Bei der neuen Dauerausstellung der Miró-Stiftung auf Mallorca steigen Sie in eine Zeitkapsel ein

„Miró, 1983“: Mehr als 100 Werke des Künstlers sind dabei über das gesamte Moneo-Gebäude verteilt. Viele davon umgibt die Aura des Unvollendeten

Vollende Arbeiten von Joan Miró im Cúbic-Bereich.

Vollende Arbeiten von Joan Miró im Cúbic-Bereich. / Nele Bendgens

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Das Motto „Weniger ist mehr“ hat der Kurator Enrique Juncosa für seine Gestaltung der neuen Sammlungspräsentation in der Miró-Stiftung auf Mallorca geflissentlich ignoriert. „In den Museen gibt es eine vom Minimalismus beeinflusste Tendenz, nur wenige Werke zu zeigen. Was ich hier versucht habe, war aber möglichst viel zu zeigen“, erklärt er bei einem Rundgang rund eine Woche vor Eröffnung der Dauerausstellung „Miró, 1983“. Viele Menschen wüssten gar nicht, was die hauseigene Sammlung alles zu bieten hat, sagt er.

Die Stiftung auf der Insel mag zwar weniger mit besonders berühmten Miró-Werken punkten und besitzt laut Juncosa tatsächlich nur fünf vollendete Gemälde. Doch dafür gibt es die architektonischen Schätze – den Moneo-Bau, das Taller Sert und Son Boter. Und vor allem spürt man hier den kreativen Schaffensprozess, der die unvollendeten Arbeiten noch wie eine Aura umgibt. „1983 war Mirós Todesjahr und er hatte bereits seit zwei Jahren nicht mehr gemalt“, so Juncosa. „Ich wollte eine Art Zeitkapsel kreieren, in der man die Ateliers, das Haus und alles, was dieser bedeutende Künstler bis zum Moment seines Verschwindens geschaffen hat, sehen kann.“ Und eben auch das, was er nie zu Ende führen konnte.

"Experimentier-Eifer" des späten Miró

Kurator Enrique Juncosa.

Kurator Enrique Juncosa. / Nele Bendgens

In der Ausstellung wird erläutert, welche Werke fertiggestellt sind und welche nicht, und wo in dieser Frage Zweifel herrschen. Außerdem wird die große Vielfalt an Techniken deutlich. Es beginnt mit einer Auswahl an Gouachen und Zeichnungen. Dann eröffnet sich für die Besucher beim Rundgang durch das Moneo-Gebäude, wo die mehr als 100 Werke präsentiert sind, ein Wow-Effekt beim Blick auf ein faszinierendes Gefüge aus Skulpturen und zweidimensionalen Arbeiten.

Darunter ist ein Ensemble von Monotypien aus Mirós letzten Lebensjahren. Bei diesem speziellen Druckverfahren entsteht jeweils ein Unikat. Die grafischen Arbeiten sind so kraftvoll wie außergewöhnlich – würde man sie aus dem Kontext nehmen, käme man womöglich nicht auf den Namen ihres Schöpfers. „Sie erscheinen mir ziemlich sonderbar, und wir wissen nicht, ob sie horizontal oder vertikal gedacht waren“, sagt der Kurator. Er habe diese späten Arbeiten ausgewählt, um Mirós „Experimentier-Eifer“ zu verdeutlichen.

Skulptur und Monotypien in der Ausstellung "Miró, 1983"

Skulptur und Monotypien in der Ausstellung "Miró, 1983" / Nele Bendgens

Vollendete Gemälde im Cúbic-Bereich

Zu den Skulpturen erklärt er, dass der Künstler schon Mitte der 1940er-Jahre begann, mit Gips zu modellieren und mit Bronze zu arbeiten. „Aber vor allem in den 60er- und 70er-Jahren gehörte dies zu seinem Werk.“ Miró verwendete dazu lokale Motive wie die typisch mallorquinischen Flechtkörbe oder Kürbisse und setzte die einzelnen Elemente in wilden Kombinationen zusammen. Das habe mit der Methode des „Cadavre Exquis“ zu tun, erklärt Juncosa – einem im Surrealismus erfundenen Spiel mit gefaltetem Papier, bei dem der Zufall neue Bilder entstehen lässt.

Im Espai Estrella ist eine Reihe sehr großer, unvollendeter Gemälde zu bewundern, denen der Kurator Keramikarbeiten an die Seite stellt. Dann folgen Künstlerbücher und Stiche, bevor die Schau im Cúbic-Bereich mit vollendeten Werken endet. Diese Arbeiten, für die Miró verschiedene Materialien verwendete, sind überwiegend ab den 60er-, 70er-Jahren entstanden. Zu dieser Zeit kreiste er um wiederkehrende Themen wie Frauen, Vögel und den Nachthimmel: Der Künstler versank vor seinem Tod tief in sein eigenes Universum voll Symbolik und Poesie.

Großformatige Malerei im Espai Estrella.

Großformatige Malerei im Espai Estrella. / Nele Bendgens

Neue Dauerausstellung „Miró, 1983“, Vernissage: 21. März, 19 Uhr, voraussichtlich bis 31. Dezember 2025, Miró Mallorca, C/. Joan de Saridakis, 29, Palma, Di.-Sa. 10-18 Uhr, So. 10-15 Uhr.

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