Die "Essenz Mallorcas": Woher der dunkle Honig kommt und wie er schmeckt

Ein Besuch auf der Finca von Pilar Puig. Dort öffnen, wenn die größte Hitze vorbei ist, die Johannisbrotbäume ihre Blüten. Der dunkle Honig ist reich an Mineralien

Honig, der mit dem Blütenstaub von Johannisbrotbäumen entstand, ist dunkler.

Honig, der mit dem Blütenstaub von Johannisbrotbäumen entstand, ist dunkler. / Equilibri

Sie blühen unscheinbar mitten im Laubwerk, wenn andere Pflanzen längst mit der Samenbildung beschäftigt und vertrocknet sind. Der Johannisbrotbaum hingegen läuft jetzt zur Hochform auf und bietet zugleich Blüten und reife Schoten. Zu sehen ist das etwa auf dem Landgut von Pilar Puig. Sie leitet in fünfter Generation den landwirtschaftlichen Betrieb auf einem 175-Hektar-Anwesen bei Santa Maria del Camí. Hier wachsen an die 2.600 Johannisbrotbäume (Ceratonia siliqua bot., algarrobo span., garrover kat.).

Öko-zertifiziert sind die Felder seit fast 20 Jahren, Bienen und Honig seit fünf. Bei Puig stehen Ausgewogenheit, Biodiversität und Nachhaltigkeit an erster Stelle. Deshalb tragen die Bio-Honigsorten, die ihre Bienen auf dem Anwesen produzieren, auch den Namen „Equilibri“ (Gleichgewicht). Die Insekten sammeln Nektar und Pollen an den Bäumen, die weibliche Blüten und Schoten bilden. Männliche algarrobos produzieren keine Schoten. Dafür sind ihre Blüten bei den hembras gefragt.

Produktive Hermaphroditen

Außerdem gibt es zwittrige Bäume, die Hermaphroditen. Sie sind die produktivsten unter den algarrobos, wie Studien belegen. Deshalb pflanze man heute überwiegend zwittrige Jungbäume, sagt Pilar Puig.

In besonders trockenen Jahren bündelten die Johannisbrotbäume nach der durchlittenen Dürrephase all ihre Kräfte, um üppige Blüten zu bilden. Im vergangenen Jahr sei der Nektar von den Blüten sogar auf die Blätter getropft und dort kleben geblieben, so Puig.

Vergangenes Jahr noch eine hochprofitable Wertanlage: Johannisbrotbäume auf Mallorca. | FOTO: PERE JOAN OLIVER

Vergangenes Jahr noch eine hochprofitable Wertanlage: Johannisbrotbäume auf Mallorca. | FOTO: PERE JOAN OLIVER / Joan Mora, Patrick Schirmer

Alle Honigsorten des Inselherbstes enthielten Substanzen von Johannisbrotblüten, das erkenne man an ihrer dunklen Farbe. Im vergangenen Jahr hätten Analysen ergeben, dass sogar 90 Prozent des im Herbst produzierten Equilibri-Honigs von den Blüten der Johannisbrotbäume stammte. Wegen der blühenden algarrobos enthalten alle mallorquinischen Honigsorten des Herbstes reichlich Mineralien (Kalium, Magnesium, Kalzium).

Sortenreiner Honig (monofloral span.) ist auf der Insel selten, weil die Felder eher klein sind und die Bienen keine Grundstückgrenzen respektieren. Sie steuern die Blüten des Nachbarn an, wenn sie diese verlockender finden. Bei sortenreinem Honig muss mindestens die Hälfte des Volumens von der gleichen Pflanzenart stammen. Reiner Johannisbrotblütenhonig schmeckt leicht herb und erinnert an Lakritz. Laut Puig trägt er die „Essenz Mallorcas“ im Aroma.

Beim internationalen Wettbewerb für Biohonig „Biomiel“ in Italien hat der Algarrobo-Honig Equilibri im vergangenen Jahr in seiner Kategorie eine Goldmedaille mit dem Zusatz „Monoflora-Carrubo“ gewonnen. „Wir versuchen, gemeinsam mit Wissenschaftlern von der Balearen-Universität, für diesen Honig das Gütesiegel „Denominación de Origen“ zu bekommen“, berichtet Puig. Das werde nur vergeben, wenn es sich um ein Produkt der Region handele, das einmalig ist.

Die Produktion von Bio-Honig ist aufwendig. Auf dem Anwesen bei Santa Maria stehen 30 Bienenstöcke. Wissenschaftler empfahlen Puig, die Zahl nicht zu erhöhen, weil die Apis melifera, die vom Imker behütete Honigbiene also, andere Insekten vertreibt. Bei Biodiversität geht es nicht um die Zahl der Insekten, sondern darum, dass jede blühende Wild- oder Kulturpflanze den passenden Bestäuber findet.

Immergrüne CO₂-Fänger

„Der algarrobo zählt zu den Bäumen des Planeten, die am meisten CO₂ aufnehmen und als Sauerstoff abgeben“, sagt Puig. Am produktivsten wären derzeit Bäume, die um die 80 Jahre alt sind. Die Hohlräume ihrer dicken Stämme böten Insekten und Vögeln Nistplätze, Fledermäusen Unterschlupf. Früher pflanzte man einige wenige Johannisbrotbäume zwischen die Mandelbäume, denn genauso wie diese gedieh der algarrobo in Trockenkultur. Die Schoten futterten die Tiere, die Bäume boten Menschen und Herden Schatten.

Auf dem Anwesen bei Santa Maria stehen die Bäume in großen Abständen kreuz und quer. Damit künftig die Ernte einfacher wird, lässt Puig neue Jungbäume in Reih und Glied und in immer gleichen Abständen pflanzen. In den ersten Jahren des Anwachsens ist bei extremer Trockenheit Bewässerung notwendig. Erwachsene Bäume kommen ohne Wasser aus. Doch noch ist die Ernte aufwendig und der Einsatz von Maschinen unmöglich. Mitte September rechen Erntearbeiter die Schoten zusammen und verstauen sie in Big Bags, die mit dem Traktor unter Dach transportiert werden.

Finanziell attraktiv sind die Schoten dieses Jahr nicht, die Preise sind eingebrochen. „Es ist ein Jammer für jeden Landwirt, wenn er sich das ganze Jahr um die Bäume kümmerte und dann statt wie im vergangenen Jahr 2,50 Euro für Bioschoten nur 55 Cent bekommt“, sagt Puig. Wenn die Einnahmen so spärlich sind, bestehe die Gefahr, dass die Landwirte nicht mehr ernten. Puig aber wartet jetzt erst einmal gespannt auf die diesjährige Honigsaison.

Abonnieren, um zu lesen

THEMEN