"Ihr habt eurem Sohn sehr geholfen" - Die Nationalpolizei bedankt sich auf Deutsch bei der Familie des Mordopfers von Mallorca

Die Beamten berichtet in einer bewegenden Pressekonferenz, wie die Ermittlungen im Mordfall Tim V. abliefen

So haben wir den Fall gelöst: Ángel Ruiz, Chef der Mordkommission auf Mallorca, zu den Ermittlungen im Fall Tim V.

Patrick Schirmer Sastre

Patrick Schirmer Sastre

Patrick Schirmer Sastre

Noch bevor er auf die Details der Ermittlungen eingeht, richtet Ángel Ruiz, der Leiter der Mordkommission der Nationalpolizei auf Mallorca, Worte an die Familie des ermordeten Tim V.. Der 22-Jährige war im Oktober 2022 auf der Llucmajor-Autobahn aus einem fahrenden Lieferwagen gestoßen, von einem Auto überfahren und tödlich verletzt worden. Auf Deutsch sagt er, den Tränen nah: "Vielen Dank für eure Geduld, Ihr habt eurem Sohn sehr geholfen."

Man sieht dem Polizisten an, wie nahe ihm die Geschichte geht. Zum einen, weil der Fall die Ermittler vor eine "brutale Aufgabe" gestellt hat. Zum anderen, weil er ständig in Kontakt mit der Familie stand, die ihren Sohn verloren hatte – und nicht darüber sprechen durfte. "Ein Jahr lang haben Sie es geschafft, nichts zu sagen", sagt Ruiz voller Bewunderung und Dankbarkeit für den Vater, die Mutter und die Schwester des zum Tatzeitpunkt 20-Jährigen.

Codename "Jäger"

Die Ermittlungen, die unter dem Codenamen "Jäger" liefen, begannen mit einem zunächst vagen Hinweis. Ein Zeuge hatte beobachtet, wie auf der Autobahnzufahrt 11 ein Mann aus einem Lieferwagen gestoßen worden war. Der Mann rief die Polizei an, der Hinweis ging aber zunächst unter. Einiges sprach zu diesem Zeitpunkt noch für einen Unfalltod, hervorgerufen durch den Leichtsinn eines Betrunkenen, der sich auf die Fahrbahn gelegt hatte.

Doch der Zeuge meldete sich noch einmal, beharrte auf seiner Beobachtung. "Ich habe etwas anderes beobachtet", habe er den Polizisten gesagt, so Ruiz. Der einzige Hinweis, den der Mann hatte: ein weißer Lieferwagen. Modell, Marke und Kennzeichen unbekannt.

"Wir haben uns für den Namen 'Jäger' entschieden, weil wir davon ausgingen, dass das Opfer auf dem Weg zum Hotel von den mutmaßlichen Tätern gejagt worden war."

Ángel Ruiz

— Chef der Mordkommission

So begann die Suche nach einem weißen Lieferwagen. Die Ermittler prüften Zehntausende von infrage kommenden Kennzeichen, analysierten stundenlange Videoaufnahmen, durchforsteten alle verfügbaren Datenbanken, um den Wagen zu finden. "Mindestens fünf Monate lang waren wir mit den Auswertungen beschäftigt", so Ruiz, der sich bei seinem Team für die vielen Überstunden bedankte.

Der Chef der Nationalpolizei auf Mallorca, José Luis Santafé (li.), zeigte sich hochzufrieden mit der Leitung des Teams um Ángel Ruiz.

Der Chef der Nationalpolizei auf Mallorca, José Luis Santafé (li.), zeigte sich hochzufrieden mit der Leitung des Teams um Ángel Ruiz. / Guillem Bosch

Der Beweis, dass Tim V. nicht zu Fuß ging

Auf Videoaufnahmen machten die Beamten Tim V. an der Playa de Palma ausfindig. Sie sahen, wie er einen einen Freund, den er im Gedränge an der Playa verloren hatte, suchte. Es gibt eine letzte Aufnahme von ihm. Drei Minuten später war er tot. Das war der Beweis, dass er nicht zu Fuß auf die Autobahn gelaufen war. "Man kann nicht anderthalb Kilometer in drei Minuten zu Fuß zurücklegen", so Ruiz.

Und währenddessen musste bei allen Befragungen, bei allen Ermittlungen immer darauf geachtet werden, dass nichts an die Öffentlichkeit dringt. "Wir wollten nicht, dass die Tatverdächtigen erfuhren, dass überhaupt in der Sache ermittelt wurde."

Ins Detail gehen, wie man den Tätern schließlich auf die Spur kam, kann Ruiz nicht. Das würde zu viel über die Ermittlungsmethoden verraten. Es gebe schon Aussagen der Täter, erklärt er. Was sie zu den Anschuldigungen sagen, sei ebenfalls noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

"Wir haben jetzt noch ein wenig Arbeit", erklärt Ruiz – und blickt zu seinen Kollegen der Mordkommission, die bei der Pressekonferenz dabei sind, aber nicht mit aufs Foto dürfen. "Aber jetzt liegt die Sache hauptsächlich in den Händen der Justiz." Er wirkt erleichtert.

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