Manche der Wohnblocks sind seit etwa zwölf Jahren nahezu fertig, doch einziehen wird hier in der idyllisch über Port d'Andratx gelegenen Siedlung Montport niemand mehr. Im Gegenteil: Die bereits existierenden acht Gebäude mit insgesamt rund 90 Wohnungen sollen in absehbarer Zeit abgerissen werden. Womit dann auch der Traum von zahlreichen vor allem ausländischen Mallorca-Residenten endgültig ausgeträumt ist, in privilegierter Lage über dem Luxushafen zu residieren.

Der Oberste Gerichtshof der Balearen hat vergangene Woche ein bereits ergangenes Urteil bestätigt, nach dem die Gemeinde Andratx aufgrund der illegalen Bauarbeiten in Montport rund 15 Millionen Euro Entschädigung zahlen muss. Ein Großteil des Geldes soll an den Bauträger fließen, der an dieser Stelle 20 Gebäude mit 150 Wohnungen errichten wollte. Ein kleinerer Teil der Entschädigungen entfällt auf 13 Eigentümer, die bereits ab Plan Wohnungen in der Anlage erstanden hatten und die laut Gericht keine Schuld trifft. Sie hätten nicht wissen können, dass sie auf einem geschützten Gebiet kauften.

Die Gemeinde Andratx muss den Bau­träger und die verhinderten Eigentümer ­deshalb entschädigen, weil sie in einem unter Naturschutz stehenden Gebiet Baulizenzen ausgestellt hatte. Die Erteilung der Genehmigungen geht zurück auf die Zeit, als im Rathaus von Andratx mit Eugenio Hidalgo von der konservativen Volkspartei ein mittlerweile wegen Korruption verurteilter Politiker das Sagen hatte. Hidalgo hat inzwischen mehrere Jahre im Knast verbüßt. Unter seiner Ägide wurde dem Bauträger in Montport die Erlaubnis zuteil, den Wohnkomplex samt Garagen und Pools zu errichten. Zuvor hatte die Gemeindeverwaltung von Andratx festgelegt, dass das Gebiet von Montport Bauland sei. Auf Basis dieser Klassifizierung wurden die Genehmigungen verabschiedet, die später ­sogar noch ausgeweitet wurden.

Doch die Gemeinde Andratx setzte sich bei der Erteilung der Lizenzen über den Inselrat von Mallorca hinweg, der das Gebiet bereits 1991 im Rahmen des Gesetzes über Naturschutzgebiete (Ley de espacios naturales) unter Schutz gestellt hatte. Kurz nach Beginn der Bauarbeiten und den ersten Verkäufen ab Plan stellte das Baudezernat des Inselrats erneut klar, dass es sich bei Montport nicht um Bauland handelte, sondern um ein besonders geschütztes Gebiet, ein sogenanntes bewaldetes ARIP (Area rural de interés pasajístico). Eine Bebauung ist dort gänzlich untersagt. Zwar wurde der Raumordnungsplan des Inselrats endgültig erst nach der Vergabe der Lizenzen verabschiedet, doch hatte der Entwurf zu ­diesem Zeitpunkt bereits vorgelegen. Laut dem Inselrat handelte die Gemeinde Andratx damit illegal und hätte keine Baugenehmigungen erteilen dürfen.

Das Rathaus hatte deswegen keine andere Wahl, als die Bauarbeiten zu stoppen und die Baulizenz wenig später wieder zurückzunehmen. Der Bauträger Prosmi wandte sich daraufhin an die Gerichte, um den Baustopp ­wieder aufzuheben. Das Vorhaben missglückte, die Gerichte beriefen sich in ihren Urteilsbegründungen vor allem auf die Tatsache, dass das Gebiet bereits 1991 vom Inselrat unter besonderen Schutz gestellt worden war. Außerdem hatte sich der Inselrat im Jahr 2005 geweigert, den von Hidalgo vorgelegten Raumordnungsplan zu akzeptieren, und den Bürgermeister darauf hingewiesen, dass viele der von ihm genehmigten Bauprojekte gegen geltendes Recht verstießen. Dennoch begannen in Montport die Arbeiten für die 150 Wohnungen.

Hintergrund des Problems in Andratx ­waren lange Zeit vor allem die großzügigen Bauvorschriften aus dem Jahr 1978, als man noch wenig Sinn für Landschaftsschutz hatte. Die Vorschriften hätten längst geändert werden sollen. Dass es nicht dazu kam, dafür machten sich Gemeinde und Inselrat lange Zeit gegenseitig verantwortlich.

Die Politiker, die heute in Andratx das ­Sagen haben, sind gelinde gesagt nicht ­begeistert über die Altlasten, die ihnen vor ­allem Ex-Bürgermeister Hidalgo hinterlassen hat. Der Baudezernent der Gemeinde, Joan ­Manera von der Ökopartei Més, beklagt im Gespräch mit der MZ, dass eine Entschädigungszahlung von 15 Millionen Euro das Rathaus in arge Bedrängnis bringen würde. „Immerhin beträgt unser jährlicher Etat für die gesamte Gemeinde gerade mal 20 Millionen Euro", sagt Manera. „Überlegen Sie mal, was man für 15 Millionen Euro alles machen könnte: Kinderkrippen, Sportplätze, die Straßen neu asphaltieren. Es macht mich sehr wütend, dass die Bürger von Andratx jetzt für die Verfehlungen früherer Politiker zahlen müssen."

Zumal es voraussichtlich nicht bei den 15 Millionen Euro bleiben wird. Laut Manera haben die Arbeiten in Montport zwei Bauträger ausgeführt. „Und der andere, auch wenn er der kleinere der beiden war, wird ebenfalls seine Entschädigungsforderungen stellen." Noch dazu kommen dann die Kosten für den Abriss der bereits existierenden Gebäude ­sowie die Renaturierung des Areals, die ebenfalls die Bürger des Ortes mit ihren Steuergeldern zahlen müssten. Die Gemeinde werde auf jeden Fall prüfen, inwieweit sie Hidalgo und mögliche weitere Schuldige zur finanziellen Verantwortung ziehen könnte, so Manera.

Aufgrund der finanziellen Tragweite des Urteils werde man sich die Möglichkeiten ­eines Einspruchs genau anschauen. „Wir ­analysieren gerade, ob es möglich und aussichtsreich ist, das Urteil anzufechten. Sollten unsere Experten zu dem Ergebnis kommen, dann werden wir es auf jeden Fall tun", sagt Joan ­Manera. Zeit hätte das Rathaus dafür bis zum 30. Dezember.