15 Besonderheiten, die Sie beim Autofahren auf Mallorca wissen sollten

Wer als Ausländer zum ersten Mal auf der Insel Auto fährt, ist oft verunsichert: Von der Vorfahrt über das Parken bis zum Tempolimit läuft hier vieles anders ab

Ein Beamter der Guardia Civil an einem Kreisverkehr außerhalb von Palma de Mallorca.

Ein Beamter der Guardia Civil an einem Kreisverkehr außerhalb von Palma de Mallorca. / B. Ramon

Simone Werner

Simone Werner

Drastisch ausgedrückt: Autofahren in Deutschland hat mit dem auf der Insel nur bedingt etwas gemeinsam. Die Fahrer sind hier oft weniger vorausschauend unterwegs und verzichten schon mal aufs Blinken. Auch der Umgang mit anderen Verkehrsteilnehmern ist häufig nicht so wohlwollend. Wer etwa den Verkehr blockiert, wird meist direkt angehupt.

Längst nicht nur auf Palmas Ringautobahn Vía Cintura kracht es oft, weil Fahrerinnen und Fahrer nicht genügend Abstand halten. Abstandsmessungen, etwa auf den Autobahnen, gibt es laut der spanischen Verkehrsbehörde DGT nicht. Für Ausländer sind darüber hinaus viele Schilder nur schwer verständlich. Hinzu kommt, dass die Angaben darauf oft nur auf Katalanisch sind. Wir haben den Fahrlehrer der Grand Prix Fahrschule, Michael Piontek, sowie die Verkehrsbehörde DGT zu unseren Beobachtungen befragt.

Verkehrsschilder

Keine gelb-weißen Vorfahrtsstraßenschilder: Was wohl mit als Erstes auffällt: Das gelb-weiße Vorfahrtsstraßenschild oder das einer abbiegenden Vorfahrtsstraße sucht man hier vergebens. „Beide gibt es faktisch nicht. Fahrer müssen in jede Kreuzung hineinschauen und versuchen, negative Schilder der anderen Verkehrsteilnehmer, wie ‚Stop‘ oder ‚Vorfahrt achten‘, zu erkennen“, so Piontek. Im Zweifelsfall gelte rechts vor links.

Keine Schilder mit grünem Pfeil für Rechtsabbieger: Auch dieses Schild, das Rechtsabbiegern in Deutschland anzeigt, dass sie nach kurzem Stopp abbiegen dürfen, existiert auf der Insel nicht. Stattdessen blinkt aber auf einer Ampel ein Pfeil in Orange. „Dann dürfen Fahrer abbiegen, ohne anzuhalten“, so Piontek.

Parken

Vorne und hinten anstoßen: „Touche-touche“ nennen die Franzosen die Einpark-Art, bei der man leicht am vorderen und hinteren Auto anstoßen „kann“. Auch wenn Spanier einparken, macht die Stoßstange ihrem Namen oft alle Ehre. Wer hier (leicht) am anderen Auto andockt, muss nicht fürchten, dass ein Passant oder Nachbar sofort das Autokennzeichen aufschreibt. „Es ist immer lustig, deutsche Autofahrer zu sehen, die sich extra vom ausgestiegenen Beifahrer ganz langsam einweisen lassen. Bei Spaniern macht es nur zweimal ‚bumm‘ “, schmunzelt Piontek. Und tatsächlich: Schaut man sich die Autos hierzulande einmal genauer an, findet sich kaum eines ohne Kratzer, Dellen und Beulen. Verallgemeinernd und vereinfachend ausgedrückt sind Fahrzeuge hier weniger ein Statusobjekt als ein praktisches Fortbewegungsmittel. Quasi schon zum Verkehrsbild dazu gehören denn auch auf Parkplätzen oder am Straßenrand illegal entsorgte Schrottautos.

In Kreuzungen: Wegen des Parkplatzmangels und der hohen Anzahl an Fahrzeugen auf der Insel parken etwa in Palma die Autofahrer oft über Nacht in den Kreuzungen. „Eigentlich muss man sie frei halten, doch eine genaue Meter-Angabe, ab wo man wieder parken darf, gibt es nicht“, so Piontek.

Bedeutung der farbigen Linien: Auf weißen Flächen kann man kostenlos parken. Blaue Linien markieren gebührenpflichtige Plätze. Außerhalb der sogenannten O.R.A.-Zeit ist das Parken auch ohne Parkschein erlaubt, etwa während der Siesta-Zeit oder über Nacht. Gelbe Flächen sind zum Beispiel Fahrzeugen mit Behindertenausweis und Lieferwagen zum Be- und Entladen vorbehalten.

