Sie war zeitweise die meistfotografierte Frau der Welt, und auch bei der Pressekonferenz am Dienstag (25.10.) im Hotel Portixol in Palma de Mallorca erwartete Nastassja Kinski (61), Tochter von Klaus Kinski, ein Blitzlichtgewitter. Allein: Die Schauspielerin, die in den späten 70er- und den 80er-Jahren ihre größten Erfolge verzeichnete, schien sich ohne Unterstützung eines Filmteams an ihrer Seite mit der geballten Aufmerksamkeit nicht sonderlich wohlzufühlen. „Ich möchte, dass Sie wissen, dass es sehr merkwürdig ist, hier zu sitzen, wenn so viele Menschen einen anschauen, die man nicht kennt“, sagte sie am Ende einer in vieler Hinsicht bemerkenswerten Gesprächsrunde zu den Journalisten.

Scheu wie ein Reh lächelte sie und gab zumeist nur wenig aussagekräftige Antworten. Dabei freue sie sich sehr und sei stolz und dankbar, als Stargast beim Evolution Mallorca International Film Festival (EMIFF) dabei zu sein und den Preis „Cine de Mallorca“, der vom Kulturdezernat der Insel und der Mallorca Film Commission vergeben wird, zu erhalten.

Drehs mit den ganz großen Regisseuren

Wim Wenders, Roman Polański, David Lynch oder Francis Ford Coppola: Kinski drehte im Laufe ihrer Karriere mit den ganz großen Regisseuren. Für diese Erfahrungen sei sie sehr dankbar, doch sie betonte: „Filme sind nicht das Einzige für mich. Ich habe kein Problem damit, wenn es weitergeht. Aber wenn ich heute aufhören würde, wäre das für mich absolut in Ordnung. Ich habe so ein erfülltes Leben.“ Bereue sie etwas in ihrer Filmkarriere? „Ja, aber das ist Ordnung. Man möchte immer etwas besser machen“, sagte sie in ihrer sanften, mädchenhaften Stimme.  

Ihre Erinnerungen an den Dreh des legendären Films „Paris, Texas“ (1984) von Wim Wenders wollte sie lieber ganz für sich behalten – denn das, was Schauspieler tun, sei eine „sehr persönliche Reise“. Dafür ließ Kinski verlauten, dass sie derzeit neue Filmprojekte hat – allen voran „Die stillen Trabanten“ von Regisseur Thomas Stuber, unter anderen mit Martina Gedeck, der am 1. Dezember im deutschen Kino anlaufen wird. Die aktuelle Filmszene in Deutschland verfolge sie mit Interesse. Neben Stuber schwärmte die Schauspielerin besonders von dem Regisseur Fatih Akin, den sie „wundervoll“ findet.  

Traumrolle: Detektivin

In den vergangenen Jahren war es recht still um Kinski geworden. Auf die Frage, welche drei Filme aus ihrer Karriere sie empfehlen würde, nannte sie denn auch ihre frühen Erfolge „Tess“ (Polański, 1979, für die Rolle erhielt sie einen „Golden Globe“) und natürlich „Paris, Texas“. Zuletzt machte Kinski weniger mit Kinoerfolgen als mit Auftritten bei „Let’s Dance“ und einer Quiz-Show im deutschen Fernsehen von sich reden. Darauf angesprochen, sagte sie erfrischend ehrlich: „Ich habe sehr jung angefangen, und war dabei von großen, intellektuellen Leuten umgeben. Aber ich mag Spaß und echte Verbundenheit, ich mag Theater und Shows. Sie sind etwas Neues für mich.“ 

Spaß hätte Kinski auch an einer ganz besonderen Rolle: „Ich würde gerne einmal eine Detektivin spielen“, erzählte sie. Denn sie wisse viel über die Arbeit von Detektiven, Polizei und Feuerwehr. An ihrer Seite wünscht sie sich dabei einen Hund. Vor allem aber würde sie auf diese Weise gern Aufmerksamkeit auf das Thema Kinder- und Jugendschutz lenken. Ein verständliches Ansinnen, wenn man bedenkt, dass Kinski selbst unter ihrem tyrannischen Vater litt und dieser ihre Halbschwester Pola jahrelang sexuell missbraucht hatte. 

Im Hinblick auf dieses Thema findet sie die „Tatort“-Folge „Reifezeugnis“ von 1977 heute noch relevant, mit der sie als 15-Jährige berühmt wurde. Denn auch der Krimi um eine Schülerin, die ein Verhältnis mit ihrem Lehrer hat und einen Mitschüler ermordet, behandle letzlich das wichtige Thema, dass Minderjährige unbedingt von Erwachsenen geschützt werden müssen – obwohl der Film heute sicherlich ganz anders gedreht worden wäre. „Geschichten bleiben“, sagte Kinski.