Erneut Maskenpflicht auf Mallorca: Wo sie getragen werden muss und wo sie nur empfohlen ist

Obwohl die Inselbehörden nicht wollten, müssen sie sich der spanienweiten Maßnahme fügen. Zur Debatte steht derweil noch, ob Arbeitnehmer sich selbst krankschreiben dürfen

Das balearische Gesundheitsministerium setzt sich für die Impfkampagne ein. Auf die obligatorische Atemmaske hätten die Politiker gerne verzichtet.  | FOTO: ESCOBAR

Das balearische Gesundheitsministerium setzt sich für die Impfkampagne ein. Auf die obligatorische Atemmaske hätten die Politiker gerne verzichtet. | FOTO: ESCOBAR / A. Martínez, R. Petzold

Eigentlich sind wir vor anderthalb Wochen ein Jahr in der Zeitrechnung vorangeschritten, aber es fühlt sich ein wenig danach an, als wären wir vier Jahre in der Zeit zurückgereist. Schlagwörter wie Maskenpflicht, Inzidenzzahlen und Impfkampagnen beherrschen die Schlagzeilen. Statt Corona ist es diesmal aber „nur“ die Grippe. Bereits jetzt husten, niesen oder fiebern praktisch alle um einen herum. Der Höhepunkt der Grippewelle soll jedoch erst in wenigen Wochen erreicht werden. Seit Donnerstag (11.1.) ist auf Anordnung der Zentralregierung in den spanischen Arztzentren und Krankenhäusern die Atemmaske wieder obligatorisch. In letzter Minute wurde die Vorgabe am Mittwoch herabgestuft. In Apotheken und Altenheimen ist die Maske nicht Pflicht, zum Gebrauch wird aber geraten. Die Maßnahme ist umstritten und das balearische Gesundheitsministerium war strikt dagegen.

Grippezahlen auf Mallorca wesentlich besser als auf dem Festland

Am Montag (8.1.) waren je 100.000 Einwohner rund 60 Personen auf den Balearen an der Grippe erkrankt. Die Inzidenz der Atemwegserkrankungen im Allgemeinen lag bei rund 260. Allerdings sind die Balearen – mit großem Abstand – die Region Spaniens mit den wenigsten Ansteckungen. Deutlich dramatischer sehen die spanienweiten Zahlen aus. 9,5 von 100.000 Einwohnern müssen stationär behandelt werden. Die Inzidenz liegt bei 953.

Sechs spanische Regionen – Katalonien, Murcia, Valencia, Asturien, Aragonien und die Kanaren – hatten angesichts der Grippewelle zuvor schon eigenständig entschieden, dass die Atemmaske im Gesundheitswesen wieder Pflicht wird. Für diese Regionen wolle man nun auf Landesebene einen rechtlichen Rahmen schaffen, sagte die spanische Gesundheitsministerin Mónica García am Dienstag. Die Atemmaske habe sich während der Coronapandemie erprobt und sei eine einfache sowie effektive Maßnahme gegen Ansteckungen. Wie lange die Pflicht gelten soll, ist noch unbekannt. García sprach von einer „vorübergehenden Maßnahme“.

Díaz Ayuso schert aus

Tags zuvor war sie mit ihrem Anliegen, einen Konsens mit den regionalen Gesundheitsministern zu erzielen, allerdings noch gescheitert. Allen voran Madrids Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso, die während der Coronapandemie mit Laissez-faire-Politik populär wurde, scharte Verbündete um sich und fand diese in Andalusien und auf den Balearen.

Die balearische Gesundheitsbehörde fühlt sich durch die spanische Entscheidung auf die Füße getreten. „Natürlich werden wir die Vorgaben nun erfüllen“, sagte die balearische Gesundheitsministerin Manuela García. „Allerdings glaube ich, dass die Kompetenz einer solchen Maßnahme bei uns liegen sollte. Wir befinden uns nicht in einem Notfall, der die Atemmaske rechtfertigt.“ Die balearischen Gesundheitsbehörden hatten zuvor nur zum Gebrauch der Maske geraten, wenn man selbst erkrankt ist oder im engen Kontakt mit einem Kranken steht. Die Inselpolitiker hatten im Kampf gegen die Grippewelle eher auf die Impfkampagne gesetzt.

In zwei bis drei Wochen kommt der Höhepunkt der Grippeepidemie

Ihrer Namensvetterin wirft Manuela García vor, für eine Alarmstimmung zu sorgen. Damit ist sie zumindest im Gesundheitsbereich weitgehend isoliert. Zahlreiche Ärzte- und Gesundheitsverbände haben in den vergangenen Tagen die Nutzung der Maske verteidigt. Die Maske sei ein Schutz für Risikogruppen und führe zu einer niedrigeren Inzidenz, hieß es aus dem Sektor.

In den Krankenhäusern ist die Lage angespannt, man könne aber nicht von einem Kollaps sprechen, sagte Miguel Lázaro, Präsident des Ärzteverbands Simebal. Besonders die kleineren Kliniken in Manacor und Inca sind voll und müssen Patienten an die größeren Krankenhäuser Son Llàtzer und Son Espases abgeben.

Der Höhepunkt der Grippeepidemie wird in zwei bis drei Wochen erwartet – wegen der Patronatsfeste Sant Antoni und Sant Sebastià und vor allem wegen des Schulstarts nach den Weihnachtsferien am Montag (8.1.). Das Gesundheitsministerium appellierte an die Eltern, ihre Kinder nicht mit Erkältungssymptomen in die Schule zu schicken.

Selbst krankschreiben

Auch mit einem zweiten Anliegen stieß die spanische Gesundheitsministerin auf wenig Zuneigung. Sie wolle gemeinsam mit ihren Mitarbeitern prüfen, ob sich die Arbeitnehmer in Spanien bei leichten Erkrankungen selbst krankschreiben können, um das Gesundheitssystem von Bürokratie zu befreien. Bis zu drei Tage sollen sich die Patienten selbst die Bettruhe verschreiben können.

Nicht nur die regionalen Gesundheitsminister sind dagegen, die darin die Autorität der Ärzte untergraben sehen, sondern auch die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. Das spanische System sieht gewissermaßen einen Schutz vor dem Blaumachen vor. So sind die Arbeitgeber gesetzlich nicht verpflichtet, die krankgeschriebenen Arbeitnehmer an den ersten drei Krankheitstagen zu bezahlen.

Jordi Mora, Präsident des Verbandes der kleinen und mittelständischen Unternehmen (PIMEM), verweist jedoch darauf, dass viele Tarifverträge gesonderte Regeln und somit eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ab dem ersten Tag vorsehen.

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