Kleinen nur bei den Müttern“, berichtet Sánchez. Die Rasse liefere angesichts einer Produktion zwischen drei und fünf Litern am Tag genug Milch für Kitze und Käseherstellung. Nach einem Monat werde zugefüttert.

Getrennt wird der Nachwuchs von den Müttern, wenn er drei Monate alt ist. Dabei komme es nicht zu Dramen, denn die etwa zur selben Zeit geborenen Kitze bildeten bereits mit ihren Gleichaltrigen eine „Gang“. „Ziegen verfügen über eine starke Bindung zur Herde“, sagt Cerdá. Diese sei sehr hierarchisch geprägt, die Rolle des Alphatieres übernimmt eine der älteren Ziegen. Trotzdem sei die Beziehung zu Menschen sehr eng.

Das führt jetzt Isidora vor, die, statt mit der Herde mitzurennen, lieber bei Cerdá bleibt. Ihr Fell ist im Gegensatz zu den meist schwarzen Tieren grau – eine Art Albinismus, wie Cerdá erklärt. Sie sei das „schwarze Schaf“ der Herde. Aber das ist noch nicht alles: Da die graue Ziege „null Bock“ auf den Macho hat, hält sie sich zum Schutz lieber in der Nähe ihrer Betreuer und der Besucher auf.

Johannisbrotmehl gibt Würze

Der Ziegenkäse „Sa Cabreta“ erhielt in diesem Jahr den Preis der Vereinigung der Öko-Landwirte der Insel (Apaema). „Sein würziger Geschmack nach gerösteten Mandeln stammt vom beigemischten Johannisbrotmehl“, erklärt Cerdá. Die Reifedauer richte sich danach, ob pasteurisierte oder rohe Milch verarbeitet werde. Pflanzliche und tierische Enzyme machen die Verdickung der Milch sowie die Trennung von Käse und Molke möglich. Immer Anfang Oktober, wenn die Milch wieder in Strömen fließt, kommt sie in Kannen zur Käserei auf dem Hof.

Auch Ziegen kuscheln gern. FOTO: Nele Bendgens

Auch Ziegen kuscheln gern. FOTO: NELE BENDGENS / Nele Bendgens

Ziegen sind Feinschmecker

Ziegen sind hinsichtlich ihrer Ernährung sehr kapriziös. Deshalb wird für sie nur das beste Futter auf der Finca angepflanzt. Zweieinhalb Hektar Weide liegen direkt beim Hof, insgesamt weiden die Tiere auf 20 Hektar, allesamt mit Bio-Zertifikat.

Für die Züchter ist die Regeneration der Böden ebenso wichtig wie die Beachtung der Öko-Regeln für die Zucht. Sie bearbeiten die Böden schonend, ohne zu pflügen. Während die Tiere Gerste, Luzerne und proteinreiche Hülsenfrüchte fressen, düngen sie die Weiden. Deutlich erkennbar sei die Veränderung auf einer Wiese mit Wildkräutern. „Dort sind heute wieder viel mehr Insektenarten unterwegs als früher“, berichtet Nicolau Cerdá. Zahlreiche Marienkäfer haben inzwischen ihr neues Habitat auf den Öko-Weiden bezogen.

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