Pere Estelrich erinnert sich an die Zeit Ende der 80er-Jahre, als wäre es gestern gewesen. Ende 1988 wurde der damals 33-jährige Mathematiker und Musikwissenschaftler dazu berufen, als Geschäftsführer ein neues Sinfonie­orchester auf den Balearen aufzubauen. Ein Jahr Arbeit gipfelte dann im ersten Konzert des Orquesta Sinfónica de Baleares „Ciudad de Palma" am 30. September 1989 im Auditorium von Palma. Die Sinfoniker begehen das Jubiläum am kommenden Montag (30.9.) mit einem außerplanmäßigen, kostenlosen Konzert mit der Mezzosopranistin María José Montiel.

Vor genau 30 Jahren eröffneten die Sinfoniker an einem Samstagabend mit der Ouvertüre „Rosamunde" von Schubert, Arien aus den Rossini-Opern „Tancredi" und „La Cenerentola" sowie der „Schottischen Sinfonie" von Mendelssohn-Bartholdy. Dem Kritiker des „Diario de Mallorca" war die Begeisterung über ein professionelles Sinfonieorchester anzumerken. „Sagen wir es gleich zu Anfang, dass die neue Etappe nicht glücklicher und enthusiastischer hätte beginnen können."

Dass es tatsächlich bereits im September mit dem Eröffnungskonzert klappte, hält Pere Estelrich nach wie vor für ein kleines Wunder. „Wir haben Tag und Nacht gearbeitet, Samstag und Sonntag und so gut wie jeden Feiertag", erzählt der 64-Jährige, der heute neben seiner Tätigkeit als Lehrer am Colegio San Cayetano auch als Musikkritiker und freier Journalist aktiv ist. „Es herrschte eine richtige Aufbruchsstimmung. Das war die Zeit, in der viele spanische Städte beschlossen, ein professionelles Sinfonieorchester aufzubauen." Auf Mallorca, wo es bis dahin lediglich eine Banda Municipal de Música mit Amateurmusikern gab, war diese Initiative vor allem dem Klassik-Liebhaber Toni Roig zu verdanken. Der Rektor der Universität bearbeitete verschiedene Politiker ausdauernd, und weil seine Stimme gehört wurde, kam er mit seinem Anliegen durch. Die Stadtverwaltung von Palma, die Landesregierung sowie der Inselrat taten sich zusammen und beschlossen den Aufbau des Sinfonie­orchesters. Als ersten Dirigenten verpflichtete das Konsortium Luis Remartínez, der bei den Sinfonikern von Valladolid angestellt, aber regelmäßig in Palma zu Gast war und die Banda Municipal de Música dirigierte.

Man stellte Estelrich und Remartínez eine Sekretärin sowie eine Verwaltungskraft zur Verfügung. „Im Februar haben wir angefangen, und im April waren schon die ersten ­Musiker zu den Vorspielen da." Dabei wurde der ­Geschäftsführer geradezu überrannt von potenziellen Kandidaten. „Wir hatten damit gerechnet, dass sich pro ausgeschriebener Stelle vielleicht fünf Bewerber melden. Das war der Durchschnitt bei den anderen Sinfonie­orchestern im Land. Aber auf ­Mallorca haben sich 50 gemeldet." Was Fluch und Segen zugleich war. Die Vorspiele zogen sich zwar deutlich länger hin als gedacht, dafür konnten Estelrich und Remartínez die Crème de la Crème auswählen. „Die Qualität war durch die schiere Menge der Bewerber außergewöhnlich." Die Kandidaten seien aus aller Welt nach Mallorca gereist. Rund 40 Prozent der Musiker, die damals nach Palma kamen, spielen heute noch bei den Sinfonikern.

Im Sommer ging Estelrich auf eine Spanien-Reise, um sich die Organisation in anderen Städten anzuschauen, Instrumente zu kaufen sowie die passenden Hüllen. „Wir sind ja mit den Instrumenten per Schiff nach Menorca, Ibiza und Formentera gereist."

Aus der ehemaligen Banda Municipal de Música, die heute noch existiert, schlossen sich nur wenige Musiker den Sinfonikern an. Zum einen reichte häufig ihr musikalisches Niveau nicht aus, zum anderen betrieben die Mitglieder der Banda die Musik nur als Hobby. „Weil die Sinfoniker jeden Tag geübt haben, konnten viele das nicht mit ihrer Arbeit vereinbaren", sagt Estelrich. So starteten die Sinfoniker mit 60 fest angestellten Musikern. Diese Saison sind es 63.

Für Estelrich ging die Etappe bei dem ­Ensemble bereits 1992 zu Ende. „Die Politiker gaben uns nicht das vereinbarte Geld, verlangten aber gleichzeitig, dass wir unsere Reise­tätigkeit auf die anderen Inseln beibehalten, was viel Geld verschlang." Als dann die Idee aufkam, statt zwei Konzerten im Monat nur noch eines zu geben, reichte es Estelrich. „Für ein Konzert im Monat brauchen wir kein professionelles Sinfonieorchester in Palma", sagte er - und ging.

INFORMATION

Jubiläumskonzerte mit María José Montiel. Werke von Bizet, Toldrà und Marqués. 30.9., 20.30 Uhr Auditorium Palma, 1.10., 20 Uhr Auditorium Manacor

1. Abo-Konzert

mit Frank Peter Zimmermann, Violine. Werke von Beethoven und Prokofjew. 10.10., 20 Uhr Auditorium Palma

2. Abo-Konzert

Werke von Tschaikowsky und Schostakowitsch. 31.10., 20 Uhr Auditorium Palma

3. Abo-Konzert

mit Gerhard Oppitz, Klavier. Werke von Brahms und ­Beethoven. 14.11., 20 Uhr ­Auditorium Palma

4. Abo-Konzert

mit Manuel Blanco, Trompete. Werke von Rachmaninow und Schneyder. 21.11., 20 Uhr ­Auditorium Palma.

Karten für alle Konzerte: auditoriumpalma.con