In zweiter oder dritter Reihe: Ob in Palmas Ausgehviertel Santa Catalina oder in anderen Stadtvierteln in der Nähe von Supermärkten: Häufig parken oder „halten“ Autofahrer hier mit Warnblinklicht in zweiter oder dritter Reihe. Währenddessen erledigen sie den Einkauf oder treffen sich mit Freunden in einer Bar, von der aus sie ihr Fahrzeug direkt im Blick haben. Erlaubt ist das nicht.

Besondere Zonen und Spuren

Acire-Zonen: Vor diesen Zonen sollten sich Autofahrer (auch von Mietwagen) fernhalten. Sonst gibt’s ein Knöllchen. Für das Einfahren in die verkehrsberuhigten, oft kameraüberwachten Anlieger-Gebiete in Palma benötigt man eine Genehmigung. Die Zufahrt ist nur Anwohnern, Taxis und dem öffentlichen Nahverkehr gestattet. Auch Motorräder und Fahrräder sind von dem Verbot ausgenommen.

VAO-Spur: Ende 2022 ist die neue Spur auf der Autobahn Ma-19 zwischen dem Flughafen von Palma und der Stadteinfahrt am Kongresszentrum in Betrieb gegangen. Befahren werden darf sie nur von Bussen, Taxen, Autos mit Elektroantrieb, Motorrädern, Fahrzeugen mit zwei oder mehr Insassen sowie Fahrzeugen von Personen mit eingeschränkter Mobilität.

Die neue Busspur an der Stadteinfahrt von Palma.

Die neue Busspur an der Stadteinfahrt von Palma. / Bernardo Arzayus

Weitere Besonderheiten

Kreisverkehr: Eigentlich gilt fürs Einfahren auch hier: „Wenn man auf 9 Uhr wieder rausfahren will, nutzt man die innere Spur“, so Piontek. Doch dafür muss man hier höchst aufmerksam sein und richtig Gas geben. Oft verlassen einheimische Fahrer von der inneren Spur direkt den Kreisverkehr, schneiden einen oder lassen einen nicht von der inneren auf die äußere, wenn man sich langsam nach außen arbeiten will. Wer zu viel Respekt vor den rotondas hat, sollte von Beginn an auf der äußeren Spur fahren, empfiehlt Piontek.

Zebrastreifen: Eigentlich haben auch hierzulande Fußgänger Vorrang. In der Praxis bedankt man sich als Fußgänger oft bei Fahrern, wenn sie anhalten.

Radfahrer: Radfahrer müssen auf einspurigen Straßen mit einem seitlichen Abstand von 1,50 Metern überholt werden. Auch sonst sollten sie möglichst weiträumig umfahren werden, was einheimische Autofahrer oft viel rücksichtsvoller tun als ausländische.

Bußgelder: Wer ein Knöllchen kriegt, zahlt oft deutlich mehr als in Deutschland. Aber: Wer das Bußgeld binnen 20 Tagen bezahlt, erhält 50 Prozent Rabatt. Fürs Falschparken gelten andere Fristen.

Tempolimits: Auf den Autobahnen ist man als Deutscher, der teils keine Geschwindigkeitslimits gewohnt ist, oft überrascht, wie langsam sich viele fortbewegen. Hier gilt ein Tempolimit von 120 km/h.

Autos auf dem Autobahnring Via Cintura in Palma de Mallorca.

Autos auf dem Autobahnring Via Cintura in Palma de Mallorca. / Nele Bendgens

Sich durchschlängelnde Motorradfahrer: Vor allem, wenn der Verkehr steht, fallen die vielen Motorrad- und Rollerfahrer auf, die sich teils von weit hinten durch die Autos bis nach vorne „drängeln“. Wenn der Verkehr läuft, setzt sich das Phänomen dann fort, und sie ziehen links oder rechts an den Fahrzeugen vorbei. „Das Risikodenken hier ist anders“, findet Michael Piontek. Übrigens: Wer mindestens 21 Jahre alt ist und seinen Autoführerschein seit mindestens drei Jahren hat, darf damit in Spanien 125er-Roller fahren. „In Deutschland muss man zwar auch keine Prüfung ablegen, aber zumindest sechs Fahrstunden nehmen“, so Piontek.

Abschleppen nur mit Abschleppdienst: Autofahrer auf Mallorca dürfen andere, die eine Panne haben, nicht abschleppen. „Da nur der Abschleppdienst auf diese Zwecke ausgerichtet ist, ist der Service fast in jeder Versicherung enthalten“, sagt Francisca Ramis von der DGT.