Die Vorhänge öffnen sich, und Licht, Musik und Bühne entführen den Zuschauer in eine andere Welt. Eine Welt mit Prinzessinnen und Königen, mit unsterblicher Liebe, Tragik und Verrat. Damit eine Oper zustande kommt, braucht es nicht nur Sänger und Orchester, auch Bühnenbild und Kostüme helfen bei dem Zauber. Letzteres ist Beruf und Berufung von Lorena Marín. Die Italienerin hat bereits Kostüme für große Opernhäuser und Festivals wie die Arena von Verona, das Puccini-Festival in Torre del Lago oder das Shanghai Opera House entworfen. Außerdem hat sie bei Historienfilmen wie „Elizabeth“ und „Casanova“ mitgearbeitet.

Jetzt sind Kostüme von ihr in Palma zu sehen. Am Samstag (26.2.), Montag (28.2.) und Mittwoch (2.3.) läuft im Teatre Principal Verdis „Un ballo in maschera“. Es handelt sich um eine Gastproduktion des Teatro Regio in Parma. Marín ist mit ihren Kostümen angereist, um in den drei Wochen vor der ersten Aufführung zusammen mit lokalen Schneidern die Kleider an die Sänger anzupassen. Für die Produktion wird ein historisches Bühnenbild von 1913 verwendet.

Was verändert sich bei der Arbeit mit einem solchen historischen Bühnenbild?

Es war wichtig, Kostüme zu entwerfen, die das Bühnenbild respektieren, das sehr gedeckte Farben hat. Die Kostüme sollten etwas Staubiges haben und matt sein. Wir haben die seidigen Stoffe teilweise mit Tüll bezogen, damit sie nicht zu viel glänzen und den Hintergrund nicht überstrahlen. Wenn ich ein Kostüm entwerfe, muss ich nicht nur an die einzelne Figur denken, sondern auch daran, dass es gut in die Szene und auf die Bühne passt. Es soll am Ende Teil der Figur und Teil des Bühnenbilds sein. Es darf nicht auf eine brutale Art herausstechen.

Gleichzeitig sollen die Kostüme auch selbst historisch sein, die Oper spielt Ende des 17. Jahrhunderts.

Viele Menschen fragen mich, wie ich historische Kostüme entwerfe. Schließlich kann ich nicht einfach meiner Fantasie freien Lauf lassen. Ich wollte die Zeit respektieren, die Verdi sich vorgestellt hat. Ich habe mir historische Gemälde und historische Kleidungsstücke angesehen, die in Museen ausgestellt werden. Daraus habe ich dann meine eigenen Kostüme entworfen.

Sagen die Kostüme auch etwas über die Figuren aus?

Natürlich. Zum Beispiel zeigt die Kleidung den Status der Figur. Das Volk trägt Klamotten in Erdfarben, die durch speziellen Baumwolltüll matt und alt wirken. Früher musste das Volk viele Jahre lang die gleiche Kleidung tragen. Außerdem wollte ich zeigen, dass sie Kinder der Erde sind. Der Adel trägt stärkere Farben, die im Vergleich auch mehr leuchten. Die Bourgeoisie liegt irgendwo dazwischen. Dadurch ist immer klar, wer aus welcher Schicht kommt. Ein Teil des Publikums hat davor wahrscheinlich nicht die Handlung der Oper nachgelesen. Deswegen muss ich als Kostümbildnerin den Zuschauern helfen, in der Geschichte zurechtzukommen.

Sie haben auch bei verschiedenen Historienfilmen mitgearbeitet. Ist es anders als die Arbeit für eine Oper?

Ja. Bei Filmen muss man sehr exakt arbeiten, weil die Kamera Nahaufnahmen der Kleider zeigt. In der Oper sitzt das Publikum 25 bis 50 Meter entfernt. Aber in dieser Produktion haben wir trotzdem mit vielen Details gearbeitet. Zum Beispiel tragen die Frauen viele Schichten an Röcken, die man eigentlich nicht sieht. Aber wenn sie sich auf der Bühne bewegen, haben die Kleider dadurch ein anderes Volumen. Ich mache ungern halbe Sachen.

Was ist Ihnen denn lieber? Die Arbeit für Opern oder Filme?

Für Opern.

Warum?

Weil man mehr Zeit hat. Bei Filmen arbeitet man von zwei Uhr morgens bis zehn Uhr abends. Und ich schlafe gern … (lacht). Außerdem: Auch wenn ich Filme liebe, bevorzuge ich die Oper. Die Emotionen sind größer.

Wie lange haben Sie an den Kostümen für „Un ballo in maschera“ gearbeitet?

Ich habe sie entworfen, den Schnitt gemacht und zusammen mit einer Gruppe Schneider genäht. Insgesamt habe ich an dieser Oper sieben Monate gearbeitet.

Das ist eine lange Zeit für ein Projekt …

Ja, es ist aufwendig, aber ich liebe die Arbeit an historischen Kostümen. Schon mit 14 wollte ich diese Arbeit einmal machen. Mein Vater hat mich für verrückt erklärt. Aber ich fühle einfach, dass es meins ist. Moderne Kleider will ich dagegen nicht entwerfen.

Wie kommt das?

Mich interessiert die Geschichte, die die Kostüme zu erzählen haben. Die Mode sagt immer etwas über die Zeit aus. Mal ist sie düster, mal überladen. Mich interessiert, warum die Menschen sich in einem gewissen Jahrhundert so oder so angezogen haben. Zudem ist die historische Mode spektakulärer, eine wundervolle Welt. Giorgio Armani, Valentino, Prada: Alle wollen mindestens einmal Kostüme für eine Oper oder ein Ballett entwerfen. Weil die Kostüme, die sie für Aufführungen entwerfen, für immer aktuell bleiben. Moderne Mode dagegen kann vielleicht wunderschön sein, aber ist in ein paar Monaten bereits veraltet.

Um wieder zurück zu der Oper in Palma zu kommen. Gefällt Ihnen „Un ballo in maschera“?

Sehr. Ich mag alles von Verdi. Vor allem seine frühen Werke. Ich werde sehr emotional, wenn ich Chorgesang höre. Und in dieser Oper gibt es sehr viel Chor. Das Stück hat eine große Energie. Opern wecken generell unglaubliche Emotionen. Wenn die Vorhänge aufgehen und die Musik beginnt, ist das ein einzigartiges Gefühl.