Das Teatre del Mar in Palma de Mallorca feiert seinen 30. Geburtstag mit einem hochkarätigen Programm

Das Teatre del Mar in Molinar feiert seinen 30. Geburtstag. Carles Molinet, der Leiter, gründete es mit einigen Mitstreitern, um dem Publikum nicht nur zu geben, was es will. Sondern vor allem, was es braucht

Bei dem Theaterstück  „Petites Tragedies“ wird Theaterdirektor Carles Molinet (li.) auch selbst wieder einmal auf der Bühne stehen.

Bei dem Theaterstück „Petites Tragedies“ wird Theaterdirektor Carles Molinet (li.) auch selbst wieder einmal auf der Bühne stehen. / FOTO: TEATRE DEL MAR

Marlene Weyerer

Marlene Weyerer

Eines macht Theaterleiter Carles Molinet besonders stolz: Wenn ein Zuschauer zu ihm hingeht und sagt, er komme am Freitag ins Teatre del Mar, und erst im nächsten Satz fragt, was denn gespielt werde. „Die Reihenfolge dieser Sätze ist wichtig“, sagt Molinet. „Denn wer zu uns kommt, ohne ins Programm zu schauen, hat großes Vertrauen in uns.“ Wer so frage, sei sicher, dass er ein gutes Stück präsentiert bekomme. „Wobei man natürlich nicht sicher sein kann, dass es ihr oder ihm auch gefällt“, fügt Molinet hinzu. „Aber es sollte immer so gut sein, dass sich niemand um sein Geld betrogen fühlt.“ Molinet weiß, wovon er spricht. Denn er leitet das Teatre del Mar nun schon seit 30 Jahren.

Ein Leben fürs Theater

Molinet ist ein Theatermensch der alten Schule. Von den jungen Wilden, die in den 80ern auszogen, um mit ihrer Kunst die Welt zu verändern. Oder zumindest Spanien. Bis heute ist die Bühne für den 59-Jährigen nicht nur sein Arbeitsplatz, sondern sein Leben. Und ein Ort der Ideale. Auch wenn mit den Jahren eine wohltuende Portion Selbstironie dazugekommen ist. Wenn er zum Beispiel erzählt, dass er das Programm jährlich unter einem gewissen pädagogischen Gesichtspunkt zusammenstellt, unterbricht er sich selbst und sagt: „Es ist natürlich anmaßend, zu denken, ich könnte, irgendwen erziehen.“ Trotzdem, fügt er hinzu, müsse Theater doch auch mehr sein als reine Berieselung.

Theaterdirektor Carles Molinet lebt fürs Theater.

Theaterdirektor Carles Molinet lebt fürs Theater. / Nele Bendgens

Das war einer der Grundgedanken, mit denen das Theater im Jahr 1993 die Pforten öffnete. Molinet war damals wie heute Schauspieler und Mitglied der renommierten Kompanie Iguana Teatre, die er 1985 zusammen mit dem Bühnenbildner Jordi Banal und dem Regisseur Pere Fullana gegründet hatte. Lange hatten die drei gemeinsam in einem großen Landhaus gewohnt und ihre Stücke entworfen. Requisiten und Bühnenbild entstanden in den einstigen Ställen. Auf dem Vorplatz, auf dem in früheren Zeiten die Pferde ausritten, probten sie. Dann wollte der Vermieter mehr Geld, und die drei suchten sich einen neuen Probeort. Im Molinar fanden sie ein ehemaliges Theater, das schon lange außer Betrieb und in entsprechend schlechtem Zustand war. Nur für die WG war dort kein Platz mehr, und somit war auch der Zeitpunkt gekommen, „um mal allein zu wohnen“, wie Molinet mit einem Schmunzeln sagt.

Theater für kleine Kompanien

Relativ schnell kam der Plan auf, aus dem alten Haus einen neuen Theatersaal zu machen. Zu jenem Zeitpunkt gab es in Palma nur das Teatre Principal und das Auditorium. Das Auditorium war als großes privates Theater darauf angewiesen, den Saal zu füllen und setzte daher auf massentaugliche Aufführungen. Aber auch das Teatre Principal, obwohl in öffentlicher Hand, lud vor allem bekannte und beliebte Ensembles ein. „Das Programm der beiden Häuser war so ähnlich, dass sie regelmäßig um gewisse Künstler und Shows konkurrierten“, erinnert sich Molinet.

Gemeinsam mit seinen Freunden hatte er etwas anderes vor: ein Theater, das auch kleineren Kompanien eine Bühne bot. Eines, das dem Publikum nicht das gab, was es wollte, sondern das, was es brauchte. Wenn Molinet zurückdenkt, muss er auch hier wieder schmunzeln. „Natürlich sind auch wir finanziellen Zwängen unterstellt“, sagt er. „Am Ende muss man ein Gleichgewicht finden aus Inszenierungen, die einem persönlich wichtig sind und solchen, die den Saal füllen.“ Am liebsten sei ihm natürlich, wenn eine Inszenierung beide Vorgaben erfüllt.

Inzwischen gibt es viel mehr öffentliche und private Theater als Anfang der 1990er-Jahre. Aber das Teatre del Mal ist eine feste Größe in Mallorcas Kulturbetrieb geblieben. Nach den Anfangsjahren, in denen die Schauspieler schon mal auf der Bühne improvisieren mussten, weil Wasser von der Decke herabtropfte, ist das Haus mittlerweile vollständig renoviert worden. „Es ist ein Theater, in dem die Ensembles gern auftreten“, sagt Carles Molinet stolz.

Prominenz zum Geburtstag

Wobei das natürlich nicht nur an der funktionierenden Technik und dem dichten Dach liegt. Carles Molinet trägt zu dem Erfolg mit seinem in all den Jahren aufgebauten Netzwerk bei. Der Schauspieler Sergi López zum Beispiel, der aus internationalen Filmen wie „Pans Labyrinth“ von Guillermo del Toro bekannt ist, kommt in diesem Jahr mit einer Show ins Teatre del Mar, obwohl er auch größere Säle füllen könnte. Molinet ist mit López schon seit Studienzeiten befreundet und hat ihn darum gebeten, zum 30. Geburtstag vorbeizukommen.

Auch sonst hat Molinet ein hochkarätiges Programm zusammenstellen können. Ihre Aufwartung machen unter anderen der italienische Komiker Leo Bassi, der spanische Schauspieler Toni Albà und die Kompanie Teatro del Temple. Molinet erzählt, dass er viele Ensembles und Schauspieler auf gut Glück angefragt habe. Kompanien, die nur noch in größeren Sälen auftreten, in der Vergangenheit aber bereits im Teatre del Mar zu sehen waren. „Und sie haben alle Ja gesagt“, freut sich Molinet. „Wir mussten sogar manche Aufführungen in das nächste Jahr schieben, weil wir zu viele Zusagen hatten.“

Das Jubiläumsprogramm startet aber erst einmal mit dem Stück „Petites Tragedies“ von Iguana Teatre. Und eine der drei Rollen darin spielt – wie sollte es anders sein – Carles Molinet. So feiert er den 30. Geburtstag dann nicht nur hinter, sondern auch auf der Bühne.